Kapitel 12

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Jungkook POV:

Bei dem Namen den mir mein Gegenüber genannt hatte flackerten wie aus dem nichts Erinnerungen vor meinem inneren Auge auf. Park Jimin. Mit großen Augen musterte ich den Jungen vor mir, welcher mit ebenso großen Augen stehen geblieben war, weswegen ich durch meine Unachtsamkeit gegen ihn prallte. Mein Kopf dröhnte überfordert. „Eh... tschuldige...", murmelte ich, etwas aus dem Konzept geworfen. Erinnerungen an früher strömten durch meine Gedanken und warfen unangenehme Gefühle in mir auf. „Mein früherer Freund hieß auch so... das hat mich gerade nur ein wenig... überrascht?" Gegen Ende merkte ich selber wie unsicher ich klang. Es kam einem schon beinahe wie eine Frage, als eine Feststellung vor.

Kurz sah der Junge vor mir stumm zu Boden. Er schien nervös zu sein und über irgendetwas fieberhaft nachzudenken. Was es war wusste ich nicht. Vielleicht war es ihm ja peinlich das ich das Thema jetzt angeschnitten hatte? Ich meine... wie kommt das schon rüber wenn man so plötzlich über jemanden redete der denselben Namen hatte wie man selbst, ihn aber nicht mal kannte. Dann nach kurzem zögern, hob er sein Haupt mit fest entschlossenem Blick. Er stemmte die Hände in die Hüften und richtete sich mit gerader Haltung mir wieder entgegen. „Jeon Jungkook! Zufälliger weise bin ich dein Freund von damals!"

Erst verstand ich kein einziges Wort. Sie mussten erst einmal einsickern und verstanden werden. Mein Freund? Er kannte meinen Namen? Woher... Was... Überfordert schloss ich mit gerunzelter Stirn meine Augen, danach blinzelte ich ein paar mal überfordert, bis mein Gehirn dann endlich entschlüsseln konnte was mir der karamellbraunhaarige gerade eben erst verbal und ohne Rücksicht entgegen geworfen hatte. Das gesagte sickerte in mein Unterbewusstsein ein und langsam bildete sich eine stechende Gänsehaut. „Was?!" Alleine schon die Tatsache das er meinen Namen kannte! Ich hatte mich ihm nicht vorgestellt! Alleine schon diese Tatsache sprach dafür das er die Wahrheit sagte.

Erst im Nachhinein verstand ich auch wieso mir ein Wildfremder seine Hilfe anbot... War ja klar.„Echt..?", war alles was ich peinlicher weise dazu erwidern konnte. Es fiel mir einfach viel zu schwer richtig nachzudenken. Darüber wie es sein konnte, dass ich meinen ehemals besten Freund hier in diesem Kaff wieder treffen konnte. Darüber, dass ich gleich am Anfang meiner Laufbahn hier in Jeju direkt in so eine missliche Lage kommen konnte. Ich verstand es einfach nicht. Wieso sprach er mich überhaupt an? War es wirklich Jimin? Was ist kenn er ein Stalker war und mir einfach was vorspielte. Mein Kopf brummte, meine Gedanken liefen Amok und mein natürliches Mistrauen stieg in mir hoch.

Das konnte einfach nicht sein! Solche Zufälle gab es nicht! Außerdem hatte ich Jimin ganz anders im Kopf. Er war viel schmächtiger und vor allem größer als ich gewesen. Dieser Kerl vor mir ist bei weitem kleiner als ich und trainiert! Er sieht aus wie ein Ninjamochi. „Woher kennst du meinen Namen! Und den Namen meines Freundes! Ich glaub dir nicht.", grummelte ich deswegen und riss mich kurz vor dem Burnout meines Gehirns nochmal zusammen. Ich biss mir auf die Unterlippe und bedachte den kleineren mit einem aufmerksamen Blick. Was wenn der was mit Mutters Tod zu tun hatte? Aufschließen sollte ich es zumindest nicht. Man wusste bis jetzt immer noch nicht wer meine Mom umgebracht hatte. Und hier in einer ganz anderen Stadt auf jemanden zu treffen der mich und meine Vergangenheit kannte... War ich einfach zu paranoid? Konnte sein.

Schnaufend schlang der kleinere einen Arm um mich. „Nicht zu fassen! Da entscheide ich mich dafür die Wahrheit zu sagen und was passiert? Du glaubst mir nicht! Ich hätte doch schweigen sollen, nicht war? Gegen deine Sturheit komme ich eh nicht an..." Langsam aber sicher zog mich dieser sogenannte Jimin mit seinem Arm um meiner Schulter hoffentlich weiter Richtung Stadtmall. „Wie wärs, wir laufen gleich wenn wir angekommen gemeinsam herum und ich erzähle dir ein bisschen von unserem treiben damals. Vielleicht glaubst du mir dann."

Stumm überlegte ich ob ich nicht doch lieber sofort abhauen oder darauf eingehen sollte. Letzten Endes wurde mir die Entscheidung abgenommen da sich Jimin freudig bei mir einhakt und ernergis weitersprach. „Nicht zu fassen das mich mein bester Freund nicht mehr erkennen kann... ich hab echt mehr von dir erwartet Kookie!" Mir war klar das er das eher aus Spaß sagte, doch trieb es mich aus irgendeinem undefinierbaren Grund zur Weißglut.

„Ach was, aber es ist okay einfach so Kontakt abzubrechen, oder was?! Ausgerechnet in den wohl schlimmsten Jahren hast du dich plötzlich nicht mehr gemeldet. Dich von mir abgewannt. Und wenn ich mich mal dazu überreden konnte dieses scheiß Smartphone in die Hand zu nehmen, dann hast du entweder garnicht oder so knapp geantwortet das ich immer mehr das Gefühl hatte überflüssig oder total nervig für dich zu sein." Schnaubend riss ich mich von dem kleineren los. „Wenn du wirklich mein sogenannter Freund von früher bist, dann hast du keine Berechtigung dazu dich bei mir zu beschweren!"

Total perplex und überfordert von meinen Worten blieb Jimin ruckartig stehen. Sein blick wich betrüb gen Boden, was mir einen kleinen Stich versetzte. Auch wenn er vielleicht nicht die feinste art mir gegenüber gezeigt hatte nach seinem umzog, war er immer noch mein einziger Freund den ich hatte. Ich mochte es nicht Freunde oder Familie von mir so zu sehen. So niedergeschlagen. Ich konnte alleine an seiner Haltung die Reue und die Schulgefühle erkennen.

„Ich... Kookie... Du musst wissen, ich..." Schnaufend wank ich ab. „Vergiss es einfach, ja?!" Ich wandte mich von ihm ab und wollte weiter geradeaus laufen, da mir schon das große Gebäude einige hundert meter weiter ins Blickfeld fiel. Hoffentlich war das die Mall. Auch einen noch längeren Fußmarsch hatte ich kein Nerv.

„Jungkook, warte! Es tut mir leid! Wirklich! Ich wusste nicht das du es so schwer hattest! Hätte ich das gewusst hätte ich mir abends mehr zeit fürs Chatten mit dir eingeplant! Wirklich! Es war nur so... die zeit nach dem Umzug war verdammt stressig und ich verlor viele Freunde und vor allem dich aus den Augen... Ich.." Schnaubend hob ich meine Hand um dem kleineren zu verdeutlichen das er aufhören sollte. Ich konnte mir das jetzt nicht anhören. Ich wusste ja von Anfang an das Jimin das nicht extra getan hatte. Er war noch nie der typ Mensch gewesen der seine eigenen Freunde ohne Grund verletzen würde. Und doch konnte ich nich anders als gekränkt zu sein.

„Hör mal, ich muss jetzt weiter. Ich treffe mich später noch mit meinem Hausherrn. Ich will ihn nicht warten lassen, also sollte ich mich langsam mal beeilen." Stumm ging ich weiter, darauf bedacht keine Schwäche zu zeigen. Ich wagte es mir nicht meinen Blick zu senken, auch wenn er mein Gesicht nicht sehen konnte. Ich wagte es nicht mit bebenden Schultern wie eine Heulsuse weiter zu laufen. Und vor allem wagte ich es nicht ihm meine Gefühle zu zeigen. „Wenn das Schicksal es vielleicht so will, treffen wir uns ja eh in diesem kleinen Hinterwäldler Städtchen wieder. Wir sehen uns."



Lonely Wolf [bxb]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt