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Ich saß noch eine ganze Weile auf ihrer Bettkante und dachte fieberhaft über die Entscheidungen die ich für sie getroffen hatte nach. Solange bis meine Lider so schwer wurden, dass ich sie nur mehr schwer offen halten konnte und ich in den gegenüberliegenden Raum verschwand, der von nun an mein Schlafzimmer sein sollte. Das einfache Wort Ewigkeit bekam einen bitteren Beigeschmack von Ungewissheit.

Mit einem unbehaglichen Gefühl losch ich die Kerze auf meinem Nachttisch, nur um von der drückenden Dunkelheit wie ein Schleier, gefüllt mit endloser Trauer, umfangen zu werden. Eine Weile starrte ich mit leerem Blick an die Decke, während meine Gedanken in meinem Kopf umher spukten.

Das nagende Schuldgefühl lag wie eine schwere Last auf mir, von der ich mich nicht befreien konnte. Es drückte auf meine Brust und raubte mir die Müdigkeit. Seufzend schloss ich meine Augen. Durch die Schwärze kroch ein weißes Licht. Langsam und träge wuchs der Fleck und ich spürte eine wohltuende Leichtigkeit in meinen Körper fließen. Meine Gedanken entglitten mir und verschwanden in dem schier endlosen Weiß. Ich konnte das wehleidige Heulen des Windes hören, das aus dem unheimlichen Licht zu kommen schien.

Immer lauter wurde das Getöse und glich immer mehr einem verletzten Wolf, der seine letzte Kraft dazu aufbrachte den stummen Mond am Himmel anzuheulen. Eine beißende Kälte schlich sich in den Raum und kroch unter das Lacken das meinen Körper bedeckte. Zitternd stellte ich fest, dass das unbefleckte Weiß langsam mit Blutstropfen übersät wurde. Wie frisch gefallener Schnee an einem Jännermorgen sog es die dunkelrote Flüssigkeit auf.

Ich spürte wie ein Schatten in das Schlafzimmer kroch. Schleichend glitten seine dürren Finger über mein Gesicht, während mein angsterfüllter Blick auf den Blutstropfen ruhte. Leises, kaum verständliches Wispern in einer alten Sprachen drang in mein Bewusstsein vor. Ein kalter Schauder lief meinen Rücken hinunter, als das wehleidige Krähen eines einsamen Rabens, das vom Park heraufdrang, und sich in das gespenstische Heulen des Windes mischte. Wie gelähmt hielt ich meine Augen geschlossen und bewegte mich keinen Millimeter.

Die Berührung des Dämons, der im Schatten an meinem Bett lauerte, verblasste auf meiner Haut. Die flatternden Flügel des pechschwarzen Tiers schlugen plötzlich gegen das Fenster. Mein Herz begann wild zu rasen. Aus dem Weiß heraus lösten sich die feinen Umrisse einer schweigende Gestalt. Die Blutstropfen begann sich wie Regentropfen, die eine Fensterscheibe hinunter liefen, zu verbinden. Dunkelrote Zeichen übersäten die Gestalt am ganzen Körper und das seidene Gewand.

Der Stoff hing wie ein Kleid lose über dem Körper und wurde von einer winzigen, goldenen Nadel an der rechten Brust gehalten. Das rabenschwarze, lange Haar der Gestalt glänzte matt in dem dämmrigen Licht. In den dunklen Augen lag ein bedrohliches Funkeln. Das raue Wispern des Dämons erklang wieder aus allen Ecken des Raumes. "Osiris", raunte er fast ehrfürchtig in das Heulen des Windes hinein.

Die Gestalt neigte ihren Kopf ein wenig. Die Schriftzeichen verblassten langsam auf dem undurchdringlichen Weiß. Plötzlich bemerkte ich das Blut auf den geschlossenen Lippen, dass von den Mundwinkeln über das Kinn lief. Die schweren Tropfen landeten auf dem Gewand und der goldenen Nadel. Die Stimme des Dämons flüsterte ganz nah an meinem linken Ohr auf Englisch "Das Blut deiner Opfer, nährt die Königin deines Fluches".

Mit einem Schlag zerschmetterte das Bild vor meinen Innerem Auge in tausende Glasscherben. Die Angst raubte meinen Verstand und trieb mich in eine betäubende Bewusstlosigkeit, von der mich erst der Morgen erlösen würde.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt