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Die dichten, grauen Nebelstreifen am Morgen zogen sich trostlos durch den verwüsteten Park. Es glich der Szenerie eines furchterregenden Schauspiels, so wie die blattlosen Bäume wie fleischlose Skelette in den tristen Himmel empor ragten. Auf den umgefallenen Stämmen hatten sich tiefschwarze Krähe niedergelassen, die spöttisch krächzten.

Nur ungern löste ich mich von meinem Platz am Fenster und spürte die beißende Kälte der Steinmauern, die mich umgaben. Mit steinerner Miene verließ ich das Zimmer und geisterte ziellos durch die leeren Gänge des Herrenhauses. Das Feiern der letzten Nacht würde die meisten Unsterblichen erst zur späten Mittagszeit mit dröhnenden Kopfschmerzen erwachen lassen.

Lautlos durchquerte ich die Galerie und musterte die strengen Gesichter der Gemälde. Alles fremde Sterbliche, die eine falsche Familiengeschichte den wenigen Besuchern aufzeigen sollten. Die dunklen Farben glänzten matt im Licht des anbrechenden Tages. Mit verschränkten Armen irrte ich weiter in den vorderen Südflügel der oberen Etage.

Die Schlafzimmertür von Jack war nur leicht angelehnt und ich hörte sein leises, trockenes Schnarchen bis zum Ende des Flurs. Neugierig schlich ich darauf zu und stieß sie lautlos zur Seite. Jack saß schlafend in dem Sessel nahe des Kamins, dessen Glut nur noch ein Häufchen Asche war. Mein Blick wanderte zu seinem Bett hinüber.

Kate lag schlafend und regungslos in die weichen Kissen und Lacken gebettet. Ihre schwarzen, langen Wimpern zitterten ein wenig, als sie die Augen öffnete. Ihr müder Blick wanderte zur Tür. Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf ihre roten Lippen, als sie mich bemerkte. »Mr. Bates«, flüsterte sie heiser »Ich weiß nun warum Jack Ihnen vertraut«, erklärte sie angestrengt. Sie streckte ihre Hände nach mir aus, als Zeichen, dass ich näher kommen sollte.

Ich war mir dessen unsicher und warf einen Blick auf Jack. »Er wird nicht aufwachen«, versicherte Kate. Schließlich kam ich ihrer Bitte nach und setzte mich auf die Bettkante »Sie wissen also, was letzte Nacht geschehen ist?«, fragte ich leise.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt