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Der Klang seiner schweren Schritte hallte an den kahlen Wänden wieder. Das rhythmische Geräusch drang durch die schwere Dunkelheit die endlos schien. Kälte. Sie lag in der Schwärze und kroch unter die Kleidung. Die Schritte verstummten. Ich horchte auf.

Mir war kalt und ich verspürte Angst. Ein heftiges Zittern schüttelte meinen Körper. Die Dunkelheit umhüllte mich wie ein Mantel aus schwererem Stoff. Nahm mir die Luft zum Atmen und erdrückte mich förmlich. Das alles hätte nie passieren dürfen, schoss es mir durch den Kopf. Die Dinge zerbrechen so leicht, wenn sie mit Lügen zusammengehalten werden.

Sie zerbrechen und schneiden dich. Und am Ende verblutest du an dem noch so harmlosesten Schnitt.  Lügen waren verdammt gefährlich. Würde ich meiner Schwester je alles erzählen? Aber noch wichtiger erschien mir in diesem Moment die Frage, ob ich sie überhaupt je wiedersehen würde. Da sah ich den Jäger, der seine geschliffene Klinge anhob und mit einem dünnen Surren die Stille durchschnitt.

Ich rollte zur Seite und hörte das Klirren, als die Stahlklinge auf dem kalten, rauen Steinboden auftraf. Ich sah verängstigt nach oben. Mein Herz pochte wie wild. In der Dunkelheit blitze wieder das silbrige Glänzen des Schwertes auf. Der Jäger ließ ein weiteres Mal die Klinge auf mich herniedergehen. Er traf. Der höllische Schmerz durchzuckte meine Brust wie ein loderndes Feuer, das in mir entfacht worden war.

Für den Bruchteil einer Sekunde wurde mir schwarz vor Augen. Ich legte meine Hände auf die Klinge um das Schwert herauszuziehen. Doch es verharrte hartnäckig in seinem fleischernen Köcher. Ich biss die Zähne zusammen und sah nach unten. In der makellosen Spiegelung des Silbers konnte ich meine eisblauen Augen sehen. Sie waren mit Tränen gefüllt. Über den kalten Stahl rann mein Blut. Ich versuchte zu Atmen, doch nur ein schwaches Seufzen drang kaum merklich über meine Lippen.

Ich spürte wie der Jäger das Schwert am Griff packte und es mit einem Ruck herauszog. Plötzlich spürte ich wie heißes Blut meine Kehle hochkroch. Auch mein schneeweißes Hemd wurde in dunkles Rot getränkt. Mein Kopf wurde unnatürlich schwer. Völlig entkräftet und von heftigen Schmerzen ergriffen lag ich auf dem rauen Boden in einer wachsenden Blutlache.

Das Stechen in der Brust ließ nach. Ich versuchte nur noch zu atmen, aber ich erstickte an meinem eigenen Blut. Ein immer heller werdendes Licht breitete sich über mich aus. Und irgendwo zwischen Wahnsinn und Angst verspürte ich auch einen Hauch Frieden. Mit einem letzten kläglichen versuch mich gegen den Tod zu wehren, schwanden meine Schmerzen.  Ich fühlte nicht einmal mehr meine Arme und Beine.

Das grelle Licht schwoll immer mehr an und blendete mich. Ich kniff die Augen zusammen uns sah die verschwommenen Umrisse zweier Personen. Das Licht wurde immer greller. Von weit weg und mit vertrauter Stimme flüsterte die Linke »Es ist noch nicht an der Zeit nach Hause zurück zu kehren«. Ich streckte meinen Arm den beiden Silhouetten entgegen.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt