113

224 5 5
                                    

Liv:
Ich laufe gerade neben der Laufbahn zurück zum Startpunkt. Die Sonne sticht förmlich vom Himmel, obwohl es gerade einmal kurz nach neun Uhr war. Und jeden Tag das gleiche. Ein Bahn nach dem anderen Sprinten, wieder zurückgehen, warten bis man dran ist und wieder dasselbe. Mittlerweile hab ich mich an den Ablauf des Morgentrainings gewöhnt. Ich ziehe den Haargummi von meinem Pferdeschwanz nochmal enger. Ich fühle mich wie eine klitschige Handseife, nachdem man Wasser drauf geleert hat. Ich warf einen Blick neben mir auf die Bahn. Gisli war gerade gestartet und sprintete los. Wie die meisten Jungs war er oberkörperfrei und ich konnte es nicht lassen, die ganze Zeit auf sein Sixpack zu starten. Seine blonden Haare wehten im Wind, wobei die eine Strähne in seinem Gesicht hing. Auf seinen Lippen bildete sich ein breites Lächeln, egal wie anstrenge die Trainingseinheit ist. Er ist einfach so sexy. Ich kann nicht glauben, dass er sich für mich entschieden hat. Er könnte jedes Mädchen auf dieser Welt haben. Ich merke gar nicht, dass ich vor lauter gaffen stehen geblieben bin. "Liv alles gut", holte mich Flamme wieder zurück in die Wirklichkeit zurück. Gisli war mittlerweile am Ende der Bahn angekommen und freute sich über seine neue Bestzeit. "Ja... alles... gut", stotterte ich und folgte dem großen Roten. Er war immer rot im Gesicht, deswegen nennen ihn die meisten auch Flamme oder Flamingo, wie ihn Alfred immer nennt. Ich spürte auf einmal einen muskulösen Arm der sich um mich legte, während meine Hand unabsichtlich auf nackte Haut traf, und ein kleines Kribbeln auf meinem Handrücken auslöste. Gisli. „Hi", grinste er breit und wirkte nicht mal außer Atem. Ich schnaufte immer noch bemerkend, obwohl ich vor einigen Minuten gesprintet bin. Er hingegen hat gerade seine Bahn beendet und schnaufte kein bisschen. „Wie kannst du nicht außer Atem sein?", fragte ich erstaunlich. „Ich hab eben gute Koordination", prahlte er. „Kondition", verbesserte ich ihn. „Ist doch dasselbe", meinte er daraufhin, woraufhin die ganze Mannschaft zu lachen begann. So das Niklas vor Lachen den Start verpennte. Wir stellten uns wieder hinten an. Ich griff nach meiner Flasche die am Seitenrand im Gras lag und trank einen großen Schluck. „Kann ich auch?", fragte Gisli. Ich nickte und gab ihm meine Flasche. Normalerweise bin ich da echt pingelig und hasse es wenn Leute aus meiner Flasche oder meinem Glas trinken, aber bei Gisli machte mir das nichts aus. „Hey trink nicht die ganze Flasche aus", beschwerte ich mich und zog ihn die Flasche weg, sodass ein Schluck Wasser auf ihm landete. „Jetzt hast du dein important Wasser selbst ausgeleert", beschwerte er sich und grinste blöd. Ich schraubte die Flasche zu und stellte sie an ihren Platz zurück. „Es heißt wertvolles Wasser", verbesserte ich ihn. „Du wirst schon wie dein Bruder", meinte Gisli und bekam Zustimmung von einigen aus der Mannschaft. „So sind wir eben", antwortete Disse und zwinkerte mir zu. "In was hab ich mich bitte verliebt", konterte Gisli. "Bitte was?", fragte ich empört. "Ich hab mich in wie sag man, ein Schlauscheißer verliebt", stöhnte er mit einem gespielt erschrockenen Ton, sodass ich ihn nicht ernst nehmen konnte und loskicherte. Sein Blick war einfach genial. Es erinnerte mich etwas an den einen Emoji 😧. Schlauscheißer, wo er das aufgegriffen hat. Ich konnte nicht anders als zu lachen, während er mich verwirrt anschaute. "Du meinst wohl Klugscheißer", prustete ich und hielt mir den Bauch vor lachen. "Was gibt es zu lachen?", fragte Magnus neugierig. "Er hat mich gerade als Schlauscheißer bezeichnet", prustete ich und verschluckte mich beinahe. Magnus schaute total überfordert. Ich glaube ich hab den Witz gerade der falschen Person erzählt. "Ich dachte es heißt Schlauscheißer", überlegte Magnus laut. Das wird ja immer besser. "Liv", hörte ich Alfreds strengen Ton und merkte, dass ich dran bin. Ich konzentrierte mich auf das Startsignal und sprintete los. Doch ich war immer noch unkonzentriert und in meinen Kopf spielte sich die Szene von gerade eben wieder ab. Ich passte nicht auf und trat etwas unglücklich auf und verdrehte mir den Fuß. Ich biss die Zähne trotz stechenden Schmerzes zusammen und beendete die Bahn. Die Zeit war zum Vergessen. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, was gar nicht so leicht war, da mein Fuß wirklich pochte. Als ich gesprintet bin ging es, weil ich den Fuß nur kurz auf den Boden absetzen musste, beim Laufen hingegen war der Schmerz unerträglich. Ich versuchte den Fuß vorsichtig aufzusetzen, zog ihn aber mir schmerzverzerrtem Gesicht wieder nach oben. "Fuck", fluchte ich und hüpfte zum Seitenrand wo ich mich aufs Gras setzte und meinen Schuh auszog.

Spiel um Spiel, Lüge um Lüge und wann sieht er es ein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt