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SAMU

Osmo's Solo ist vorbei und es war wie immer wunderschön. Ich habe diese paar Minuten schon damals immer sehr genossen, ihm einfach gelauscht, in die Menge geschaut und mich von der Musik berauschen lassen. Ich trete wieder vorn ans Mikrofon, werde aber langsam nervös, denn Jukka ist noch nicht wieder da. Ich hoffe sehr, dass ich nicht gleich improvisieren muss, denn darin bin ich wohl nach dem ersten Konzert nach weit über 2 Jahren aus der Übung. Sami zählt an und ich vertrau ihm einfach mal. Ich schließe die Augen und höre die ersten Klänge des Gitarrenintros und atme innerlich auf. Jukka hat seinen Einsatz nicht verpasst. Nach den ersten 5 Sekunden kommt mir allerdings etwas komisch vor und mein Herz fängt wie wild an zu schlagen. Ich kann dieses Gefühl nicht erklären. Es ist, als würde Riku spielen. Es hört sich genauso an, wie bei ihm, dieses Gefühl beim Spielen. Ich kann das nicht beschreiben, er hat so eine Einzigartigkeit, wie er die Gitarre beherrscht. Intuitiv öffne ich die Augen und sehe, wie das Publikum noch mehr ausrastet, als in der ersten Hälfte der Show sowieso schon. Sie fuchteln wild mit dem Armen herum und zeigen auf die rechte Seite neben mir. Jukka steht noch immer nicht da, also drehe ich mich halb schräg um und verpasse fast meinen Einsatz. Auf einmal steht er da. Ich singe, meine Stimme zittert und meine Finger schaffen es kaum, die Begleitung auf der Gitarre zu spielen. Riku ist zurück gekommen.Mein Gefühl und meine Ohren haben mich nicht getäuscht. Ich habe es erkannt und jetzt blickt er mir geradewegs in die Augen. Er kommt mir beim Spielen Stück für Stück immer näher und anstatt an seinem Mikro zu stehen, ist er jetzt bei mir singt mit mir an einem Mikro die Backing Vocals. Ich kann seinen Atem fast auf meinem Gesicht spüren. Ich fühle, wie mir die Tränen in die Augen steigen und ich einen Kloß im Hals bekomme, aber ich muss mich jetzt zusammenreißen, hier mitten im Song, mitten in der ersten Show unserer Comeback Tour. Meine Beine drohen fast, mir den Dienst zu versagen, sie sind gummiweich. Am liebsten würde ich sofort die Gitarre in die Ecke feuern und ihn an mich reißen, festhalten und nie wieder loslassen. Warum ist er hier? Hat Mikko ihn bequatscht oder ist er zu mir zurückgekommen? Ich versuche in seinen Augen etwas zu erkennen, doch dafür ist der Moment viel zu kurz. Er geht wieder zurück auf seine Position und spielt weiter. Ich werfe einen Hilfe suchenden Blick zu Mikko, der seitlich an der Bühne steht und versuche, aus seinem Blick etwas zu erkennen. Er sagt etwas, formt Worte mit seinen Lippen und wenn ich sie richtig ablesen kann bedeuten sie. „Riku tuli takaisin. Kaikki on jälleen hyvin." (Riku ist zurückgekommen. Alles ist wieder gut). Mein Blick schnellt wieder zu Riku. Mir wird fast schwindelig und ich muss mich am Mikro festhalten, damit ich den Halt unter meinen Füßen nicht verliere. Riku spielt und singt und ich bemühe mich, den Song bis zum Ende professionell durchzuziehen. Als der Song zu Ende ist, brauche ich eine kurze Pause. Zwischen Beautiful und Afterglow steht zwar kein Talk mit dem Publikum auf der Setlist, aber das ist mir egal. Die Menge tobt, schreit: Riku, Riku,Riku. Er lächelt sein unvergleichliches Rikulächeln, mit dem mein Herz noch ein paar Takte schneller schlägt und wendet dann seinen Kopf zu mir. Sein Lächeln hört dabei nicht auf und er kommt auf mich zu, bis er ganz nah vor mir steht. „Rick", stammele ich leise, damit es niemand ausser ihm hört. Er kann die Unsicherheit und die vielen Fragen in meinem Gesicht erkennen. „Ich liebe dich, Babe", sagt er jetzt. Eine Träne der Erleichterung kullert über meine Wange.„Hey Leute, Riku ist zurück. Wir haben unseren Guitargod wieder", sage ich dann ins Mikrofon. Meinen Worten folgt ein tosender Applaus und Jubeln. Dann zählt Sami den nächsten Song an. 

Do we love it enough to come back home?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt