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Jaronas empfing mich an der Tür und zwei Diener kamen um mir den Umhang abzunehmen. Jaronas skeptischer Blick über die Abwesenheit meiner Schwester bohrte sich in meinen Rücken, als ich nach oben verschwand.

Nach einem Glas von Scotch um mich zu wärmen, nahm ich ein Bad. Ich schloss die Augen und ließ das Wasser über meinem Kopf zusammenschlagen. Die Wärme drang auf meine Kopfhaut und ließ mich wieder zu Sinnen kommen. Bilder tauchten in meinen Gedanken auf, all das Elend der Gosse im East End und Whitechapel hatte ich diese Nacht gesehen doch nun schien es mir bedeutungslos und gewöhnlich.

Wie oft war ich durch diese Straßen gewandert auf der Suche nach einem Opfern und hatte mich nie an seinem Elend dabei stören lassen? Ich tauchte wieder auf. Das Wasser rann über meine Wangen blieb am Kinn hängen und tropfte dann hinunter. Zu oft um es aufzählen zu können.

Ich hörte Ellys Stimme gedämpft, sie war irgendwo im Haus. Ob es gleich neben an oder im anderen Flügel war konnte ich nichts sagen. Ihre Stimme klang heiser als sei ihre Kehle ausgetrocknet. Eine kurze Stille herrschte. Es durchzuckte meine Glieder als sie plötzlich einen schrillen spitzen Schrei von sich gab.

Man konnte ihre erschrockene Stimme im ganzen Haus hören als sie den Namen unseres Mentors rumschrie »Jaronas, Jaronas!« ihre laufenden Schritte hetzten in sein Arbeitszimmer »Jaronas!« flehte sie »Elenora was ist...« man konnte ein erleichterndes Seufzen hören »Ich dachte schon es wäre etwas schlimmes passiert.

Komm mit« nun hatte mich aber die Neugierde gepackt. Ich stieg aus dem Wasser trocknete mich ab und zog mich hastig an. Ich fand meine Schwester und ihn im Salon vor. Elly saß mit dem Rücken mir zugewandt »Was ist passiert?« erkundigte ich mich. »Lach nicht so blöd, Vincent« knurrte sie beleidigt »Mach ich doch gar nicht« ich zog meine Mundwinkel noch weiter hoch so, dass meine kleinen Reißzähne zum Vorschein kamen.

Es war ihr ganz recht geschehen. Wütend schlug Elly mit ihren kleinen Fäusten auf ein Polster »Jaronas, sag Vincent das er aufhören soll zu lachen« ich sah zu meinem Lehrer hoch. Jaronas blickte wiederum Elly an »Hört beide jetzt auf. Eleonora hat recht, du hattest die Verantwortung und hast sie einfach alleine in London zurück gelassen.

Sei froh, dass sie Joseph gefunden hat, bevor es einer der Jäger tat« Elly fand ihr schelmisches Lächeln wieder. Jaronas Miene entspannte sich für einen kurzen Augenblick »Vincent ich muss mit dir reden« ich sah ihn verwirrt an. Es schien, als wäre ihm plötzlich wieder etwas eingefallen »Jetzt« befahl er als ich keinen Anstand machte aufzustehen.

Ich wusste beim Besten Willen nicht was er von mir wollte. Wir gingen den Gang entlang und stiegen dann die Treppe hinauf. Als wir in den Nordflügel gingen beschlich mich eine Vermutung. Schließlich stand ich in seinem Arbeitszimmer.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt