69. Wenn Sturheit auf Sturheit trifft

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  Daruk kratzte sich am Kopf und sah zu Raisa herunter. „Willst du hier vor allen reden oder eher allein?", fragte er. „Das ist mir sowas von egal", antwortete sie. Das einzige, was Raisa jetzt interessierte, war die Reparatur ihres Schwertes. „Dann komm mit", sagte er und führte sie in das Gasthaus, um dort ungestört an einem Tisch gesetzt mit ihr reden zu können – worauf sie ja bestand.
„Es hat den Anschein, als wäre es dir gut ergangen?", hinterfragte er nach einiger Zeit ihr Ergehen.
Gut ergangen...? Absolut nicht! Hebra war die Hölle auf Erden gewesen!

Neben der Kälte, den Kämpfen und ihrem beinahe Tod, sind auch seltsame Dinge zwischen ihr und dem Federvieh geschehen. „Ich nehme an, du warst noch nie in Hebra. Ansonsten würdest du nicht so einen Unsinn reden", erwiderte sie. Daruk fuhr sich durch den Bart.
„Und warum genau bist du jetzt hier?", fragte er. Raisa löste die Schwertscheide mitsamt Schwert von ihrer Hüfte und legte sie auf den Tisch. Ihr Schwert, oder zumindest das, was davon übrig geblieben war, zog sie heraus.

„Oh, das ist eigentlich erstklassiges Material... Wie hast du das kaputt bekommen?", wollte Daruk wissen. „Ich? Ich habe das nicht zerstört. Wohl eher der Höllenhund, der kurz davor war mich zu zerfleischen", erwiderte sie zynisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ist das nun zu reparieren, oder nicht?", fragte sie nach. „Nichts ist so kaputt, dass man es nicht reparieren kann. Allerdings dauert das einige..." – „Ich habe diesen Tag, mehr nicht." Daruk seufzte – für Raisa klang das so, als würden ihre Ansprüche nicht erfüllt werden können.
„Du kannst dich selbst überzeugen, von dem, was unser Schmied sagt. Versprechen kann ich dir nichts." Immerhin war es kein nein.

Raisa stand auf und nahm ihr Schwert wieder an sich. „Ich will keine Zeit verschwenden. Bring mich zu dieser Schmiede und dann bekomme ich schon mein repariertes Schwert, du wirst sehen." Daruk strich sich misstrauisch über seinen Bart. Der Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass er von der Sache nicht angetan war.
„Du musst wissen, unser Schmied ist ein ziemlich sturer Bock. Wenn er einmal nein sagt, dann bleibt es auch dabei. Zudem kann er Hylianer nicht leiden, schon gar keine Hylianerinnen, die sind ihm... Seiner Meinung nach zu blöd." Raisa zog daraufhin nur eine Augenbraue nach oben. Da hatte sie schon schlimmere Hindernisse zu überwinden, um an ihre Ziele zu kommen. Von ihrem Vorhaben war sie nicht abzubringen...

„Ist er sturer als ich?", fragte sie. „Nun.., ich weiß nicht" , antwortete Daruk. „Das ist kein ja, also los, bring mich zu euren Schmied." Sie hatte das Gefühl, dass sie heute ziemlich herrisch war. Daruk hingegen stand seufzend auf – er hatte Raisa so, wie sie sich jetzt grade gab, nicht in Erinnerung. Dennoch, er brachte sie zu der Schmiede, auf dass sie sich davon überzeugen konnte, dass sie mit ihrem Vorhaben wahrscheinlich nicht sehr weit kommen wird.

„Barodo? Hier ist jemand, der dich sprechen möchte", rief Daruk in die Schmiede. Raisa folgte dem Goronen und schaute sich skeptisch um. „Was ist das?", fragte dieser Barodo.
„Ein Schwert, sieht man das nicht?", stellte sie die Gegenfrage. „Die Frage war auf dich bezogen."
Sie schnaubte leicht, auch wenn sie die Frage nicht im Geringsten kratzte.
„So wie ich bin, gibt es mich nur ein einziges Mal. Darüber kannst du dich auch glücklich schätzen, denn mehrere meiner selbst würden dir sicherlich Probleme bereiten." Nun war ihr gegenüber es, der schnaubte.

„Ich nehme keine Aufträge von Hylianern an. Seh' zu, dass du verschwindest!" Raisa grinste nur süffisant. Daruk hatte Recht gehabt, der Schmied war wirklich stur. Aber es war nicht ihre Art zu verlieren. „Ich verschwinde nirgends hin, bevor ich hier nicht fertig bin", sagte sie und fuhr fort, „Wenn du der beste Schmied in ganz Hyrule bist, dann bist du der einzige, der mein Schwert reparieren kann." Der Gorone beobachtete sie im Augenwinkel. „Ich sagte, verschwinde!"
Sie knurrte daraufhin leicht. „Lass gut sein, Kleine, das bringt dir nichts außer den Verlust deiner Nerven", versuchte Daruk Raisa dazu umzustimmen, doch wieder zu gehen.
„Wenn ich sage, dass ich hier erst wieder gehe, wenn mein Schwert repariert ist, ist das eine nicht anzuzweifelnde Tatsache!" Die Luft in diesen Raum war unsagbar dick und die Situation so angespannt.

„Dann kannst du solange stehen, wie du willst. Ich werde dein Schwert nicht reparieren. Außerdem... Wer sein Schwert so zerstört, ist es nicht wert, eines zu führen." Sollte das etwa heißen, dass sie dafür verantwortlich sei?
„Ein Schwert, dass nicht einen einzigen Kratzer abbekommt, wird von seinem Besitzer weder gebraucht noch geführt." Nicht einmal das heilige Bannschwert war unzerstörbar. Sonst hätte es nicht Jahrhunderte lang in den Verlorenen Wäldern geruht, um wieder zu seiner jetzigen Stärke zu kommen.

„Wie ist dein Name?", wollte Barodo wissen. „Raisa", antwortete sie. „Und weiter?"
Und weiter? Was sollte sie dazu sagen? „Es gibt kein 'weiter'", erwiderte sie. Menschen, die keinen Nachnamen trugen, wurden oftmals als Bastarde abgestempelt. Sie sicherlich auch dabei war sie nicht einmal einer. „Und wer bist du?", fragte Barodo weiter. Das süffisante Grinsen schlich sich zurück auf ihre Lippen. „Ich bin ich und sonst niemand."
Daruk schaute verwundert zwischen Raisa und Barodo hin und her. Hatte Raisa es wirklich geschafft den alten Felsen zu beeindrucken? „Ich sage dir etwas. Ich könnte dir die Klinge deines Schwertes neu schmieden, doch wenn etwas einmal zerbrochen ist, wird es nie wieder, wie es einmal war. Das ist selbstverständlich. Stattdessen könnte dir ein Meisterschwert von einem Schwert schmieden. Vielleicht sogar das beste Schwert, das jemals von einem Sterblichen gemacht wurde. Doch warum?" Diese Frage zu beantworten, war schon deutlich schwieriger. Für was sollte es dieses Schwert dann geben? Um die Verheerung Ganon zu bekämpfen.., um sie zu schützten? Was wollte der Alte hören?

„Gibt es darauf eine korrekte Antwort?", fragte sie nach. „Eine? Es könnte sie viele geben, doch die Hylianer denken nie nach." Jetzt begann sie zu verstehen, warum der Kauz keine Schwerter für Hylianer anfertigte. Sie waren diesen Schwertern nicht würdig.
„Dieses Schwert soll geschmiedet werden, damit es gesehen und geführt wird. Es soll nicht bloß ein Gedanke bleiben, der Gedanke, dass es ein solches Schwert gab. Dieses 'beste von Sterblichen geschmiedete Schwert' soll es wirklich geben, egal von wem es geführt wird." Entweder sie hatte jetzt gewonnen oder sie hatte verloren. Stille herrschte in diesem Raum. Man hörte nicht mal jemanden atmen.

„Hört genau zu, Hylianerin, denn ich sage es dir nur ein einziges Mal. Folgende Materialien bringst du her, damit du dein Schwert bekommen kannst. Ich brauche einen Diamanten, zwei Saphire, einen Rhodonit und einen Toppas. Du findest diese Edelsteine um den Todesberg herum, denn ich bezweifle, dass du dir diese für den privaten Zweck leisten kannst. Und das, was von deinem Schwert noch übrig ist, bleibt hier." Ein triumphierendes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen, während sie ihr Schwert auf den Tisch legte. Damit machte sie sich auf den Weg, um die Edelsteine zu besorgen.

„Bevor du nur in die Nähe des Todesberges kommst, bist du ein Häufchen Asche", sagte Daruk besorgt, der ihr gefolgt war. „Dann werde ich mir etwas einfallen lassen müssen", erwiderte sie gleichgültig.

Das Federvieh hatte doch damit rumgeprahlt, dass er einen Meisterbogen bekommen hatte? Dann würde sie sich mit ihrem Schwert bald daneben stellen können. Nun, noch war es zu früh, um sich etwas Derartiges vorzustellen. Jetzt musste sie sich erstmal darum kümmern, die Materialien zu besorgen.

„Dann lass uns loslegen."  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt