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Die orangegelben Flammen flackerten plötzlich auf. Es war kein harmloses, schwaches Zucken, sondern mehr wie wenn ein unsichtbarer Sturm der an ihnen wild riss. Jaronas sah kurz auf, im selben Moment legte sich das Flackern. Ich konnte schwören, dass er lächelte, als er sich wieder dem Buch zu wandte. Ich fröstelte leicht. Die Temperatur im Raum war deutlich gefallen.

Es schien als wäre die Kälte der Winternacht durch die Spalten der Fenster ins Innere gekrochen, während ich durch das unheimliche Zucken der Flammen abgelenkt gewesen war. Unheimlich, aber ich habe nie an Magie geglaubt. Ich weiß das hört sich verrückt an, denn durch welche Macht sollte ich dann wohl sonst so lange auf dieser Erde wandeln, wenn nicht durch sie? Ich glaube genau so wenig an Gott wie an diese Zauberei.

Ich wurde im streng katholischen Glauben erzogen, doch ich habe nicht das geringste für die Kirche übrig. Das erste Mal habe ich diesen sündigen Gedanken im Kopf gehabt als ich wie schon oft nachts, damals mit gerade mal neun Jahren, hungernd und frierend auf dem kalten, harten Boden zusammengekauert versuchte einzuschlafen. Es gibt keinen Gott, genau so wenig wie es Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt.

Es gibt auch keine Magie, nur Zufälle und Tricks die uns auf die naivste Weise beeindrucken. Aber was halte ich dann für den Grund, wenn weder Gott noch Magie existieren? Das Gift des Vampirs ist eine Krankheit. Kein Geheimnis, kein Fluch und keine Gabe. Eine lästige Krankheit. Irgendwann vor langer Zeit, so glaube ich, kam sie aus dem nichts und wütet seitdem her in dem Blut der Untoten.

Ich habe Jaronas schon oft nach dem Ursprung gefragt, aber er wich immer aus und versuchte das Thema zu wechseln. Einmal hatte er nur darauf zurückgefragt, was ich denn glaubte. Wie ich mir die Entstehung vorstellte. Ich erklärte ihm dasselbe, dass es eine Krankheit sei.

Daraufhin hatte er nichts gesagt. Vielleicht habe ich ihn damals enttäuscht. Er hätte sich sicher mehr von einem jungen Vampir erhofft. Etwas völlig Absurdes und Mystisches vielleicht. Die lodernden Flammen des Kaminfeuers wurden schwächer.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt