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Der dichte Nebels bot Jaronas eine Art Leinwand. Sein Blick huschte unruhig über das monotone Grau auf der Suche nach noch mehr Erinnerungen. Nach verblassten Einzelheit die die Zeit, über Jahrhunderte hinweg, achtlos aus seinem Gedächtnis gelöscht hatte.

Als erhoffe er sich irgendwo in diesem schier endlosen trübsinnigen Schleier sie zu finden. Der Wind war mitsamt dem Regen zu einem Herbstgewitter übergegangene. In der Ferne rollte ein Donnerschlag über das Land. Die Kerzen begannen zu flackern und warfen tänzelnde verzerrte Silhouetten gegen die Wand. Mich fröstelte.

Jaronas starrte noch immer wie gefesselt aus dem Fenster. Sein Blick war noch kälter als sonst. Seine graublauen Augen spiegelten nicht das geringste wieder. Es waren weder die Augen eines Lebenden, noch war der glasige Schein von denen eines Toten darin zu sehen. Als ein weiteres Donnergrollen, nun näher als zuvor, zu hören war überkam mich der absurde Gedanke das ihr Geist hier war.

Ich stand leise auf und machte mich daran einen weiteren Leuchter mit Kerzen zu entzünden. Plötzlich begann Jaronas leise mit rauer Stimme zu sprechen »Ihr Name war Helena«. Ein Schauer lief meinem Rücken hinab. Mir fiel fast die Kerze aus der Hand. Hastig stellte ich den Leuchter zurück auf den Tisch. Jaronas drehte sich um und sagte fast lautlos »Sie war eine gute Seele«.

Erst jetzt wurde mir klar wie komisch diese Worte aus seinem Mund klangen. Irgendwie unheimlich, als würde sie ein Fremder mit Jaronas Stimme sagen. Der kalte, herzlose Vampir kehrte jedoch schneller zurück als erwartet. In seinen Augen flammte wieder der dämonische Glanz auf. Mein Herz pochte immer noch wie wild gegen meine Rippen.

Das wilde Flackern der Kerzen legte sich. Ein Blitz kroch über den dunklen Himmel gefolgt von einem dumpfen Donnerschlag der das wilde Prasseln des Regens verschluckte. Keiner von uns beiden brachte ein Wort über die Lippen. Ich stand wie versteinert, völlig fassungslos und mit zittrigen Knien, noch immer an dem Tisch mit Kerzen. Die in Dunkelheit getränkten Zimmerecken erschienen mir in diesem Moment gespenstisch. Das grelle Weiß eines Blitzes erhellte den Raum, so dass die Schatten für den Bruchteil einer Sekunde wichen. Als ein weiteres Grollen des Donners ertönte, wieherten vor dem Haus verängstigte Pferde.

Eine Männerstimme versuchte sie zu beruhigen, eine andere befahl barsch sie in den Stall zu bringen. Unten in der Eingangshalle wurde die Tür zu geschlagen. Ich vernahm Stephans leise Begrüßung. Die Stimme fluchte kurz über das Wetter, als hätte sie Stephan gar nicht gehört und verlangte dann auf der Stelle Jaronas zu sehen.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt