26. Unglauben

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  Raisa machte ihrem Titel alle Ehre. Die Monstergruppe war besiegt, bevor sie überhaupt bemerkte hatte, was geschah. Für sie war das allerdings kein so großer Erfolg. Wie sie bereits vermutet hatte, war dies keine Herausforderung. Vielleicht sollte sie sich also wirklich einem Leunen stellen.
Sie wusste, dass diese im Norden von Eldin und in Hebra anzutreffen waren. Und mit beiden Regionen würde sie sich nie anfreunden. In Eldin war es unerträglich heiß und in Hebra eisig kalt. Und da Tabanta schon wirklich kühl war, würde sie mit Sicherheit nicht in die verschneiten Berge von Hebra gehen.

Sie steckte ihr Schwert wieder weg und tat dasselbe wie bei den Yiga. Sie schaute, ob die Monster irgendwelche Wertgegenstände bei sich hatten. Leider war nichts vorzufinden. „Durchkramst du immer die Sachen von Toten? Das ist wirklich nicht normal", hörte sie eine leider zu bekannte Stimme sagen. Raisa drehte sich nicht um und tat so, als hätte sie ihn nicht gehört. Vielleicht war das auch besser so, wenn man bedachte, wie sie ihn das letzte Mal sah. Das tote Federvieh... Ein komischer Anblick. „Ich rede mit dir! Würdest du also die Güte besitzen und wenigstens so tun, als würdest du mir zuhören?"
Sie verdrehte die Augen und drehte sich zu ihm um. Abgesehen von der Schnittwunde am Flügel, welche sie ja so liebevoll genäht hatte, war er unversehrt. „Was willst du?", fragte sie schroff. Er holte einen kleinen Brief hervor. „Zelda bat mich dir dies zu überreichen. Ich fühle mich zwar überhaupt nicht in der Verantwortung dazu, aber sie hat mich so lange genervt, bis ich eingewilligt habe." Er warf ihr den Brief zu, welchen sie argwöhnisch auffing. Sie hielt dies für einen schlechten Witz von ihm.
„Willst du mich zum Narren halten?", fragte sie. Er schnaubte. „Ich habe dafür nach dir suchen müssen, also sei gefälligst dankbarer!" Sie verdrehte erneut die Augen und öffnete das Siegel von dem Brief. Das Stück Papier war schnell aus dem Umschlag geholt und aufgefaltet. Scheinbar hatte ihr tatsächlich jemand geschrieben. Diese Person schien allerdings nicht zu wissen, dass Raisa nicht lesen konnte. Und kaum hatte sie dies festgestellt, fing das Federvieh auch schon an zu lachen. „Ich vergaß! Du kannst ja gar nicht lesen!" Es schien ihn ja sehr zu amüsieren. Raisa nahm das hin und steckte den Brief weg. Das einzige was sie erkannte, war ihr Name. Dies brachte sie allerdings auch nicht weiter.

„Soll ich ihn dir vorlesen?", fragte er spöttisch. „Das kannst du dir in deine Federn schmieren", antwortete sie und kehrte ihm wieder den Rücken zu. Mit ihm zu diskutieren, war, als würde man gegen eine Wand reden. „Was machen dein Kätzchen und du eigentlich in Tabanta? Ich hoffe doch sehr, du weißt, dass diese Region bereits von einem...von meinem Titanen geschützt wird", rief er ihr zu, als sie ging. „Diese Einöde würde ich sowieso nicht schützen wollen", rief sie zurück. Er schnaubte daraufhin und wand sich ebenfalls ab. „Ich habe weitaus bedeutenderes zu erledigen, als mit dir zu diskutieren. Im Gegensatz zu dir trage ich Verantwortung und erledige meine Pflichten." Daraufhin lachte sie spöttisch auf.
„Du nennst es deine Pflicht, damit herum zu prahlen, dass du vom König als Held bezeichnet wurdest?", fragte sie. Er gab einen abwertenden Laut von sich. „Mein Titan. Ich habe mich um meinen Titanen zu kümmern. Und danach muss ich nach Akkala. Prinzessin Zelda schickt mich dorthin." Raisa blieb wie angewurzelt stehen. Wo wollte er hin? Nach Akkala? Das war ein Witz, ein schlechter obendrein!

Sie beobachtete, wie er bereits seine Flügel ausstreckte. „Warte Revali", rief sie ihm zu. Sie handelte, bevor sie nachdachte. Das war eigentlich ungewöhnlich für sie. „Was willst du von mir?" Er stöhnte genervt und hielt in der Bewegung inne. „Sagte ich nicht bereits, dass ich wenig Zeit habe?" Sie ignorierte seine schlechte Laune und kam wieder ein paar Schritte auf ihn zu.
„Du solltest mir besser zuhören, ansonsten hast du vielleicht nie wieder Zeit." Er musterte sie skeptisch. Sie hingegen überlegte, wie sie ihm das beibringen sollte. Sie war nicht so gut mit Worten. „Zuerst einmal verlange ich, dass du mich aussprechen lässt. Komme, was wolle! Dann... Ich denke, dir ist bewusst, dass ich nicht gut darin bin etwas zu erklären", fing sie an. Er zog eine Augenbraue nach oben und verschränkte seine Flügel vor der Brust. Was sollte das werden?

„Denk an den Kampf mit den Yiga zurück. Als wir uns dem letzten gestellt haben, passierte etwas...Seltsames. Ob es eine Intuition oder etwas Derartiges war, weiß ich nicht. Jedenfalls konnte ich den Angriff des Yiga's voraussehen. Du wirst mir jetzt nicht glauben, aber das ist mir eigentlich egal. Du sollst wissen, dass sich dies auch in unserem Kampf wiederholte. Und letzte Nacht..." Sie holte Luft und überlegte. Sonst war sie immer so direkt, aber grade fehlten ihr einfach die Worte. Das kam schon fast so rüber, als wenn sie unsicher wäre. Sie und unsicher, so etwas gab es nicht.
„Letzte Nacht habe ich keinen Angriff vorausgesehen. Nun ja, nicht direkt. Er war zumindest nicht gegen mich gerichtet. Ich weiß, ich kann dir nicht vorschreiben, was du zu tun und lassen hast. Ich selbst lasse mir das auch von niemanden sagen. Aber... Du solltest nicht nach Akkala reisen. Ich sage dir das, weil ich dir im Grunde noch etwas schuldig bin. Also... Wenn du nach Akkala fliegst, dann wirst du dort deinen Tod finden. Das habe ich vorausgesehen." Es fiel ihr ungemein schwer das Ganze zu erzählen. Das lag wohl daran, weil dies einfach nicht ihre Art war.

Sie schaute zu ihm herüber. Er schien fassungslos zu sein. Und dann...dann fing er an zu lachen. Sie hatte bereits damit gerechnet, deswegen machte es sie auch nicht ganz so wütend wie sonst. „Wenn du versucht mir Angst zu machen, dann musst du dir etwas wesentlich besseres einfallen lassen." Er lachte weiter, schien sich gar nicht mehr einzukriegen.
Raisa verschränkte die Arme vor der Brust und nahm sein Gelächter hin, obwohl sie ihn dafür am liebsten büßen lassen würde. „Ich sagte ja, dass du machen kannst, was du willst. Ich habe dich gewarnt, wenn dir somit etwas zustößt, werde ich mir nicht die Schuld dafür geben." Sie würde sich sowieso nicht schuldig fühlen. Aber nun war er an seinem Schicksal selbst schuld. Sofern das Ganze nicht doch bloß ein Traum war.
„Viel Spaß in Akkala. Wenn du draufgehst, werde ich dich an deinem Grab auslachen!" Sie winkte ihm noch provokant zu. Er verdrehte daraufhin die Augen und flog los. Sie schaute ihm missmutig hinterher. Warum sollte es sie weiter kümmern, was mit ihm geschah? Sie hatte ihn gewarnt und somit mehr getan, als sie je für ihn hätte tun müssen.

Somit entschied sie sich keine Gedanken mehr darüber zu machen. Stattdessen widmete sie sich wieder dem, weshalb sie überhaupt nach Tabanta gekommen war. Doch, egal wie sehr sie suchte, sie fand keine Monster mehr. Entweder war vor ihr schon jemand hier gewesen und hatte sich ausgetobt oder das Schicksal richtete sich mal wieder gegen sie. Somit kehrte sie erfolglos zu ihrem Titanen zurück. Vielleicht würde sie als nächstes Phirone oder Necluda aufsuchen. Oder sie reiste erneut in das Niemandsland. Da würde sie auf jeden Fall genug Monster antreffen. Allerdings war der Weg dorthin ziemlich weit. Aber darüber konnte sie sich ja weiter Gedanken machen, wenn sie wieder bei Inazuma war.

Da sie sich von dem Löwen nicht weit entfernt hatte, war sie bei diesem auch schnell wieder angekommen. Als sie wieder in seinem Inneren war und ihre Hand auf die Steuerungseinheit legte, war etwas anders. Ihr Titan wollte ihr nicht gehorchen. So etwas hatte sie noch nie, denn ansonsten harmonierten ihre Geister perfekt miteinander.
„Was willst du von mir?!", fragte sie genervt. Natürlich erwartete sie keine Antwort, dennoch wollte sie das loswerden. Ihr Titan bewegte seinen Kopf in Richtung Nordosten. Und was lag in dieser Richtung? Die Ebene von Hyrule, Ranelle und Akkala!
„Du willst mir Befehle erteilen? Ich soll nach Akkala?", fragte sie ungläubig. Dass ihr Titan ihrem Willen nicht folgte, war schon schlimm genug. Aber das er ihr nun indirekt den Befehl gab dem Federvieh zu helfen, brachte ihr Blut zum Kochen. Sie sah es nicht ein diesem arroganten Vogel zu helfen. Er hatte sie doch auch noch ausgelacht! Sollte er ruhig in sein Verderben rennen oder fliegen. Wie auch immer.

Raisa nahm ihre Hand wieder von dem kleinen Podest und schaute von dem Kopf ihres Titanen aus in Richtung Nordosten. Warum sollte sie helfen? Der einzige, kleine Grund war vielleicht, weil er ihr Leben damals auch vor dem Tod bewahrt hatte. Aber war es das wert, um nun ihr eigenes Leben in Gefahr zu bringen? Sie hatte ihn gewarnt, dass sollte ausreichen.  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt