Kapitel 7

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Heute war ich zum ersten mal so schlau gewesen und hatte mir eine Tasche gepackt in der ich zwei Kuscheldecken und das Essen welches ich mir gegen Mittag gekocht habe, aber bis jetzt noch nicht verdrücken konnte verstaut hatte. Eine Decke lag nun auf dem kalten Waldboden damit ich mir beim sitzen nicht den Arsch abfrieren würde und die andere schlang ich um meine Schultern. Karamelldrop hatte sich währenddessen zwischen meine Beine gesetzt und vergrub so wie immer eigentlich seine Schnauze in meinem Shirt. Dieses mal trug ich kein Hemd wie bei unserem ersten Treffen. Heute hatte ich mir den dicksten Hoodie aus meiner Kleidersammlung, die bis jetzt immer noch in dem braunen Karton gammelten herausgesucht. Ich hatte irgendwie keine Motivation all die Klamotten in den Schrank zu räumen und das obwohl ich den ganzen Tag über nichts zu tun hatte. Schließlich musste ich erst in einer Woche zur Schule, was hieß das ich eine ganze weitere Woche lang nichts gemacht hatte außer in meinem Zimmer zu sitzen und mich gegen Nachmittag mit dem süßen Wolf zu treffen.

„Ist dir nicht kalt? Du und dein Rudel müsst doch sicherlich im Wald schlafen, nicht war? Ich würde mir während dieser Jahreszeit nur den Hintern abfrieren... Die Gedanken daran lassen mich schon vor Kälte erzittern..." Schnaufend ließ ich vom Wolf ab, da ich bis vor kurzem durch sein Fell gestrichen hatte. Das war zu einer art Angewohnheit geworden die ihm anscheinend nichts ausmachte. Ich griff wieder in meine Tasche, welche direkt neben mir und Karamelldrop auf dem Boden lag und nahm die noch warme Tupperdose heraus. Mein Magen Knurrte schon und das schien auch der Wolf auf meinem Schoß bemerkt zu haben, da er dabei mit seiner Schnauze immer wieder gegen meinen Bauch stupste. Lachend und nach dem wahrscheinlich zehnten Stupser erbarmte ich mich also dazu mein mitgebrachtes Essen zu verspeisen.

Gefühlt vier Stunden saß ich daran mir Tunfisch Pancakes zu machen. Zuvor hatte ich mich nie wirklich um mein essen gekümmert, doch seit ich bei Mr. Jeon wohnte war ich ab nachmittag wohl oder übel auf mich alleine gestellt. Da er um 15 Uhr schon los fuhr um Pünktlich um siebzehn vor dem Krankenhaus zu stehen hieß es für mich alleine Abendessen zu machen. Dementsprechend waren meine Kochkünste und ich entschied mich immer wieder für die einfachen Dinge für die meine Mutter meistens nur ne halbe Stunde gebraucht hatte. Ich hingegen hing für diese läppische Beilage über zwei Stunden vor dem Herd, da mir die ersten zehn Stück aus irgendeinem Grund verbrannten. Dann hab ich herausgefunden das man Öl benutzen und vor allem nicht auf Stufe 9 oder höher stellen sollte. Meine Mutter hatte keinen Induktionsherd, weswegen das alles noch schwerer schien als es eigentlich sein sollte.

Schnaufend stopfte ich mir einen der Tuna Pancakes in den Mund und kaute trotzig an dem überkochten Stück Ei und Fisch herum. Die Tupperdose lag neben Karamelldrop auf der Decke und somit unter der zweiten Kuscheldecke die ich um die Schulter geschlungen hatte. Es sah witzig aus wie sich der Wolf in dem kleinen Zelt bestehend aus mir und dem stück Stoff an mich kuschelte. Seine braunen Augen wanderten immer wieder zu mir hoch und erst als ich meinen blick von dem Wolf losriss um in den Himmel bestehend aus einem Blätterdach schaute, spürte ich wie sich der Wolf in seinem kleinen Nest regte. Als ich das zweite mal zu ihm runter sah hatte er eines der Tuna Pancakes im Mund und hielt ertappt in seinem Tun inne. Sein blick starr auf mich, so als ob er sich unsichtbar machen konnte. Dann verschlang er das Omelett schnell und leckte sich über die Schnauze.

Lachend strich ich dem Wolf durchs Fell. „Nimm ruhig. Ich hab eh zu viel gemacht, weil ich nicht wusste wie viel Hunger ich haben werde." Brummend verschwand die Schnauze des Wolfes wieder zur Tupperdose, wo er sich gleich zwei der Tuna Pancakes geschnappt hatte und verschlang. „Dir scheinen diese überkochten Dinger ja echt zu schmecken.", lachte ich erfreut auf und kraulte dabei sein Öhrchen. „Meine Mutter konnte die viel besser machen. Leider kann sie mir keine mehr mit in die Schultasche packen..."

Schnaufend strich ich mir durch die Haare und schluckte bei der Erinnerung an meine Mutter. Es machte mir zu schaffen zu wissen das ich sie nie wieder sehen würde. Sie war weg. Für immer. Ich wusste nicht mal wieso? Was hatte sie gemacht um so einen schmerzhaften Tod zu verdienen? Nichts! Sie hatte nie jemandem etwas böses getan. Sie war die einzige die sich um mich gekümmert hatte, egal was war. Der Wolf in meinem Schoß sah verwirrt zu mir auf, was mich melancholisch lächeln ließ. „Sie ist vor einigen Wochen gestorben. Das ist auch der Grund weswegen ich hier bei dir in Jeju und nicht zuhause in Busan bin." Lächelnd kraulte ich den Wolf, der stumm auf mein Hoodie starrte. So als ob er das gesagte erstmals verdauen musste. Verspürten Wölfe auch so etwas wie Mitleid? Wieso sah er nur so bedrückt aus?

„Das ist jetzt aber schon Wochen her wie gesagt. Jetzt wohne ich hier bei meinem Vater und werde mein bestes geben um ein neues Leben anzufangen.", fuhr ich also fort und versuchte mich damit selbst überzeugt zu bekommen. Ich wusste nicht wieso, doch fühlte ich mich bei dem Wolf auf meinem Schoß wohl. So als ob ich ihn schon seit Jahren kennen würde. So als ob er mein einziger, ehrlicher Freund auf Erden war. „Ich bin froh das ich so schnell einen Freund gefunden habe. Ich hatte anfangs ehrlich gesagt gedacht, das mich meine Vergangenheit aus Busan bis hier her verfolgen würde und ich wieder Opfer von Mobbern werde, aber ich hab aus irgendeinem Grund das Gefühl das es dieses mal nicht so werden wird." Kurz legte ich eine Pause ein und genoss die Ruhe, fuhr dann aber wieder fort, die Augen noch immer geschlossen.


„Aber jetzt wo ich dich habe mache ich mir kaum Sorgen darum. Auch wenn sich alles wiederhohlen wird, ist wenigstens einer da um mir beizustehen... oder? Wir sind Freunde, Kraramelldrop." Ich sah runter zum hellbraunen Wolf, welcher zustimmend nickte und sich weiterhin an meiner Brotdose vergriff, was mich schmunzeln ließ. „Wölfe sind so viel liebenswerter als Menschen... Vielleicht hätte ich früher hierher kommen sollen, dann hätte ich vielleicht Freunde gefunden." Mit einem Tunapancake im Mund stand ich kurz auf, wobei Karamelldrop überrascht von meinem Schoß sprang und dehnte mich ein wenig. Ich kaute die Nebenspeise halbherzig klein und schluckte, während ich die Decke zusammenfaltete und in den Himmel sah.

„Weist du... Es gibt da etwas was ich bereue und mich bis jetzt noch wurmt." Die Sonne ging langsam unter und die Vorstellung das meine Mutter wahrscheinlich irgendwo dort oben im Himmel auf einer Wolke saß ließ mich ein wenig lächeln. „Als ich auf Mutters Beerdigung war, konnte ich nicht für sie weinen..."


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Lonely Wolf [bxb]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt