Niko:
Ich stand vor dem Spiegel und betrachtete mein Veilchen. Mein Auge war immer noch blau und geschwollen. Heute musste ich wieder ins Training. Um ehrlich zu sein hab ich keinen Bock, denn erstens begegne ich Ole, zweitens das Gespräch mit Dule und Ole danach und drittens mit dem Auge. Das kann doch schon nicht gut enden. Ich könnte mich auch einfach krank stellen. Aber irgendwie würde mich gerne interessieren, was Luki und Disse zu erzählen haben. Da ich zu neugierig war, was es gestern mit dem Foto auf sich hatte, entschied ich mich dann für die vernünftige Variante. Besser früher als später das klären. Also beeilte ich mich fertig zu werden. Ich war den ganzen Tag im Bett gelegen und hab Fernseher geschaut, mittlerweile war schon spät am Nachmittag. Wer holt eigentlich die beiden vom Bahnhof ab? Hingefahren hat sie Marko. Ich öffnete WhatsApp und schrieb Luki an.
N: soll ich euch abholen?
L: danke fürs Angebot ☺️ aber das macht schon Marko😉
N: und wann kommt ihr wieder?
L: voraussichtlich in einer halben Stunde
N: also kommt ihr rechtzeitig zum Training?
L: ja👍🏻
N: gut bis nachher ich muss mit euch reden
L: wie geht's eigentlich deinem Auge?
N: ihr wisst davon?
L: Dule hat es uns erzählt
N: siehst du ja dann nachher😜
L: 😂😂😂 ok bis dann
N: gute Fahrt in Zweisamkeit....
L: was denkst du von uns?
Dann legte ich mein Handy beiseite. Wenn ich jetzt Schminksachen hätte könnte ich versuchen, dass Auge unauffälliger zu machen. Doch ich hab weder Schminkzeug noch eine Freundin mit Schminkzeug. Also muss ich wohl oder übel so außer Haus. So werd ich garantiert auch keine Freundin finden, da ich ja aussehe wie ein Schläger. Bin ich das vielleicht auch? Ich meine ich hab ohne Grund auf Ole eingeschlagen und es nicht mal bereut. Ich verdrängte den Gedanken und ging ins Schlafzimmer zurück meine Tasche packen.
Disse:
Ich saß im Zug ans Fenster gelehnt und schaute aus dem Fenster und hörte auf einem Ohr Lukas Playlist mit an. Er hatte seinen Kopf auf meine Schulter gelegt und ich Augen geschlossen. Man könnte meinen wir wären einfach nur gute Freunde. Manchmal wünschte ich mir, meine Gefühle überall offen zeigen zu können. Mich der Öffentlichkeit so zu zeigen, wie ich wirklich bin. Die Idee mit dem Foto gestern war gut. Es fühlte sich so an, einen Teil einer Last abgelegt zu haben. Ich fühlte mich freier. Bis jetzt hab ich auch noch keinen einzigen Hasskommentar gelesen. Erstaunlich! Ich hätte mit mehr gerechnet. Anscheinend ist die Welt doch toleranter als ich dachte, oder zu feige. Ich starrte auf den großen Karton gegenüber von uns auf dem Sitz. Gestern Abend haben meine „Mutter" und ich ein ausführliches Gespräch geführt. Sie hat mir die Gründe erzählt, wieso sie mich adoptiert haben. Mittlerweile könnte ich sie verstehen. Sie haben nichts falsch gemacht. Zur Zeit ging die Wut eher an meine leibliche Mutter. Wieso hat sie mich im Stich gelassen? Wieso wollte sie mich nicht haben. Das einzige was meine Mutter erwähnt hatte war, dass sie sehr jung gewesen ist. Mittlerweile weiß ich so viel, dass sie Silke Hagen heißt und in Flensburg gewohnt hat. Meine Mutter hat keine Ahnung ob das heute noch immer so ist, da irgendwann der Briefwechsel abgebrochen ist und nur noch vereinzelt Briefe gekommen sind, die sie gar nicht mehr geöffnet hat. Sie hat mir den Karton mitgenommen, dass ich sie in Ruhe lesen kann und beide Seiten verstehen kann. Einerseits war ich gespannt, mehr über meine Mutter und meine Herkunft zu erfahren. Andererseits machte die Wahrheit mir Angst. Wer bin ich wirklich? Meinen Vater hat sie nicht erwähnt. Sie meinte dazu gab es nie eine Antwort. Ich war gerade mich daran zu überwinden den ersten Brief zu lesen, doch dann machte der Zuglautsprecher einen Strich durch die Rechnung. „Nächster Halt Kieler Hauptbahnhof. Endlich sind wir da! Die Zugfahrt zieht sich jedes Mal. Ich tippte Lukas an, der verschlafen die Augen öffnete und erstmal gähnte. „Und war meine Schulter bequem?", fragte ich. „Viel zu bequem", gähnte er zurück. Wir suchten unser Zeug zusammen und wartete bis der Zug zum stehen kam. An der Bahnhof Uhr erkannte ich, dass es halb fünf war. Noch eine halbe Stunde bis Trainingsbeginn. Am Bäcker blieb Lukas stehen und kaufte sich zwei Brötchen. Der Junge denkt auch nur ans Essen. Strahlend kam er wieder. „Jetzt können wir", sagte er und biss genüsslich in das belegte Brötchen. „Willst du auch ein Stück?", fragte er. Da ich zugeben muss auch etwas Hunger zu haben nickte ich und stellte den Karton ab. Lukas reichte mir das Brötchen und ich biss ab. Es schmeckte gut. Doch da ich wusste, dass er hungrig war überlies ich es ihm wieder. Ich nahm den Karton und es ging weiter Richtung Ausgang. „Siehst du Marko", nuschelte Lukas mit vollem Mund. Ich schaute mich um. Außer Taxis erkannte ich nichts. Wo bleibt der nur? Wir stellten unsere Sachen ab und setzten uns auf eine Bank. Dann erkannte ich eine Gestalt die mir bekannt vorkam mit den Armen wedeln. Rune? Wir liefen ihn entgegen. „Ich dachte Marko holt uns?", begrüßte ihn Lukas. „Der hat mir gerade geschrieben dass ihm noch was dazwischen gekommen ist", antwortete Rune. Wir luden unser Gepäck in seinen Kofferraum. „Unsere Trainingstaschen nimmt er aber schon mit?", fragte ich. „Ich denk schon", sagte Rune ahnungslos. Ich stieg auf den Beifahrersitz ein. Lukas quetschte sich auf die Rückbank. „Und wie wars in der Heimat?", begann Rune das Gespräch. „Bescheiden", sagte ich, „gestern Abend war aber schön", fügte ich schnell noch hinzu. „Was ist das eigentlich für ein Karton?", fragte Rune. „Privates", sagte ich ausweichend. Ich weiß, dass ich Rune vertrauen kann, aber ich wollte jetzt die Tatsache, dass ich adoptiert bin nicht an die große Glocke hängen.
Dule:
Nachdem Training winkte ich die vier Betroffenen zu mir. „Was ist eigentlich nochmal genau geschehen?", fragte Lukas. „Ole hat über euch abgelästert", beschuldigte ihn Niko. „Und du hast mir eine verpasst", brummte Ole. „Du mir doch auch", schrie Niko zurück und zeigte auf sein Auge. Geht das schon wieder los. „Weil du angefangen hast", gab Ole zurück. Sie waren schlimmer als Geschwister. Richtige Streithähne. „Weil du dich schwulenfeindlich geäußert hast", beschuldigte ihn Niko zurück. „Ich hab nichts gegen Schwule", schrie Ole wütend zurück. Da beide so laut sprachen, stand mittlerweile die ganze Mannschaft im Gang und betrachtete das Spektakel aus sicherer Entfernung mit skeptischen Blicken. „Aber gegen Lukas und Disse", schnaubte Niko wütend. Ole schaute genervt auf den Boden. Er war nervös. Was hat er nur gegen die beiden? „Sag ich's doch", triumphierte Niko. „Nein", schrie Ole wütend und bewegte sich gefährlich auf Niko zu, Ich wollte gerade dazwischen gehen, doch dann übernahm das Disse für mich. „Jetzt haltet eure verdammte Klappe! Seit ihr eigentlich dumm? Wisst ihr gar nicht, dass ihr hier die ganze Mannschaft kaputt macht. Seht ihr nicht dass ihr unsere Beziehung kaputtmacht. Ich liebe Lukas über alles, aber wenn deswegen die Mannschaft sich spaltet, dann verzichte ich eben auf mein Glück. Ich hab seit fünf Jahren keine Beziehung gehabt, einer zieht halt eben die Arschkarte. Mir tut es für Luki Leid, da wir gerade dabei waren uns was aufzubauen, doch wenn ihr euch deswegen prügelt, will ich nicht dran Schuld sein. Gut wenn ihr das wollt dann wars das jetzt eben, Lukas ich mach Schluss", sagte Disse überzeugt und nahm seine Tasche und ging Richtung Ausgang. Lukas stand fassungslos da und versuchte ihn aufzuhalten, doch die Tür fiel bereits krachend ins Schloss. Wortlos starrten wir ihm hinterher. „Ich hasse euch", schrie Lukas und rannte weinend davon. Gefolgt von Rune, der ihm besorgt nachging. „Guck mal was du angerichtet hast", schrie Niko Ole an. „Das ist Disses Schuld, ich hab nicht verlangt, dass sie sich trennen", schrie Ole. „Doch indirekt", gab Niko zurück. „Hättest du mich nicht geschlagen", entgegnete Ole schnaubend. Dann ging überall das komplette Choas los alle redeten durcheinander, beschimpften sich gegenseitig wegen allem möglichen. Es wurde alles zu viel für mich. Ich muss hier raus. Ich bin kein guter Kapitän. Ich merke immer erst zu spät, wenn alles den Bach runterläuft und reite sie dann noch tiefer in die Scheiße hinein. Wieso bin ich nur so inkompetent? Ich öffnete die Tür der Halle. Ein frische Abendwind wehte mir entgegen. Doch weiter kam ich nicht, denn dann würde alles schwarz um mich.
Rune:
Ich hetzte Lukas hinterher. Er rannte förmlich. Zumindest wurde er nicht langsamer, sodass ich aufschließen könnte. Bleib doch stehen, bitte Lukas! Mittlerweile war er schon Richtung Hauptstraße unterwegs. Er lief blindlings durch die Gegend. Dann bleib er endlich stehen. Meine Chance ich rannte auf ihn zu. Er ließ sich erschöpft an einer Hauswand hinunter gleiten. Ich setzte mich zu ihm und nahm das weinende Bündel in den Arm. Er heulte bitter vor sich hin. Dann meinte dass Wetter es auch gar nicht gut mit uns. Dieser Tag ist und bleibt einfach scheiße. Bevor wir beide uns noch eine Erkältung holen, half ich ihm hoch und zerrte ihn zurück zur Halle zu meinem Auto. Doch von weitem blieben wir wie geschockt stehen. Da stand ein Krankenwagen direkt vor der Halle. Um Gottes Willen, was ist jetzt bitte passiert. Lukas hatte es auch gesehen und rannte los. Gefolgt von mir. Wir bekamen gerade noch mit wie die Türen geschlossen wurden und der Krankenwagen mit Sirene davonfuhr. „Was ist passiert?", fragte ich aufgebracht Andi. „Dule ist zusammengebrochen und lag hier vor der Tür", erklärte er besorgt. Ach du große Scheiße! Heute meint es die Welt mit uns nicht gut. Lukas fing noch bitterer zu weinen an. Ich nahm ihn in den Arm. Ich deutete den anderen an, dass wir fahren und zog Lukas mit zu meinem Wagen. Ich wollte ihn ungern heute alleine lassen. Während der Fahrt starrte er gedankenverloren aus dem Fenster. Meine Gedanken waren bei Disse, ich hab irgendwie das ungute Gefühl, dass er sich irgendwas antun wird. Ich kenne Disse auch wenn er nach außen hin unverletzt und stark wirkt, als würde ihn alles kalt lassen. In seinem Inneren sah alles anders aus. Doch er will immer alles alleine mit sich klären und wird sich früher oder später dadurch kaputt machen. Wenn er zu tiefsten verletzt ist, dann reicht es ihm nicht, er muss den Schmerz richtig spüren, sodass er zu frieden ist. Ich hoffe, dass Marko ihn auf dem Weg aufsammelt. Ich kann mich jedoch nicht zerreißen, so gern ich mich um Disse kümmern würde.
Wie gesagt es gibt Drama😈 Ich hoffe es hat euch Gefallen❤️.
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Spiel um Spiel, Lüge um Lüge und wann sieht er es ein?
FanfictionLiebe- ist für Christian Dissinger eigentlich ein Fremdwort gewesen, bis er Lukas Nilsson getroffen hat. Aus Freundschaft wurden gefährliche Gefühle. Doch was passiert eigentlich wenn man sich in seinen besten Freund/Mannschaftskollegen verliebt? F...