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Und erst der Schwachsinn über die Kräfte die im Blut lagen! Ich hätte mich totlachen können. Erstens, Vampire waren nicht so stark wie es bis heute die albernen Legenden erzählten. Wir besaßen keine übernatürlichen Kräfte. Und zweitens war auch jeder Mensch schwach und müde wenn er an Blutverlust litt. Ich spürte wieder dieses brennende Gefühl in meinem Hals.

In mir tobte das wilde Verlangen frei zu kommen und den erst Besten zu töten der mir in die Quere kam. Ich hörte Jacks Schritte auf der Treppe. Ich begann wie wild an den Fesseln zu zerren. Ich wollte endlich frei kommen! Jede weitere Minute die ich hier verbrachte war ein tödlicher Fehler für Jack und seine Familie. Die Tür ging auf und Jack trat mit einem verbitterten Gesichtsausdruck ein. Er war verärgert.

Doch als sein Blick auf mich fiel, erhellten sich seine Gesichtszüge und er sagte fast lachend »Versuchst du etwa frei zu kommen?«, ich gab meinen Widerstand gegen die Fesseln auf. Das raue Seil war zu fest verknoten. Verärgert wandte ich mich von ihm ab und sah aus dem Fenster. »Wie lange bin ich schon hier?« Jack nahm eine Jacke vom Stuhl, und während er sie sich überzog antwortete er »Du hast den ganzen Tag verschlafen«.

Ich war verwirrt, so lange? »Wo willst du hin?« wollte ich wissen als er wieder dabei war zu gehen. Er gab mir einen kurzen Wink mit der Hand der so viel heißen sollte wie ,,Brauchst du nicht zu wissen, wir sehen uns später'' und schloss die Tür von außen ab. Nachdem ich Jack ein paar Mal verflucht hatte versuchte ich noch einmal die Fesseln zu zerreißen. Ohne Erfolg. Schließlich begann ich zu probieren mich irgendwie raus zu winden, doch auch diesmal blieb mir die Freiheit verwehrt.

Meine Wut verwandelte sich langsam in Verzweiflung. Plötzlich flackerten Bilder vor meinem inneren Auge auf: die Jäger in diesem dunklen Verlies. Der Geruch von Tod und Verwesung. Das Rascheln der Ratten im Stroh das auf dem Boden der Zelle lag. Ich schüttelte den Kopf um meine Gedanken von diesen Trugbildern frei zu bekommen. Ich bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Was war wenn Jack losgegangen war um sie zu holen? Um mich wieder in diesen dunklen Kerker zu verbannen?

Nein, das konnte nicht sein. Warum sollte er seinen einzigen Beweis für die Glaubbarkeit seines Artikels wieder hergeben? Aber die Panik ließ sich nicht abschütteln. Sie hatte mich aus dem Nichts heraus gepackt und machte keine Anstände um mich je wieder los zu lassen. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn.

Ich musste mich beruhigen. Als ich meine Augen schloss spürte ich wie mein Herz in diesem schrecklichen Tempo ununterbrochen schlug. Ich amtete tief ein und wieder aus. Das Pochen wurde langsamer, aber nur ein klein wenig. Ich begann mich an Dinge zu erinnern die irgendwo in meinen Erinnerungen verloren gegangen waren. Unwichtige, aber dennoch beruhigende Szenen aus meiner Kindheit.

Als ich mich schließlich an eine Schneeballschlacht zurück erinnerte durchfuhr es mich wie ein Blitz. Ich dachte an die Kälte, an den Schnee und an die vereisten Straßen. Ja, Kälte und Schnee. Die Nacht meiner Verwandlung. Jaronas, der alte Unsterbliche. Ich hatte ihn zum Esten Mal an jenem Tag gesehen an dem ich wie immer meinem Vater den Korb mit dem Essen gebrachte hatte.

Ich trug ein Messer zur Verteidigung bei mir als ich mit Elly durch das Gassengewirr zu St. Pauls Kathedrale ging. Das Messer das ich immer bei mir trug, weil es meine Mutter von mir gewollte hatte. Genau wie jenes, dass ich seit der Gefangenschaft der Jäger bei mir trug. Ich riss die Augen weit auf. Das Messer! Ich versuchte meine Hände ein wenig nach vorn zu bewegen.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt