Teil 22

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„Lieber Rick, ich wollte dich nicht so sehr bedrängen mit allem. Es tut mir wirklich sehr leid. Vielen Dank für den wunderschönen Tag mit dir gestern. Samu."

Langsam lasse ich den Zettel sinken und spüre die aufsteigenden Tränen in meinen Augen. Ich lege den Zettel zurück auf den Tisch und laufe ins Gästezimmer. Dort finde ich ein gemachtes Bett vor, darauf liegen ordentlich zusammengelegt die Sachen, die ich ihm ausgeliehen habe. Ich fühle unter der Bettdecke, sie ist kalt, also muss es schon eine ganze Weile her sein, dass er gegangen ist. Ich nehme das T-Shirt, das er getragen hat und vergrabe meine Nase darin. Es duftet nach ihm. „Hapa", flüstere ich verzweifelt und nun rinnen mir die Tränen in Strömen über mein Gesicht. Er fehlt mir jetzt schon und ich vermisse seine Nähe so schmerzlich. Ich habe ihn mit meinem Sche...ß Verhalten vertrieben. Ich habe alles kaputt gemacht, nur weil ich mich nicht im Griff hatte. Ich gehe zurück in die Küche und versuche, ihn auf dem Handy anzurufen. Ich hoffe so sehr, dass er rangeht. „Komm schon, nimm ab", murmele ich vor mich hin, aber er meldet sich nicht. Was hatte ich denn auch erwartet, nachdem ich gestern Abend so blöd zu ihm war? Wütend auf mich selbst knalle ich das Handy auf die Arbeitsfläche und mache mir erstmal einen Kaffee. „Fuuuuck", schreie ich laut, um meinen Frust und meine Traurigkeit rauszulassen.

Erschöpft, übermüdet und gefrustet setze ich mich erstmal mit meinem Kaffee an den Küchentisch und überlege, wie es jetzt weitergehen soll. Übermorgen ist Heiligabend und ich habe eigentlich noch eine Menge zu tun, denn meine Eltern kommen zu Besuch. Also beschließe ich nach einem kurzen und knappen Frühstück, denn großen Appetit habe ich nicht, erstmal das Haus auf Vordermann zu bringen. Ich mache laute Musik an und putze alles von oben bis unten, das lenkt mich zumindest ein bisschen ab und körperliche Arbeit macht mich wenigstens kaputt, vielleicht kann ich dann heute Abend wenigstens etwas besser schlafen. Ich vergesse völlig die Zeit und bei meinem nächsten Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass es schon halb vier nachmittags ist. Wow, schon so spät? Draußen ist es schon fast wieder dunkel und mein Magen knurrt. Kein Wunder, ich habe den ganzen Tag nichts gegessen. Ich schiebe mir eine Pizza in den Ofen und gehe in der Zwischenzeit duschen. Frisch geduscht fühle ich mich etwas besser, aber ziemlich ausgepowert. Der Pizzaduft verteilt sich schon in der ganzen Küche. Ich setze mich an den Tisch und schaue nebenbei auf mein Handy, aber Samu hat sich nicht gemeldet. Allmählich mache ich mir Sorgen. Warum schreibt er nicht wenigstens eine Nachricht? Will er jetzt gar nichts mehr mit mir zu tun haben? Ich bin einfach nur noch traurig. Aus lauter Frust hole ich mir ein Glas Wein und trinke es in einem Zug leer. Weil ich so kaputt bin, merke ich relativ schnell die Wirkung. Sofort macht sich eine angenehme Schwere in meinen Knochen breit, aber dafür ist mein Herz nicht mehr so schwer. Als ich aufgegessen habe, ziehe ich mir ein T-Shirt und eine Jogginghose an und setze mich mit meiner Gitarre auf das Sofa und klimpere so vor mich hin. Ohne es zu merken, zupfen meine Finger ganz automatisch die Akkorde von „Afterglow", als mir bewusst wird, was ich das spiele, lege ich schnell die Gitarre beiseite. Ich werde schon wieder viel zu traurig.Vielleicht lenkt mich das Fernsehprogramm ja ab. Ich knipse irgendein Programm an, in dem so eine blöde Kuppelshow läuft. Normalerweise gucke ich so einen Blödsinn nicht, aber heute lenkt es mich ganz gut ab und ich lasse es einfach laufen. Ich mache mich auf dem Sofa lang und ehe ich mich versehe, bin ich auch schon eingeschlafen. 

Do we love it enough to come back home?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt