Teil 12

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RIKU

Endlich,nach einer gefühlten, kleinen Ewigkeit findet er seine Stimme wieder. „Ich hab damals wegen ihr aufgehört, Rick." Ich muss die Worte erstmal sacken lassen,bevor sie richtig ankommen und ich ihre Bedeutung verstehen kann. „Du hast was?" Er holt tief Luft, nimmt einen riesengroßen Schluck aus der Flasche und stellt sie wieder ab. „Etel wollte, dass ich mit Sunrise Ave Schluss mache. Sie hat mich unter Druck gesetzt. Entweder sie oder die Band. Ich hatte solch eine Angst, sie zu verlieren. Sie hat mir immer wieder gesagt, dass sie keinen Vater für ihre Kinder will, der über 300 Tage im Jahr auf Tour ist und nie da ist und dass ich ja schließlich schon über 40 sei und ob ich noch älter werden wolle,bevor ich endlich eine Familie gründe. Und ich war so verliebt, weißt du. Wir waren ja auch glücklich und ich hatte solche Angst, sie zu verlieren. Da hab ich euch was vorgeschwindelt und euch gesagt, als wir hier bei mir am Küchentresen gesessen haben, dass ich das alles mit nicht mehr kann mit de rBand und dass mir das alles zu großen Druck macht." Jetzt laufen Tränen der Verzweiflung seine Wangen herunter und ich lasse mich in die Lehne des Stuhls sinken,auf dem ich sitze. Ich kann das alles irgendwie nicht fassen. Diese kleine braunhaarige Person hat den Lebenstraum und die Arbeit von 6 (wenn wir Mikko mal mit einrechnen) Menschen zerstört. Mir wird klar, welche Macht und welchen Einfluss sie auf Samu hat oder hatte und wie krass das alles ist. Ihretwegen haben wir mitten in der Produktion des sechsten Albums, in das schon eine Menge Zeit, Geld, Energie und auch unsere Kreativität geflossen war, aufgehört. Ich kann mich nicht dagegen wehren, eine unbändige Wut ergreift mich, obwohl ich ansonsten der friedfertigste und harmoniebedürftigste Mensch unter der Sonne bin, aber jetzt gerade habe ich das Bedürfnis, alles kurz und klein zuschlagen. Und ich möchte nicht wissen, wie Sami und die anderen Jungs reagieren,wenn sie das hier hören. Ich kann mir vorstellen, dass vor allen Dingen Mikko komplett ausrasten würde. Der hat immerhin damals zur Finanzierung des ersten Albums sein Haus verkauft, ist auf volles Risiko gegangen, um Samu's Lebenstraum wahr werden zu lassen und das ist jetzt der Dank für all das. Samu lügt uns allen eiskalt ins Gesicht, weil eine Frau es schafft, ihn dermaßen unter Druck zu setzen. Ich merke, wie heftig mein Herz schlägt und wie es mir heiß und kalt wird. Ich bin kurz davor zu explodieren. Schnell stehe ich auf und mir wird schon ein bisschen schwindelig. „Sorry, ich muss hier raus",stammele ich und renne förmlich aus der Tür. Ich schwinge mich in mein Auto und rase wie ein Irrer, obwohl es glatt auf den Straßen ist nach Hause. Zum Glück komme ich aber heil an, ziehe mir in Windeseile meine Sportsachen an und renne wie von der Tarantel gestochen um den kleinen See, der sich in der Nähe meines Hauses befindet. Weil es so kalt ist, brennen meine Lungen beim Atmen, aber das ist mir egal. Ich renne und renne, bis ich schließlich fast vor Erschöpfung vor meiner Haustür zusammenbreche und spüre, wie mir heiße Tränen die Wangen herunterlaufen. Das kann doch alles nur ein schlechter Albtraum sein. Warum kommt denn niemand und weckt mich auf? Warum? 

Do we love it enough to come back home?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt