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Jack seufzte genervt »Ich habe dir doch schon erklärt, dass ich bei Mr. Asbury als Buchhalter gut bezahlt werde«. Kate lachte »Ich weiß, wie so etwas endet. Heute versprichst du mir jeden einzelnen Schilling und morgen wirst du mich nicht einmal mehr kennen«.

Mit gesenkten Kopf trat Jack auf sie zu »Kate, du bist meine Schwester, ich würde dich niemals vergessen«. Darauf erwiderte Kate nur mit einem kalten Gesichtsausdruck »Du bist genauso ein gottverlassener Trinker wie unser Vater, Jack«. Beleidigt hob Jack seinen Kopf. Kate fuhr, als merke sie nicht wie verletzt ihr Bruder war, über den Rock ihres dunkelblauen Kleides »Du wirst mich auch verlassen.

Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche«. Ohne ein weiteres Wort schloss sie die Glastüren des Regales und ging in die Küche um den Tee für ihre Mutter zu holen. Jack schnaubte beleidigt »Diese herzlose Ratte von einer Schwester«, murmelte er, als sie in der Küche verschwunden war. »Jack, du weißt schon, dass ich dich noch immer hören kann, oder?«, fragte Kate vom Nebenzimmer aus.

Ihr Bruder wurde leicht rot. Mit einem belustigten Lächeln verließ ich den Salon »Nun dann, Jack«, verabschiedete ich mich boshaft »Vielleicht kommt ja Jaronas später vorbei und holt dich ab«. Ich zog meinen Mantel an. Er war noch immer völlig durchnässt. Mit entschlossenem Schritt kam Jack aus dem Salon und hastete die Treppe hoch »Ich bin gleich wieder da«, erklärte er mir hastig

»Ich muss nur noch ein paar Sachen holen«. Keine drei Sekunden später kam Kate mit dem Tee in der Hand um die Ecke geschossen »Jack!«, rief sie wütend »Komm sofort her!«. In ihrer Hektik übersah sie die unterste Treppenstufe. Samt der Teetasse aus hellblauen Porzellan stürzte sie. Geschickt fing ich sie noch rechtzeitig. Die Teetasse zerschellte am gefliesten Boden der Eingangshalle.

Das Klirren schien in diesem Moment wie das Läuten einer kleinen Glasglocke, dass durch das halbleere Stadthaus klang. Kate wirkte so zerbrechlich in meinen Händen. Vorsichtig zog ich sie zurück auf ihre Beine »Haben Sie sich verletzt, Miss Stewart?«, fragte ich besorgt. Mit einem erzürnten Schnauben schlug sie meine Hand weg »Sie können sich Ihr höffliches Getue sparen!«. Mit einem leisen Fluchen begann sie die Scherben aufzusammeln.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ich hilfsbereit. Kate sah kalt zu mir hoch »Bringen sie mir einfach den Besen aus der Küche«. Schweigend brachte ich ihn ihr. »Danke«, murmelte sie nun nicht mehr so gereizt. Zufrieden wartete ich auf Jack, dessen eiligen Schritte bereits die Treppe hinunterpolterten. Amüsiert lehnte ich mich gegen die Garderobe. Es würde noch ein sehr, sehr langer Vormittag vor mir liegen, dachte ich belustigt, während Kate den Besensteil fester umschloss und ihn drohend Jack vor das verdutzte Gesicht hielt.

Die gläserne UnsterblichkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt