93

16 3 0
                                    

»Du bringst sie zurück in Jaronas Arbeitszimmer. Ich werde währenddessen nachsehen ob die Versammlung noch läuft«, Lucien stand auf und ging zur Tür. Bevor er auf den leeren Gang hinaus trat fügte er noch hinzu »Wir treffen uns vor Jacks Zimmer«.

Ich hielt die Schatulle noch in derselben Position wie ich sie gefangen hatte und starrte sie ungläubig an. Ich konnte sie nicht zurückbringen. Was ist wenn die Person von vorher noch dort war? Wenn es sogar Jaronas gewesen ist und das Fehlen der Schatulle bemerkt hatte? Aber ich wusste, dass diese verdammte Schatulle jetzt mein Problem war und das ich sie schleunigst loswerden musste. Ich schlich also die Treppe hoch und zuckte bei jedem Geräusch zusammen, weil ich Angst hatte, dass jemand mich mit der Schatulle erwischen würde.

Ich schaffte es ungesehen zu Jaronas Arbeitszimmer zu gelangen und legte mein rechtes Ohr an die Tür. Ich lauschte genau in das Innere des Raumes hinein und war mir nach wenigen Sekunden sicher, dass niemand dort war. Als ich das Zimmer betrat atmete ich erleichtert auf. Ich ließ die Tür weit genug offen um genug Licht zu haben den Schreibtisch zu finden und die Schatulle in die Richtige Schublade zurück zu legen.

Mein wild pochender Herzschlag beruhigte sich erst wieder als ich die Tür hinter mir schloss und erleichtert mit dem Rücken gegen die Wand sank. Mühevoll brachte ich meinen unregelmäßigen Atem unter Kontrolle. Jede Faser meines bebenden Körpers war angespannt. Mit letzter Kraft schleppte ich mich zu Luciens alten Schlafzimmer. Ungeduldig drehte er den silbernen Schlüssen erwartungsvoll in seinen hageren Händen »Endlich«, schnaubte er leise. Kopfschüttelnd beobachtete ich wie er die Tür aufschloss.

Das leise Klicken hallte unnatürlich laut von den Wänden des Anwesens wieder. Eine Gänsehaut sträubte sich über meinen Arm hinauf, bis zu meinem Nacken. Mit einem unbehaglichen Gefühl trat ich hinter Lucien in die pechschwarze Dunkelheit des Raumes. Meine eisblauen Augen versuchten etwas in der Schwärze auszumachen. Nur das schwere Atmen von Jack war zu hören.

Ein Streichholz zischte beim Entzünden und eine orangene Flamme tänzelte um das kleine Stück Holz, das Lucien langsam zum Docht einer Kerze führte. Ich spürte eine eisige Kälte auf meiner Haut, als ich es wagte meinen gesenkten Blick zu heben. Jacks dunkle Augen glänzten matt im Licht der Kerze, die Lucien schweigend auf einen kleinen Tisch am Rande des Zimmers stellte. Wie ein wildes Tier, das aufgescheucht worden war, wich Jack instinktiv in eine Ecke des Raumes zurück.

Sein lockiges Haar hing in losen Strähnen in sein blasses Gesicht. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle. Verunsichert schloss ich hinter mir die Tür, ohne den Blick von Jack abzuwenden. »Wer ist das?«, verlangte er aufgebracht zu wissen. Ich öffnete meinen Mund, um Jack alles zu erklären, aber er schoss im selben Moment nach vor und packte mich an beiden Armen. Seine Stimme klang gedämpft

»Seid ihr hier um mich...«, sein aufgeschreckter Blick schweifte zu Lucien »Um mich zu töten?«, ich löste mich schweigend aus seinem verzweifelten Griff. »Nein«, wandte sich Lucien zur Wort. Auf seinen Lippen lag ein amüsiertes Lächeln »Heute ist dein Glückstag«. Entgeistert wich Jack von mir. Sein suchender Blick schweifte unruhig im dämmrigen Raum umher.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt