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Sie nickte stumm und verschwand nach oben in ihr Zimmer. Der Kampf war eröffnet. Seine Lippen bebten, als hätte er tausend Sachen die er mir an den Kopf werfen wollte, aber nicht recht wusste wo er anfangen sollte. Ich drehte mich zu ihm hin und war bereit für den Streit und seine Vorwürfe.

»Du weißt das Liebesaffären zwischen Vampir und Mensch verboten sind«, ich sagte kein Wort darauf. Seine Stimme klang kalt und rau. »Jeder da draußen könnte unser Feind sein, Vincent«, er wandte den Blick von mir ab. »Die Jäger haben uns gefunden...« »Ich weiß«, unterbrach ich ihn. »Das werden sie immer. Egal wo wir uns auf dieser Welt verstecken oder wie lange es dauert«, erklärte ich verärgert über diese traurige Wahrheit.

»Ja, aber wir können es hinauszögern, wenn wir vorsichtig sind« »Und was ist das für ein Leben?«, wollte ich wissen und starrte ihn verärgert an. Jaronas nahm das Buch wieder zur Hand. Er hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Damals, in London, diskutierte er lange und stur sinnig mit jedem bis man ihm recht gab, aber nun hatten auch ihn die Jahrhunderte alt gemacht.

Er war nur mehr ein Schatten seiner selbst. Ausgemergelt und erschöpft von der modernen Welt da draußen. Von dem Anführer eines mächtigen Zirkels, war nur mehr ein alter Mann mit ein paar treuen Anhänger übriggeblieben. Mein Lehrer seufzte leise »Die Frage ist nicht wie wir leben, sondern ob wir leben«, sagte er abschließend und schlug die Seite auf, auf der er aufgehört hatte zu lesen.

Eine Zeit lang starrte ich ihn nur wortlos an. Bis auf das Knistern des Feuers und dem Ticken der schweren Wanduhr war nichts zu hören. Nur, hier und da, gesellte sich das Rascheln des rauen Papiers dazu, wenn Jaronas umblätterte. Ich dachte über seine Worte nach und wandte meinen starren Blick dem Buch zu. Schwarze Tinte auf vergilbten Seiten, sicherlich schon mehrere Jahrhunderte alt, brannten sich in mein Gedächtnis ein.

Die Worte waren so schwungvoll und dicht an einander gegliedert, dass ich sie nicht lesen konnte. Hier und da mischten sich unter die Zeilen der unleserlichen Schrift Zeichen und Skizzen. Ägyptische Hieroglyphen, hebräische kurze Wörter und okkulte Symbole zierten die nächste Seite die Jaronas aufschlug.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt