Wärme umgab sie. Eine wirklich angenehme Wärme. Sie war schon seit einiger Zeit wach, hatte jedoch nicht die Augen aufgemacht. Erst als es irgendwo krachte, richtete sie sich auf. Allerdings nicht lange. Der Schmerz in ihrer Seite ließ sie auf keuchen und wieder ins Bett sinken.
„Beweg dich doch noch ein bisschen mehr und noch ein bisschen ruckartiger, dann stirbst du wirklich." Ihr Blick fiel zur Seite. Das Federvieh lehnte gegen einen Tisch und hatte seine Flügel vor der Brust verschränkt. „Was machst du hier?", fragte sie ungläubig. Er schnaubte. „Ich lebe hier!", antwortete er schroff. Sie schaute ihn verwundert an. Sie war bei ihm zuhause? Das war ja schlimmer als der Tod.
Ihr Blick schweifte durch den Raum, in dem sie sich befand. Es war nichts Besonderes vorzufinden, eben ein einfaches Schlafzimmer. „Du hast mich hier her gebracht?", fragte sie weiter ungläubig. „Nein, die Verheerung war's", antwortete er ironisch. Sie setzte sich erneut auf, diesmal allerdings vorsichtiger. „Sag mir, warum?"
Langsam zweifelte er wirklich an ihrem gesunden Menschenverstand. Hätte er sie etwa in Akkala verrecken lassen sollen? „Es fällt mir äußerst schwer das zuzugeben, aber um ehrlich zu sein, war das Ganze meine Schuld. Du hast mich gewarnt und ich habe dich verhöhnt. Ich war bereit meine Strafe dafür zu kriegen und dann... Dann standest du da. Und weil ich einen Fehler gemacht habe, ist dir dies widerfahren." Das war zwar einleuchtend, doch das passte ihr nicht. Sie war gekommen, um ihre Schuld zu begleichen und jetzt stand sie wieder in seiner.
„Du hättest mich da lassen sollen", sagte sie. Er schaute sie fassungslos an. Das war jetzt nicht ihr Ernst. „Da überwinde ich meinen Stolz und helfe jemanden wie dir und dann passt dir das auch nicht! Weißt du, was für Qualen ich auf mich genommen habe? Sei gefälligst dankbarer!", fauchte er sie an. Er wollte Streit? Den konnte er haben!
„Ich will nicht in deiner Schuld stehen! Es gibt für mich nichts Schlimmeres als das!", bellte sie zurück. Er machte eine abwertende Bewegung mit seinem Flügel. „Du bist mir nichts schuldig", sagte er. Sie schnaubte daraufhin. „An diese Worte erinnere ich dich, wenn du in ein paar Tagen zu mir kommst und irgendwas verlangst."
Er holte tief Luft. Kaum war sie wach, wurde sie wieder anstrengend. „Wenn du mir unbedingt einen Gefallen tun willst, um schuldenfrei zu sein, dann beantwortete mir eine Frage", sagte er. Sie überlegte, ob sie das annehmen sollte. Eine Frage beantworten war im Grunde einfacher, als irgendetwas für ihn zu erledigen. „Was willst du wissen?", fragte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Wer ist Seina?"
Sie hatte das Gefühl ihr Herz stand still. In ihrem Kopf tauchten Bilder auf, die sie seit Jahren zu vergessen versuchte. Warum? Warum musste grade er diesen Namen erwähnen? So viel Schmerz und Leid waren mit diesem verbunden...und so viele traurige Erinnerungen. Dass sie es nicht fassen konnte, diesen Namen aus seinen Mund zu hören, war ihm nicht entfallen. Die Überraschung oder eher der Schock war ihr ins Gesicht geschrieben.
„Woher...?", fragte sie. Dabei schaffte sie es nicht einmal den Satz zu vollenden. „Du hast ihn erwähnt, als du geschlafen hast. Mehrmals", antwortete er ihr.
Sie überlegte, ob sie ihm das wirklich erzählen konnte. Das war etwas Persönliches, etwas aus vergangenen Tagen, von denen niemand etwas erfahren sollte. Das Zelda dies wusste, war für Raisa schon schlimm genug.
Dennoch, sie holte tief Luft. Er fragte nur, wer sie war. Nicht mehr und nicht weniger. „Seina war meine beste Freundin", offenbarte sie ihm. Hatte er grade richtig gehört. Raisa hatte eine beste Freundin? Aber die Betonung lag auf hatte. „Und nun ist sie es nicht mehr, weil du so eine grauenhafte Persönlichkeit ha" – „Sie ist tot. Und mehr werde ich dir nicht erzählen, weil du aufgrund unserer Herkunft nur schändliche Worte für sie übrig hättest", fiel sie ihm ins Wort. Er schwieg. Hätte er das gewusst, hätte er nicht nachgefragt. Aber nun war es so und ändern konnte er es auch nicht mehr.
„Ich gehe", sagte sie dann und durchbrach die Stille. „Du spinnst wohl!", erwiderte er sofort. „Der Arzt sagt, dass du dich mindestens zwei Tage schonen sollst!" Sie hörte wohl nicht recht. Er hatte einen Arzt angeschleppt und sie musste es zwei Tage mit ihm aushalten? „Ich denke eher, du spinnst! Ich halte das keine achtundvierzig Stunden mit dir aus!"
Er würde diese Zeit auch nur mit äußerst viel Selbstbeherrschung überstehen. Aber was sein musste, musste sein. „Deine Verletzung ist nur verbunden. Nähen können wir sie nicht, wie den auch mit den Federn?"
Sie stöhnte genervt und blieb im Bett. Das würde eine grauenvolle Zeit mit ihm werden. „Noch etwas. Du sagtest grade, dass ich dich wegen deiner Herkunft verachte. Das stimmt nicht", sagte er. Sie lachte auf. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Wie oft hatte er sie niedergemacht, weil sie ein Straßenkind war? Tausendmal? „Du hältst dich wohl für lustig, was?", fragte sie spöttisch. „Ich hasse dich, weil du mit deiner Herkunft ein Recke geworden bist", antwortete er ruhig. „Da ist kein Unterschied!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihn an. Wenn Blicke töten könnten...
„Bevor du da warst... Wir haben jahrelang hart trainiert, um die besten Krieger unseres Volkes zu werden. Und belohnt wurden wir mit diesem Titel und das wir die Titanen steuern durften. Und dann...fanden sie einen weiteren. Wir hatten damit gerechnet, dass Link diesen Titan steuern würde. Doch er lehnte das Angebot ab, da auch der König nicht sonderlich angetan davon war. Er trägt schließlich schon dieses Äonen alte Schwert mit sich herum. Somit wollte Zelda einen weiteren Recken aufnehmen. Aber anstatt sie einen Krieger aussucht, der sein Leben lang mit Training verbracht hatte und sich diesen Titel verdient hätte, nahm sich dich. Einzig und allein, weil du in ihrer Schuld standest."
Sie würde das, was er sagte eigentlich akzeptieren. Schließlich hatte er ihr eine solide Erklärung gegeben. Allerdings war da eine Sache fragwürdig. „Dann erzähle mir, warum ist das meine Schuld?", fragte sie. „Ich habe die Chance ergriffen, die sich mir bot. Die einzige Möglichkeit, um dem Teufelskreis, in dem ich mich befand zu entfliehen. Hätte ich ablehnen und mich meinem dreckigen Schicksal weiter hingeben sollen? Dein Zorn trifft die falsche Person. Versteh mich nicht falsch, mir ist das vollkommen egal. Aber eigentlich müsstest du Zelda dafür hassen, nicht mich."
Er schwieg und verarbeitete das, was sie sagte. Und ihm wurde bewusst, dass er erneut einen Fehler gemacht hatte. Aber dies ihr preiszugeben, war zu viel des Guten. Er hatte ihr heute immerhin schon einen Fehler seinerseits erzählt. Ein zweiter kratzte seinen Stolz zu sehr an.
„Es gibt auch noch andere Gründe, warum ich dich nicht leiden kann", sagte er dann. Raisa wusste, dass dies nur Ausflüchte waren. Er hatte einfach zu lange gezögert. Aber das würde sie ihm nicht auf die Nase binden.
Dennoch... Er sah ein, dass er falsch lag. Und nun sah er sie auch etwas mit anderen Augen. Im Grunde genommen, war sie auch nur ein Mensch. Ein Mensch, der schon zu Anfang seines Lebens ziemlich Pech hatte. Und, wenn dann auch noch die beste Freundin starb... Er wusste zwar nicht, wie so ein Straßenleben war, aber er konnte sich vorstellen, dass dies eine Person so machte, wie Raisa nun mal war. Hatte er grade Verständnis für sie entwickelt?
„Weißt du eigentlich, dass du das zähste Weib in ganz Hyrule, nein, in der ganzen Welt bist?", fragte er. Sie zog eine Augenbraue nach oben. „Jeder wäre in der Zeit, in der ich von Akkala hier her geflogen bin, gestorben." Und sie hatte überlebt. Ihr Überlebenswille musste unglaublich sein. „Lass mich jetzt einfach in Ruhe." Sie legte sich wieder vorsichtig hin und schloss die Augen. Das war alles einfach viel zu anstrengend für sie gewesen. Außerdem wollte sie nicht weiter mit ihm reden.
Revali's Blick blieb jedoch noch ein wenig an Raisa hängen. Wie sie da so lag, erweckte das schon fast den Eindruck, dass sie friedlich wäre. Aber auch nur fast. Ach ja, sie war nicht nur das zähste Weib dieser Welt. Sie war auch die erste Frau, die in seinem Bett schlief. Das musste die Ironie des Schicksals sein.
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Number 6
Fiksi PenggemarDie Hylianer fanden einen weiteren Titanen, der gegen die Verheerung Ganon eingesetzt werden sollte. Kurzerhand entschloss sich Prinzessin Zelda noch einen weiteren Recken aufzunehmen. Doch wen? Alle Völker Hyrules waren bereits vertreten. Nach lang...