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Mit Eve stehe ich etwas ratlos auf dem Flur vor Samu's Zimmer und fahre mir durch die Haare. Es bricht mir das Herz, Samu so zu sehen. Ich gehe zur Info, hinter der auch gerade der zuständige Arzt mit der Schwester etwas bespricht. Ich erkläre ihm mein Anliegen oder besser gesagt Samu's Anliegen. Der Arzt schaut mich etwas irritiert an. „Er will nach Hause? Normalerweise hätten wir ihn noch mindestens 2 Tage hierbehalten, er ist ja gerade mal wieder aufgewacht. Trauen Sie sich das denn zu? Er braucht wirklich absolute Ruhe, keine Aufregung, keine großen Erschütterungen, außerdem müssten sie übermorgen wieder herkommen, um die Wunde über dem Auge untersuchen zu lassen." Eve verfolgt die Bedenken des Arztes und guckt mich sorgenvoll an. Ich überlege einen Moment. „Ich schaffe das. Bitte Herr Doktor. Ich verspreche, mich gut um ihn zu kümmern. Er wird bei mir zuhause ruhig liegen und ich werde ihn nicht aus den Augen lassen. Ich verspreche es." Der Arzt atmet ein bisschen genervt tief ein. Sowas hat er bestimmt schon öfter gehört und es ist dann nicht gut ausgegangen. „Sie und Herr Haber selbst müssen unterschreiben, dass er auf eigene Verantwortung geht und dass sie der Ansprechpartner sind und sich um ihn kümmern." „Machen wir", sage ich schnell und bin erleichtert, dass ich nicht mit schlechten Nachrichten in Samu's Zimmer kommen muss. „Okay, wir bereiten alles vor, kann aber noch ein bisschen dauern." Ich nicke und lächle Eve an. Dann gehe ich wieder zu Samu ins Zimmer, wo er schon erwartungsvoll im Bett liegt und mich mit großen Augen ansieht. „Rick, kann ich nach Hause?" „Nein, nicht nach Hause Samu", sage ich bestimmt und ihm laufen sofort dicke Tränen über sein hübsches Gesicht. „Was?" flüstert er. „Du kommst zu mir, denn du kannst nicht allein bleiben. Ich muss unterschreiben, dass für dich verantwortlich bin und du musst auch gleich die Papiere unterschreiben. Sie bereiten gerade alles vor. Und Samu, du musst mir versprechen auf mich zu hören. Absolute Bettruhe ist angesagt. Keine Aufregung, kein durch das Haus turnen oder Gitarre spielen oder sonstige Aktionen." Er wischt sich die Tränen weg. „Versprochen", sagt er und kann endlich wieder ein wenig lächeln. Ich setze mich zu ihm auf die Bettkante und nehme ihn in den Arm. Sofort schlingt er seine Arme um mich. „Danke, Riku", sagt er erleichtert. „Du bist ein Engel." Ich nehme sein Gesicht vorsichtig in meine Hände und lege meine Stirn an seine. „Dein Engel, wenn überhaupt. Ich liebe dich so sehr, Babe, ich würde alles, wirklich alles für dich tun, das weißt du."

Eine halbe Stunde später kommt endlich die Schwester mit den erforderlichen Unterlagen zu uns. Auch Eve ist wieder ins Zimmergekommen. „Bist du sicher, dass das gut ist?" fragt sie skeptisch und guckt Samu an. „Mum, ich will hier weg. Ich halte es hier nicht aus. Ich kann hier nicht allein sein nachts. Ich brauche Riku bei mir. Ich kann nicht ohne ihn sein." Ich schmelze dahin bei seinen Worten und Eve seufzt tief. „Na schön." Die Schwester lässt uns unterschreiben und dann hole ich Samu's Anziehsachen für ihn ans Bett. Unter Schmerzen gelingt es ihm, sich mit meiner Hilfe anzuziehen. Er verzieht das Gesicht und leise Zweifel keimen in mir auf, aber ich habe es ihm versprochen. Als er fertig ist, holen wir einen Rollstuhl, mit dem wir ihm wenigstens bis zum Auto fahren wollen, damit er nicht laufen muss.„Muss das sein?" „Samu, du benimmst dich wie ein bockiges Kind. Jetzt setz dich da rein und lass dir helfen, sonst sorge ich dafür, dass du doch hier bleibst." Ich staune, wie Eve die strenge Mutter raushängen lassen kann. Das habe ich echt noch nie erlebt und muss auch ein wenig darüber schmunzeln. Widerwillig, aber stillschweigend lässt Samu sich vorsichtig in den Rollstuhl sinken und dann gehen wir endlich zum Auto. Vorsichtig helfe ich ihm beim Einsteigen und Eve fährt den Rollstuhl zurück zur Anmeldung. Dann verabschieden wir uns herzlich und sie fährt nach Hause. Ich eile um das Auto herum und setze mich hinters Steuer. Samu legt sofort seine Hand auf mein Bein. „Danke, Rick, für alles." Ich lege meine Hand auf seine. „Wir fahren jetzt nach Hause Babe. Ich kümmere mich um dich." 

Do we love it enough to come back home?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt