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In diesem Moment beschlich mich erst die Vermutung seines absurden Vorhabens. Mit erstickter Stimme, ohne dass ich mir dessen bewusst war, sprach ich meine Gedanken laut aus »Du willst Kate verwandeln«. Jacks Wangen nahmen eine leichte Röte an »Selbst, wenn, es ist meine Sache«, erklärte er hastig und eilte an mir vorbei, die Treppe hinunter.

Meine Erkenntnis fesselte mich an meinen Standpunkt. Regungslos starrte ich zu Boden und ließ mir das ganze Gespräch noch einmal durch den Kopf gehen. Mit einem Schlag riss ich meine Augen weit auf, stürzte förmlich die Treppe hinunter und hastete aus dem Anwesen. Begleitet von einem leisen Fluchen, dass es immer noch wie aus Eimern schütttete, überquerte ich den Vorplatz.

In meiner Eile überrannte ich fast Fox, als ich den Stall betrat. Sein echter Name war eigentlich Pete, aber wegen seinen feuerroten Haaren nannten wir ihn alle nur Fox. Der zwölfjährige Junge des Stallmeisters wich mir eschrocken aus. »Ist der junge Schotte hier?«, verlangte ich ungeduldig von ihm zu wissen. Völlig überrumpelt nickte Fox und deutete zum Ende des Stalls »Ja Sir. Außerdem ist Mr. Asbury bei ihm«.

Überrascht eilte ich nach hinten und fand die beiden in einer Unterhaltung, über die gestrige Nacht, vertieft vor. Zögerlich musterte ich die beiden eine Weile, ehe Jaronas mich bemerkte. »Vincent«, begrüßte er mich »Du bist, wie mir scheint, endlich wieder bei klarem Verstand«. Verwirrt legte ich meinen Kopf fragend schief »Inwiefern?«.

Jaronas ernster Gesichtsausdruck erhellte sich ein wenig »Gestern Abend schienst du... nun ja, ein wenig abwesend. Selbst auf die Worte deine Schwester hast du nicht mehr reagiert«. Ich strich erschöpft durch meine Haare »Ja, ich war... ich war ein wenig...« »Überfordert mit der ganzen Situation«, half Jack mir grinsend auf die Sprünge. »Immerhin war es deine erste Verwandlung, wie Jaronas mir gestern Abend erzählte«, allmählich dämmerte es mir.

»Er hätte es selbst fast nicht geglaubt, wäre ich nicht der lebende Beweis dafür«, fuhr er fort. Jaronas nickte »Ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel, aber schlussendlich zählt nur, dass du deine Lektion gelernt hast«. Auch wenn seine Worte lobend klangen, wusste ich dennoch, dass er argwöhnisch über den gestrigen Abend war.

Immerhin war es kein Geheimnis, dass Lucien zusammen mit mir von der Versammlung verschwunden war. »Wie auch immer«, erklärte Jaronas »Es ist an der Zeit, zur nächsten Aufgabe überzugehen. Du wirst Jack nach London begleiten und ihm zeigen, wie es ist zu jagen«. Entgeistert entgegnete ich darauf »Warum ich?« »Weil er nun dein Schützling ist«, erklärte Jaronas ruhig und verschränkte die Arme hinter dem Rücken »Du wirst ihm alles lehren, was ich die gelernt habe«.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt