84. Unterstellungen

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  Raisa wurde bereits von Mipha in Empfang genommen. „Ich danke dir für deine Hilfe, Raisa", sagte sie und nahm ihr die Blüten ab. „Würdest du mich bitte begleiten?", fragte die Zora. Eigentlich hatte Raisa eher weniger Lust, für weitere Arbeiten eingespannt zu werden. Nein sagen, konnte sie allerdings auch schlecht, weshalb ihr wieder einmal keine Wahl blieb.
„Wenn es sein muss", antwortete sie und begleitete die Zora in das Zimmer, in welchem sie wohl begannen hatte, das Gegenmittel herzustellen. „Ich bin heilfroh, dass du letztlich doch nicht betroffen bist. Es ist schon traurig genug, dass so viele vergiftet wurden, da bin ich um jede Person, die es nicht ist, dankbar." Mipha's Stimme hatte einen traurigen Ton angenommen. Dennoch versuchte die Zora zu lächeln, als sie zu Raisa sah. „Da du diejenige bist, die die Leben dieser Leute retten musst, denke ich, dass ich dies nachvollziehen kann", war Raisa's Antwort.

„Zelda kann einem schon leidtun. Durch den ganzen Druck schafft sie es nicht, die Siegelkraft zu erwecken... Und jetzt auch noch so etwas... Ich frage mich, wer zu einer solchen Tat fähig wäre." Mipha nahm sich ein Buch, während sie diese Worte sprach. Raisa empfand zwar kein Mitleid für Zelda, aber sie wusste, wie es war, gehasst zu werden, nur weil man nicht so war, wie andere einen gerne hätten. „Um Ganon zu bezwingen, brauchen wir die Siegelkraft, nicht wahr?", fragte Raisa Mipha. „Das sagen zumindest die alten Schriften nach denen wir uns richten", antwortete Mipha.

Dann gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder Zelda schaffte es, ihre Siegelkräfte zu erwecken oder die Recken mussten es ohne Zelda schaffen, vielleicht sogar einen ganz anderen Weg finden, um Ganon zu bezwingen. Sie wollte Mipha grade noch etwas sagen, da wurde die Tür aufgerissen und Daruk trat ein. Auf seinen Armen trug er... Alles Mögliche. Von pflanzlichen Dingen bis hin zu Dingen, die in Gläser verstaut waren und bei näherem Betrachten widerlich aussahen.
„Benötigst du noch Mal meine Hilfe, Mipha?" Diese Stimme gehörte allerdings nichts Daruk. Nicht nur von der Tonlage, da lag auch einfach zu viel Arroganz drinnen. Raisa sah zu Revali, welcher ebenfalls durch die Tür kam. „Nein danke. Trotzdem nett, dass du gefragt hast", antwortete Mipha. „Ich denke mal, wenn wir hier zu viert sind, wird es zu voll. Ich empfehle mich", mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. Um ehrlich zu sein, hatte sie es vorhin ziemlich genossen, ihre Ruhe nach all den Turbulenzen zu haben, weshalb sie gerne auch weiter ihre Ruhe hätte. Oder war es das Federvieh, dessen Anwesenheit sie nicht ertragen wollte?

„Nicht so schnell, Raisa! Ich will eine Sache noch von dir wissen, Raisa", hörte sie ihn hinter sich sagen. Er folgte ihr nur, wenn es um Dinge ging, über die sie nicht reden wollte. Genervt drehte sie sich um und verbarg auch nicht, dass sie abgeneigt davon war. „Ich habe dir nichts zu sagen. Verschwinde" Sie war doch grade nicht gegangen, damit er sie woanders mit seiner Anwesenheit störte. „Mir ist da etwas in den Sinn gekommen", fing er an, „kann es sein, dass die Möglichkeit besteht, dass du von all dem wusstest? Oder warum hast du kein Gift abbekommen, wo die Wahrscheinlichkeit doch recht groß dafür war, bei dem Ambiente." Versuchte er ihr grade etwas nachzuweisen, einer Tat, die sie nicht begangen hatte? Wollte er ihr die Schuld von all dem in die Schuhe schieben? Sie verstand es nicht. Vorhin war er noch relativ nett, doch nun... Nun war er wieder unausstehlich.

„Wenn du schon solche Rufschädlichen Äußerungen...nein... Wenn du schon solch einen Unsinn von dir gibst, dann bitte dort, wo niemand zuhören kann! Wir können darüber diskutieren, aber nicht in einem Gang, wo andauernd Soldaten patrouillieren!", zischte sie. Er schien mit ihrem Kompromiss einverstanden zu sein und nickte. Auch wenn ihr das nicht zusprach, immerhin war das besser, als das er mit zusammengereimtem Blödsinn umherlief.

Sie ging mit ihm auf die Schlossmauer, auf welcher sie schon heute Morgen standen. „Also zunächst einmal... Ich wusste von gar nichts bescheid, wie auch immer du auf solch einen Unsinn kommst. Oder glaubst du, ich habe das ganze nur gespielt? Verdammt man, ich dachte, ich würde sterben!" Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie zum Schluss lauter geworden war. Aber es ging ihr so gegen den Strich, dass er ihr andauernd etwas unterstellte. „Dann willst du mir sagen, dass es reines Glück war, dass du steht's die richtigen Gläser erwischt hast?" Er klang weder wütend noch verächtlich.
„Wer weiß, vielleicht hat auch mein Instinkt für mich gehandelt. Oder meine Fähigkeit." Derartiges wollte sie ja nicht ausschließen, aber wenn es denn so war und ihre Gabe unbewusst für sie gehandelt hatte, dann... Ja, war es halt unbewusst.
„Ich weiß, dass du kein Vertrauen in mich hast, aber ich möchte dich nur noch einmal daran erinnern, dass ich dich nie angelogen habe." Auch das entsprach der Wahrheit. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie ihn noch nie belogen. „Dann wusstest du also nichts. Das ist gut."

Seine Worte ließen sie aufhorchen. War ihm bewusst, was er grade gesagt hatte? Er fand es gut, dass sie nichts damit zu tun hatte? Sie dachte, er wollte sie unbedingt ihres Titels als Recke entledigen? Er sagte jedoch nichts weiter, weshalb auch sie nicht weiter darauf einging.
Ihr Blick schweifte über Hyrule Stadt. Von der Schlossmauer aus hatte man wirklich einen perfekten Ausblick über die Stadt. „Als wir uns heute Mittag im Schloss begegneten, sagtest du, dass es mein Traum wäre, dich tot zu sehen...", fing er nach einiger Zeit dann wieder ein Gespräch an. „Ist dem nicht so?", fragte sie kalt. „Ich weiß, wir denken beide nichts Gutes über den jeweils anderen, doch solltest du wissen, dass ich dir nie den Tod gewünscht habe. Vielleicht mal aus Rage..., aber nie ernst und auch nie über einen längeren Zeitraum."

Revali konnte deutlich besser mit Worten um, als sie. Sein Problem, welches sie unter anderem auch hatte, war, dass er schlecht darin war seine wahren Gefühle zu zeigen. Jedenfalls...fiel ihr es schwer eine Antwort darauf zu finden. „Ich hingegen habe dir in der Anfangszeit wirklich den Tod gewünscht. Einen qualvollen und erbärmlichen." Ja, das waren wohl die unpassendsten Worte, die sie nur hätte wählen können. Doch so war sie eben. „Und jetzt nicht mehr?", fragte er nach. Mit einer solchen Antwort seinerseits hatte sie nicht gerechnet. „Es ist nicht so, dass ich dir freudestrahlend um den Hals fallen muss, aber abgrundtief hassen tue ich dich nicht. Wir haben unsere Meinungsverschiedenheiten und davon auch nicht zu wenig, aber... Ich komme damit mittlerweile besser klar. Du doch auch, oder nicht?", fragte sie. Er nickte nur, aber das war besser, als gar nichts. Da standen sie beide nun, ihre Blicke lagen über Hyrule Stadt. Die Sonne war fast komplett untergegangen, was man hinter der Wolkendecke jedoch nicht sah. Es wurde nur dunkler.

„Das war also der erste Tag im neuen Jahr... Es kann doch nur besser werden, oder?", fragte er. „Ich denke nicht. Die Zeit läuft und die Rückkehr der Verheerung wird kommen", antwortete sie. „Aber wann genau...wissen wir nicht", sagte er. Noch nicht... Aber sie würde schon einen Weg finden, dieses Ereignis vorherzusehen und Timor würde ihr dabei helfen.  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt