98. Der verschwundene Prinz

370 33 7
                                    

  Sieben Personen, die mehr oder weniger enthusiastisch auf dem Weg nach Ranelle, um genauer zu sein zum Dorf der Zoras, waren. Es waren keine anderen, als die sechs Recken und Prinzessin Zelda persönlich. Vorne ran ging Mipha, welche gar nicht besorgter wirken konnte, gefolgt von Zelda und Link, die wie Magneten aneinander hingen, wie Raisa fand. Sie selbst und die anderen Recken gingen weiter hinten. Damit niemand Merken konnte, dass Raisa immer noch etwas aufgewühlt war und nicht wusste, ob sie es erzählen sollte oder nicht, hatte sie einen genervten Ausdruck ausgesetzt. Dieser passte auch allgemein sehr gut zu ihrer jetzigen Situation. Denn ein weiteres Mal wurde sie zu etwas genötigt. Sie und die anderen gleich mit.


„Denkst du nicht, dass aus darauf ein viel zu großes Drama gemacht wird?", rief Raisa zu Mipha. Damit sprach sie wohl aus, was fast alle hier dachten. Doch waren die anderen einfach zu feige, um es auszusprechen. „Ich bezweifle auch, dass ihm etwas zugestoßen ist. Er ist ein Junge und wird langsam aber sicher erwachsen. Da machen die schon mal Blödsinn", sagte Urbosa und blickte zu der kleinen Zora nach vorne. „Sidon macht viel Blödsinn, ja. Aber das passt wirklich nicht zu ihm." Während Mipha also weiterhin der Meinung war, dass irgendetwas mit ihrem kleinen Bruder geschehen war, Zelda sich wieder in die Gelegenheiten anderer einmischte, um so ihren eigenen Problemen zu entfliehen und auch noch andere dort mit hineinzog, rollte Raisa nur mit den Augen und fragte sich still und heimlich, wie sie so tief sinken konnte.


Die schnellste Schwertkämpferin Hyrules lässt sich unfreiwillig damit beauftragen, den ausgebüxten Prinz der Zoras wiederzufinden. Und das auch noch ehrenamtlich! Nicht einmal eine angemessene Belohnung würde dabei herausspringen. „Bestimmt ist er nur mit ein paar anderen losgezogen, um ein paar Monstern eine überzubraten", versuchte Daruk Mipha zu beruhigen. Doch die kleine Zora war von ihren Gedanken nicht abzubringen.
„Wir werden Sidon schon finden", sagte Zelda sanft und in einem Ton, den Raisa schon lange nicht mehr von der Prinzessin gehört hatte. Auch Link, welcher Mipha nun schon lange kannte, schenkte der Prinzessin der Zoras ein Lächeln. „Dieser geheuchelte Zusammenhalt geht sowas von mal gar nicht." Obwohl Raisa diese Worte nicht sonderlich laut aussprach, hatte sie das Gefühl, dass jeder sie gehört hatte. „Du brauchst ja nicht hier zu sein. Ich frage mich sowieso, wer dich gerufen hat."
Allein schon bei seiner Stimme könnte sie genervt stöhnen. Demonstrativ hielt sie den Brief mit dem königlichen Siegel zwischen den Fingern.


„Ach, und du als Analphabet wusstest natürlich, worum es geht." Sarkasmus lasse nach...
„Ich wusste, der Inhalt würde mir nicht gefallen. So wie er keinem von uns gefällt." Raisa ging an Revali vorbei, allerdings nicht, ohne ihm noch einen ihrer tödlichen Blicke zuzuwerfen. Doch leider blieb das nicht unbemerkt. „Du meine Güte, bei euch knistert es ja richtig", lachte Urbosa neckisch. Spätestens jetzt hörten alle zu, auch wenn jeder 'normal' weiter ging. „Es knistert in deinem Kopf und das leider schon zu lange", konterte Revali genervt.


Raisa war nur selten bei den anderen Recken, wenn diese sich, zum Beispiel, im Schloss Hyrule trafen, doch sie konnte sich gut vorstellen, dass Urbosa dort oft unsinniges Zeug von sich gab.
„Die Kälte in Hebra hat euch nicht gutgetan oder vielleicht..." Im Augenwinkel sah Rasia, wie die Gerudo nur noch breiter zu grinsen begann. „Das Kuscheln bei der Kälte?" Und obwohl es nur ein Bluff von Urbosa war, zuckte sowohl Raisa, als auch Revali ein wenig. Denn für eine klitzekleine Sekunde hatten die beiden geglaubt, Urbosa wüsste von dieser einen Nacht. Ein unglaublich seltsames Gefühl breitete sich in ihr aus. Unter keinen Umständen sollte herauskommen, was da passiert war.


War es ihr peinlich? Etwas..., doch das war kein wirklicher Grund. Es ging ihr bloß darum, dass niemand wissen sollte, dass sie sich gezwungenermaßen so an Revali geschmiegt hatte. Wer hätte gedacht, dass der Vogel unbewusst sie beeinflussen konnte? Hatte sie sich vorhin nicht schon einmal gefragt, wie tief sie nur sinken konnte? „Du bist so schweigsam, Raisa", stellte Urbosa fest. Dass sie belustigt war, was nicht zu überhören.
„Kennst du das Sprichwort 'Angriff ist die beste Verteidigung'? Nun, bei dir muss man genau umgekehrt handeln. Wenn man dir nicht antwortet, sind deine unsinnigen Phrasen nur halb so lustig, wie du es gerne hättest, nicht wahr?" Raisa konnte ihr Gesagtes erst genießen, als von Urbosa nichts mehr kam. Da hatte sie es doch tatsächlich geschafft die Gerudo wortgewandt zum Schweigen zu bringen! Das war auch nötig. Nicht, dass Urbosa noch Dinge herausfand, die niemand wissen sollte.


„Was denkt ihr eigentlich? Wie viel Zeit wird uns noch bleiben?" Die Stille, die kurz zuvor herrschte, wurde von Zelda unterbrochen. Für Raisa hatte es sich fast wie eine Ewigkeit angefühlt, doch waren es sicherlich nur ein paar Minuten gewesen. „Nicht genug Zeit", antwortete sie, bevor irgendjemand anderes das Wort ergreifen konnte. Raisa spürte daraufhin einige Blicke in ihrem Rücken, auch Link, Zelda und Mipha drehten sich zu ihr um. „Glaubst du, ja? Ist das nur wieder eine Laune oder meinst du das ernst?", fragte Zelda. „Gespür", kam die knappe Antwort.


Aber ehrlich, wenn man sich Hyrule und dessen Veränderungen anschaute, dann war es offensichtlich, dass irgendetwas passieren würde. Zwei Beispiele wären zum einen die massive Zunahme von Monstern und die Unruhe rund um den Todesberg, wie Daruk einst erzählt hatte.
„Wir müssen darauf setzen, dass die Titanen und die Wächter voll funktionsfähig uns zur Seite stehen werden", sagte Zelda. Oh, wenn die Prinzessin nur wüsste, dass die Titanen und Wächter in die Hände der Verheerung fallen werden. „Wir müssen auf deine Siegelkraft setzen. Auf alles andere kann man nicht bauen", erwiderte Raisa.


Ach ja, das Thema Siegelkraft. Gut darauf anzusprechen, war Zelda ja nicht.
„Du kannst dich ebenso bemühen, an deine Fähigkeit zu kommen!" Und erneut: wenn Zelda wüsste. „Ich brauche so etwas nicht, um mich verteidigen zu können oder um jemanden anzugreifen!" Das war nett ausgedrückt. Im Grunde genommen hieß es, dass Raisa selbst ohne Fähigkeit in der Lage wäre zu siegen und Zelda ohne ihre Siegelkräfte gar nichts ausrichten konnte. Keiner der Recken war im Grunde auf seine Fähigkeit angewiesen – sie alle waren Krieger.


„Du hast keine Ahnung, Raisa!" Sie bezweifelte Zelda's Aussage. Fakt war jedoch, dass Hyrule untergehen würde und ein Faktor, der dazu beitragen wird, werden Zelda's nicht vorhandenen Siegelkräfte sein.


„Dein Problem ist, dass du immer nur deine Machtlosigkeit beklagst. So wirst du nie etwas erreichen!"

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt