50. Déjà-vu

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  Ohne zu zögern hatte Revali seinen Blick in die Richtung in die Raisa zeigte gerichtet. Und tatsächlich, da lief dieses Pferdeartige Monster. „Das man einmal das Pech hat einen Leunen zu begegnen kommt schon echt selten vor, aber ein zweites Mal und dann auch noch einem Silbernen...", fing sie an, beendete den Satz aber nicht.
„Das kommt, wenn man wie eine Geistesgestörte darauf aus ist unnormal starke Monster zu besiegen. Glaubst du dein kleiner Besuch in der Gerudo Wüste ist geheim geblieben?", fauchte er sie an. Urbosa... Was fiel diesem Weibsbild ein? Aber mal abgesehen davon, dass Urbosa nicht ihre Klappe halten konnte, was konnte sie denn dafür, dass eine solche Bestie plötzlich hier auftauchte?
„Darüber jetzt herzuziehen, wird dir relativ wenig bringen. Unser Problem liegt dort vorne." Jetzt hier zu streiten, wäre äußerst dumm, weshalb sie auch nicht darauf eingehen wollte.


„Raisa?", fragte er. Es war irgendwie seltsam, dass er sie bei ihren Namen nannte. Auch, weil er es so gut wie nie tat. „Was?", fragte sie zurück, versuchte dabei emotionslos zu bleiben, damit sie nicht irgendwie in einen Streit fielen. Ging ja schnell bei den beiden, da sie durchgehend auf Konfrontationskurs waren.
„Deine Fähigkeit als Recke... Deine Fähigkeit Dinge vorauszusehen... Kannst du sie benutzen?" Warum in Hylia's Namen musste er grade damit ankommen? Wollte er sich jetzt auch noch auf ihre unverlässliche Fähigkeit verlassen?


Innerlich focht sie grade einen Kampf aus. Sollte sie ihm die Wahrheit sagen oder nicht? Tat sie es, würde er sich sicherlich über sie lustig machen und noch tagelang damit herum nerven. Tat sie es nicht, könnte das böse, sehr böse enden. Verflucht sei ihre egoistische Seite...
„Was denkst du denn? Natürlich." Damit hatte sie ihn grade nach Strich und Faden angelogen. Ganz großer Sport Raisa, wenn irgendetwas schief laufen sollte, bist du fällig.


Nun gut, egal was jetzt kommen sollte, sie musste sich jetzt ihren Hintern zusammenreißen und die Sache mit dem Voraussehen hinkriegen. Ansonsten war die Folge ein sehr unangenehmes Gespräch mit dem Federvieh, wenn all dies überstanden war. Und sie würde es austragen müssen.
„Gut, ich werde meinen neuen Bogen austesten. Und da du ja eh weißt, was du zu tun hast, ist die Sache hier hoffentlich schnell beendet. Unterschätze diesen Leunen trotzdem nicht, er ist der stärkste seiner Art und wir wissen nicht viel über ihn. Schließlich ist eigentlich niemand so Lebensmüde und begibt sich in die Nähe von einem. Na ja, eigentlich kämpft auch kein Normaler gegen ein Moldora – Freiwillig!"


Revali begab sich in die Lüfte. Mit seiner Fähigkeit als Recke schoss er empor in die Luft, wie kein anderer. Wäre sie ein Orni, würde sie das vielleicht beeindrucken, aber als Mensch, der nicht fliegen konnte? Eher nicht.
Egal, sie musste sich jetzt auf etwas anderes konzentrieren. Eigentlich müsste sie sich jetzt etwas überlegen. Etwas sehr gutes überlegen, doch ihr Kopf war grade nicht dazu in der Lage irgendeine Strategie zu bilden. Verdammt, was zur Hölle war bloß los mit ihr? Früher hatte sie jeden Kampf ohne ihre Fähigkeiten bestritten, ihr erster Kampf gegen einen Leunen war auch ohne. Selbst das Moldora hatte sie ohne ihre Fähigkeit bezwingen können, doch nun? Warum fühlte sie sich von ihrer Gabe nur so abhängig? Es ging sonst auch immer ohne...


Sie atmete tief ein und aus. Ein Kampf, wie früher. Ein Kampf, in dem sie ihr Schwert so blitzschnell schwang, wie kein anderer. 'Schnellste Schwertkämpferin Hyrules', wo war ihr Glaube an sich selbst hin? Beim Kampf gegen das Moldora hatte sie vor Selbstvertrauen nach dem Versagen ihrer Fähigkeit nur so gestrotzt! Sie schnaubte. Ihre Fähigkeit brauchte sie nicht, um gewinnen zu können. Um gewinnen zu können, musste ihr Wille dies zu schaffen einfach nur groß genug sein!


Bevor sie losritt, testete sie noch einmal, ob ihr Schwert auch gut aus der Schwertscheide herauszuziehen war. Da dem zu traf, trieb sie den Gaul an, sodass dieser auf den Leunen zu lief.
Sie starrte das Monster vor sich an, ließ es nicht eine Sekunde aus ihren goldenen Augen.
Angst verspürte sie keine, aufgeregt war sie auch nicht. Wer diese Gefühle im Kampf unterdrücken konnte, zumal sie derartige eh nie verspürte, hatte einen klaren Vorteil. Sie wusste, dass alles gut ausgehen würde... Zumindest redete sie sich das ein.


Der Leune bemerkte sie und spannte sogleich seinen Bogen. An den funken erkannte sie, dass er Elektropfeile verschoss. Schlechter konnte es eigentlich gar nicht mehr werden.
Glücklicherweise waren diese Monster so blöd und schossen ihre Pfeile in die Luft, sodass sie von oben auf den Angreifer geflogen kamen. Würde er direkt auf sie schießen, hätte sie ein großes Problem.
In den Augenwinkeln sah sie links und rechts von sich die Pfeile einschlagen. Diese stießen bei Aufprall auf den Boden noch einen letzten elektrisierenden Schlag aus. Mit ihrem Pferd durfte sie bloß nicht zu nah an die Einschlagstellen kommen.


Sie ritt in großen Schlenkern auf den Leunen zu. Da er auf sie fixiert war, konnte Revali mit seinem Bogen auf den Leunen schießen. Was er groß angekündigt hatte, stimmte übrigens. Der Bogen hatte viel mehr Durchschlagskraft. Oder besser gesagt: die Pfeile, die er abschoss.
Einer der Pfeile flog in den Arm des Leunen und ging direkt hindurch. Dumm nur, dass diese Monster dadurch wirklich wütend wurde. Und da sie sich auf dem Boden befand, war sie die erstbeste Möglichkeit seine Wut auszulassen.


Nun, sie machte sich aber nichts daraus und stieg aus den Steigbügeln des Sattels. Wie damals auch sprang sie kurz vor dem Aufeinandertreffen vom Sattel. In dem Moment, in dem sie in der Luft war, zog sie ihr Schwert und setzte einen gezielten Hieb.
Da sie etwas unsauber abgesprungen war, landete sie auch alles andere als sauber. Doch der Schnee federte sie einigermaßen ab. Ebenfalls bemerkte sie, wie an ihrem Arm etwas Warmes herunter lief. Ein Blick auf ihre Hand verriet ihr, dass es Blut war. Auch das noch, sie hatte sich erwischen lassen...


Ein Blick auf ihren Gegner verriet ihr, dass dieser gar keinen Arm mehr hatte. Aber auch so war dieses Monster nicht zu unterschätzen. Schnell rappelte sie sich wieder vom Boden auf und nahm ihr Schwert in die Hand. Ihr Arm schmerzte zwar etwas, aber das würde sie ertragen.
„Was machst du da? Das war alles andere als sauber!", konfrontierte Revali sie.
„Halt deinen Schnabel mach deine Arbeit", zischte sie zurück.
Der Leune stampfte mit den vorderen Hufen und holte tief Luft. Warum, wusste weder sie noch Revali. Erst als die roten Flammen auf sie zukamen, machte es 'Klick' bei den beiden. Revali reagierte schnell, erhob sich mit seiner Fähigkeit blitzschnell in die Luft.
Netterweise hatte er Raisa an ihrem Mantel mit seinen Füßen gepackt und sie mit nach oben gezogen.


„Jetzt hör mir mal zu. Du als Schwertkämpferin bist in einem Kampf immer mit der größten Aufgabe belastet. Du bist in der direkten Konfrontation und es ist deine Aufgabe den Gegner niederzustrecken. Ich, als Bogenschütze, leiste dir Unterstützung. Nicht mehr und nicht weniger. Also beweg dich und reiß jetzt endlich etwas!", sagte er und schmiss sie in Richtung Leune wieder zu Boden.


Sie richtete sich auf und sah zu dem Leunen. Dieser warf sich in eine Position, als würde er jeden Moment auf sie zugestürmt kommen. Raisa schloss die Augen und hielt ihr Schwert fest umschlossen in der rechten Hand. Sie dachte an nichts und konzentrierte sich einzig und allein auf die lauten Bewegungen ihres Gegners.
Was auch kommen möge, sie würde nicht verlieren. Denn ihr Wille und ihre Entschlossenheit waren nicht zu brechen.
Das letzte Mal schlugen die Hufen des Leunen auf. Obwohl sie nicht damit rechnete, kam der Moment, den sie sich erhoffte. Sie schlug ihre goldenen Augen auf, wich dem Biest geschickt aus und stach ihm ihr Schwert in die Brust. Schnell zog sie es wieder heraus, denn nach kurzer Zeit, sackte das doppelt so große Monster zusammen. Und bevor es sie zerdrückte, wich sie zurück.


Er war besiegt, Hylia sei gedankt! „Zum Ende hin sah das dann doch besser aus", merkte Revali an. Raisa ließ das unkommentiert und wandte sich ab. Sie war nicht jemand, der sich für seine Siege feiern ließ. Deshalb stieg sie wieder auf den Sattel, ohne auch nur einmal triumphierend zu grinsen.
Mal ganz von all dem abgesehen, er und sie hatten durch diesen Zwischenfall sehr viel Zeit verloren. Zeit, die sie wieder einzuholen hatten. Dies könnten sie aber auch nur schaffen, wenn nicht mehr solcher Zwischenfälle folgten.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt