113. Versteckte Anspielungen

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Eine ungewöhnliche Gruppe ging über die weiten Ebenen Hyrules. Vorne ran Raisa, die ihre Hände in ihre Taschen gesteckt hatte, um einen lockeren Eindruck zu erwecken und gemütlich den Weg entlang ging. Dicht hinter ihr Revali, welcher genervt davon war, dass er als Orni die gesamte Zeit über gehen musste und hinter den beiden die Seina-Nachbildung, wie Raisa sie taufte.
„Mein Name lautet übrigens Taiga", erzählte diese beiläufig. „Der Name wird morgen wieder vergessen sein", sagte Raisa. Taiga, wie sie sich nun vorstellte, schwieg daraufhin. Eine unangenehme Stille.

Raisa wartete, während sie ihres Weges ging nur darauf, dass irgendetwas passierte, das ihre Skepsis bestätigte. Doch leider kam nichts. Das gefiel ihr nicht. Ihrem Instinkt hatte sie immer trauen können, warum sollte es jetzt also anders sein? Das würde ihr noch fehlen... Verrückt zu werden.
„Also dann", rief Revali, sodass Raisa, welche ja etwas vorausging, es hören konnte. Raisa drehte sich um, behielt aber nicht ihn im Auge, sondern die ominöse Fremde. „Du gehst?" Ihre Worte waren allerdings schon an ihn gerichtet.
„Glaubst du, es macht mir Spaß dir die gesamte Zeit über hinterherzutraben... Zu Fuß?", stellte er die Gegenfrage. Tja,... Irgendwie war sie dann doch nicht bereit, ihn darum zu bitten, den Weg gemeinsam mit ihr fortzusetzen... Seine Anwesenheit wäre wegen dieser Situation schon wünschenswert. Oder einfach für den Fall, dass Raisa's ungutes Gefühl sich nicht als grundlos herausstellte.

Nun, wie stellte sie das jetzt am geschicktesten an? „Dann zieh ab?", sagte Raisa, während sie zurückging. Auch wenn es nicht zu ihren liebsten Aktivitäten zählte, alte Dinge aufzugreifen, so musste sie dies jetzt tun. Revali wollte grade noch etwas sagen, da kam sie ihm zuvor.
„Da fällt mir ein... Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich mich je bei dir bedankt habe, wegen deiner Hilfe, als ich von dieser Krankheit befallen war", offenbarte sie ihm, als sie vor ihm stand. Ihre Worte klangen nur nicht so aufrichtig, so wie sie diese über die Lippen gebracht hatte.
Gut, im tiefsten Inneren war sie ihm wirklich dankbar, doch das wollte sie erstens nicht eingestehen und zweitens musste sie nun irgendetwas erzählen! Und diese Geschichte kam ihr grade einfach in den Sinn.

Raisa beobachtete, wie Revali sie verwundert musterte. Auch bemerkte sie die Neugierde der dritten Person, die sich bei ihr und Revali befand. „Ich...konnte dich ja schlecht dahinvegetieren lassen", sagte er noch immer überrascht über Raisa's plötzliche, angebliche Offenheit.
„Danke", sagte sie, als würde sie dieses für sie bedeutsame Wort jedem dahergelaufenen sagen.
„Vermutlich... Hast du mir damit das Leben gerettet", sagte sie im Vorbeigehen und betonte den Satz besonders.

Revali bemerkte, dass Raisa diesen Satz nicht grundlos gesagt hatte. Mal ganz davon zu schweigen, dass sie keine Person der Worte war, sie war zudem pragmatisch und jemand, der oft mehr wusste, als er preisgab. Und all ihre Eigenschaften passten zu ihrem Handeln von grade nicht.
„Dann bleiben nur noch wir zwei", sagte Raisa und sah zu der Hylianerin, die ehrfürchtig den Kopf vor Raisa gesenkt hielt. Dabei war Taiga ein ordentliches Stück größer als Raisa und hatte es eigentlich gar nicht nötig, den Blick abzuwenden. „Sieht wohl so aus", antwortete Taiga.

„Ich nehme an, wir sehen uns morgen?", fragte Raisa Revali. Der Orni sah ihr direkt in die Augen. Wie sagte man sogleich? Ein Bild sagte er als tausend Worte? Dasselbe konnte auch für Blicke gelten. Raisa war davon überzeugt, dass Revali ihre versteckten Anspielungen verstanden hatte, sonst würde er ihr nicht einen solchen Blick schenken.
Sie nickte leicht, woraufhin Revali wortlos losflog.

„Ich bin mir nicht sicher... Mögt ihr euch oder doch nicht?", fragte Taiga ziemlich direkt.
„Wir wissen selbst nicht, was für eine Art von Beziehung wir zueinander haben. Wir reden darüber nicht", antwortete Raisa ziemlich ehrlich. Beiden fiel es ungemein schwer ihre wahren Gefühle auszudrücken... Demnach war es noch schwieriger darüber zu sprechen. Dieses 'Gespräch', welches sie in Revali's Zuhause geführt hatten, war schon schwierig genug. „Das ist verrückt", merkte Taiga an. „Ihr solltet euch doch mal aussprechen", fügte sie noch hinzu.
„Ich lasse mir von einer Göre nicht sagen, was ich zu tun und lassen habe, verstanden?" Raisa's goldenen Augen blitzten warnend zu der Jüngeren herüber. „Entschuldigung..." Raisa schnaubte nur und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ihr Blick war in den Himmel zu Vah Medoh gerichtet.
„Bei uns... Bedarf es keiner Worte, um uns in solchen Dingen zu verstehen. Das ist der Vorteil, wenn man in gewisser Weise gleich tickt..." Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, warum sie dies jetzt gesagt hatte. Vielleicht weil es in gewisser Weise ein befreiendes Gefühl mit sich brachte oder vielleicht weil es sie irgendwie zufrieden stimmte?

„Ich hatte mir irgendwie mehr davon erhofft, wenn ich einen Recken begegne", seufzte Taiga deprimiert. Raisa verkniff sich daraufhin ein paar beleidigende Sprüche, antwortete somit ziemlich emotionslos. „Dachtest du, ich würde ein Kaffeekränzchen mit dir in meinem Titanen halten, oder war?", fragte Raisa, auch wenn ihr die Antwort ziemlich egal war. „Nun... Ja", bekam sie als Antwort zu hören. Da Raisa immer noch daran versucht war, ihrem unguten Gefühl auf den Grund zu gehen, spielte sie mit. Allerdings sollte das nicht zu auffällig werden.
„Allerhöchstens kannst du meinen Titanen von außen mit genug Abstand besichtigen. Das kann sowieso jeder."

Raisa setzte ihren Weg fort, schließlich wollte sie irgendwann dann doch mal in ihrem mehr oder weniger Zuhause zur Ruhe kommen. Hinter sich hörte sie die Schritte der Hylianerin. Genau... Folgen sollte sie Raisa, welche sie direkt in die Falle laufen lassen wollte.
„Ich ehm... Ich weiß nicht genau, wie ich Euch ansprechen soll", sagte Taiga. „Dann lass es", kam die knappe Antwort. Bei Hylia, warum fehlte es so vielen an Selbstbewusstsein und Eigeninitiative? Würde sie sich bei allem was sie im Leben tat, fragen, ob das überhaupt das Richtige für sie selbst war, dann würde sie ja niemals irgendetwas erreichen. „Wieso... Seid Ihr so unfreundlich?" Da war die nervige Neugierde wieder. „Es braucht schließlich auch welche wie mich, sonst könnte man denken, diese Welt wäre das reinste Irrenhaus."
Allein die Vorstellung von dauer-gutgelaunten und immer optimistisch denkenden Wesen widerte Raisa an. Da blieb sie doch lieber bei ihrem nüchternen und direkten Realismus.

„Das ist also Vah Inazuma", sagte Taiga, als sie bei Raisa's Titanen angekommen waren.
„Sieht wohl ganz so aus", merkte Raisa an und ließ ihren Blick über die riesige, antike Kriegsmaschine schweifen. Nein,... Inazuma war mehr als das. Er war... Fast wie ein Lebewesen.
„Darf ich ihn auch von Innen ansehen?", fragte Taiga. „Mit anderen Worten, ob du in meine Privatsphäre eindringen darfst? Was springt für mich dabei heraus?", wollte Raisa wissen.
„Oh...Ich..." Die Jüngere durchkramte ihre Taschen, fand aber nichts Nennenswertes.
„Mein...ewiger Dank?", versuchte Taiga es. Raisa schnaubte genervt und ging in ihren Titanen. Taiga konnte nicht sagen, was genau das nun heißen sollte. Sie hatte sich schon gedacht, dass der Recke der Hylianer schwierig wäre, aber das...übertraf alles!

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt