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Lucien ging voran die Treppe hinunter. Aus Neugierde fragte ich unbeirrt weiter und versuchte nicht hinzufallen »Woher weißt du von dem Geheimgang hier?« »Jaronas hat in mir gezeigt, als er mich zu seinem Boten ernannt hat« »Warum sollte er ausgerechnet einem Boten von einem geheimen Gang erzählen der direkt in sein Arbeitszimmer führt?«, fragte ich skeptisch.

»Weil ich nicht nur sein Bote bin. Ich erledige auch von Zeit zu Zeit Sachen die keiner wissen soll für ihn und dadurch bin ich gezwungen hier oft ungesehen aus und ein zu gehen. Außerdem darf ich auch die anderen Vampire durch diese Gänge ausspionieren«. Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu »Du musst ja ziemlich neidisch auf mich sein« »Neidisch weil ich nicht Jaronas Brieftaube und Wachhund bin?«, Lucien blieb stehen, wandte sich zu mir um und lächelte selbstgefällig in meine Richtung.

»Nein, weil er mir alle Geheimhänge in diesem Anwesen gezeigt hat und dir nicht. Du bist wohl doch nicht sein Liebling«. Mit diesen Worten setzte er seinen Weg fort. Am liebsten hätte ich Lucien die Treppe hinuntergestoßen, aber er war meine einzige Chance aus der Betrunkenen-Leichtsinnigen-Schotten-Sache rauszukommen. Die Treppe endete abrupt vor einer hölzernen Tür.

Lucien blies die Kerze aus und warf sie achtlos zu Boden. Das noch heiße Wachs spritzte an die rauen Steinwände. Wir standen nun im völligen Dunkeln. Ich hörte Luciens Atem und ein leises Knarren. Ein schwacher Lichtstreifen bahnte sich einen Weg zu meinen Füßen. Vorsichtig lugte Lucien durch den winzigen Spalt in den Salon. Als er sich ganz sicher war, dass niemand dort war öffnete er die Geheimtüre zur Gänze.

Lucien ließ sich in einem der Sessel am Kamin nieder und zog die kleine Schatulle unter seinem Mantel hervor. Gemächlich, wie ein Fotoalbum, legte er die Schatulle auf seine Knie und öffnete sie in völliger Ruhe. Währenddessen hatte ich in dem Sessel gegenüber Platz genommen »Jeder dieser Schlüssel könnte es sein«. Lucien nahm einen silbernen Schlüssel heraus und widersprach mir »Nein, ich weiß genau nach welchem Schlüssel wir suchen«.

Verwundert musterte ich ihn »Und woher?«. Lucien legte den Schlüssel wieder zurück in die Schatulle und nahm einen anderen, fast gleich aussehenden, heraus. »Es war früher mein Zimmer«, erklärte er während er den Schlüssel genau in Augenschein nahm. Schließlich schloss Lucien die Schatulle und ließ den silbernen Gegenstand in seiner Westentasche verschwinden. Wie aus dem Nichts heraus warf Lucien die Schatulle im hohen Bogen in meine Richtung. Völlig perplex fing ich sie im letzten Moment mit beiden Händen auf.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt