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Am nächsten Tag sind wir auf dem Weg zu meinem Haus, damit ich ein paar persönliche Dinge holen kann. Wir oder besser gesagt ich habe Glück. Etel ist nicht zuhause und so kann ich in Ruhe meine Sachen holen. Riku tritt durch die Tür und schaut sich unsicher um, so als ob er damit rechnet, dass sie doch noch von irgendwoher aus einer Ecke kommt. „Sie ist nicht da Rick, alles gut“, beruhige ich ihn und schon huscht ein Lächeln auf seine Lippen. „Kann ich dir was helfen?“ fragt er mich. Ich überlege kurz und nicke. „Wenn du meine Lieblingsgitarre und alles, was ich so brauche aus dem Studio holen könntest, wäre super.“  Niemandem sonst würde ich mein Allerheiligstes anvertrauen. Meine Musikinstrumente und vor allen Dingen meine Gibson, die mich nun wirklich schon seit Jahren überall hinbegleitet. Ich gehe erstmal nach oben ins Bad, packe dort alles ein, was ich so brauche, Zahnbürste, Duschgel, Deo usw. naja. Und dann hole ich meine große Tasche unter dem Bett hervor und schmeiße meine Lieblingsklamotten schnell rein. Boxershorts, Socken, T-Shirts, Hoodies und noch sonstige Pullis. Dann eile ich runter ins Wohnzimmer, wo Riku schon mit dem Gitarrenkoffer in der Hand steht und auf mich wartet. In dem Moment klickt der Schlüssel in der Haustür und Etel steht im Flur. Oh nein, das wäre ja auch zu schön gewesen. Sofort sackt mir mein Herz in die Hose. „Dass du dich hier noch her traust und dann auch noch mit diesem…diesem….“, sie sucht Luft schnappend nach irgendeiner Beschimpfung, die sie Riku an den Kopf knallen kann. „Vorsicht Etel“, gehe ich mit brummiger dunkler Stimme dazwischen. „Pass auf, was du sagst“, ich werfe ihr einen warnenden Blick zu. Wenn sie Riku beleidigt, dann weiß ich nicht, ob ich mich unter Kontrolle habe. „Außerdem ist das hier immer noch MEIN Haus, in dem DU wohnen darfst“, erkläre ich mit scharfer Stimme. Etel lacht höhnisch auf. „Noch, mein Lieber, ich habe dich gewarnt. Aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Du wirst schon sehen, was du dir eingehandelt hast. Du….“ Sie will noch weiter ausholen und ich fange innerlich an zu brodeln vor lauter Wut. Riku sieht das natürlich und guckt mich beschwichtigend an. Er muss nichts sagen, ich kann es in seinen Augen lesen. So gut kennen wir uns schon lange. „Wir gehen jetzt“, sage ich deshalb mit zusammengepressten Lippen und nehme meine große Tasche vom Boden hoch. Als wir fast schon die Tür geschlossen haben, ruft Etel uns noch hinterher. „Du hörst von unserem Anwalt. Wir sind noch nicht fertig, Samu Aleksi Haber.“
Als wir im Auto sitzen und aus der Einfahrt raus sind, fällt alle Anspannung von mir ab, aber ich habe auch Angst. Wirklich große Angst. Riku sieht, wie fertig ich bin und dass ich den Kopf hängen lasse. Behutsam legt er seine Hand auf mein Bein. „Hey Babe, Kopf hoch, wir schaffen das schon“, versucht er, mir Mut zuzusprechen, aber ich weiß, was mir jetzt blüht. Ein nervenaufreibender, monatelanger Rechtsstreit und der Streit um nicht weniger als mindestens die Hälfte meines Vermögens. Die Familie Röhr hat einen sehr guten Anwalt, den besten von ganz Helsinki. Es ist nicht so, dass ich mir keinen guten leisten könnte, aber dieser ist eben eine absolute Koryphäe und hat bisher noch keinen Fall verloren. Ich kann mich also gedanklich schon mal damit anfreunden, dass ich Jahre meines Lebens umsonst so hart gearbeitet habe und mein sauer verdientes Vermögen los bin. Wenn es richtig beschissen läuft, dann bin ich auch noch mein Zuhause los. Das sage ich auch Riku und Tränen laufen mir dabei die Wangen herunter. Ich bin am Ende mit meinen Nerven. Der Tag ist schlichtweg für mich gelaufen. Mit hängendem Kopf komme ich bei Riku wieder an und wir tragen meine Sachen in sein Haus, das jetzt auch für die nächste Zeit erstmal mein Zuhause ist. „Komm, wir trinken erstmal einen Kaffee.“ Riku schiebt mich in die Küche, wo ich mich mutlos auf einen Stuhl fallen lasse. „Riku?“ „Hm, was denn Babe?“ Ich muss lächeln, wenn er mich immer liebevoll so nennt. Ich mag das irgendwie. „Bist du sicher, dass ich hier bei dir wohnen soll? Ich mein, ich will dir nicht auf den Geist gehen, weißt du. Dann streiten wir uns auch noch…naja..weißt schon, was ich meine. Ich kann auch in ein Hotel ziehen oder meine Mum fragen und…“ Riku kommt zu mir und hockt sich vor mich hin. Er sieht mir tief in die Augen. „DAS kommt ÜBERHAUPT GAR NICHT IN FRAGE.“

Do we love it enough to come back home?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt