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Andi:
Ich hörte nur noch das Piepsen am anderen Ende der Leitung. Er hatte aufgelegt. Ich soll Lukas aufhalten. Ich tapste verschlafen und nur in Boxershorts ins Treppenhaus. Beinahe wäre ich mit Lukas zusammengestoßen, der eilig die Treppe hinunter lief. „Andi?", stellte er verwirrt fest . „Wo gehst du hin?", fragte ich. „Zu Disse der dreht gerade richtig durch", erklärte er. „Er hat mich gerade angerufen und irgendein Zeug geredet, dass ich dich aufhalten soll", erklärte ich. „Ignorier ihn einfach und geh wieder schlafen", meinte er und eilte dann weiter die Treppen hinunter. Das machte mich jetzt auch neugierig. Blitzschnell zog ich mir was an und folgte dann Lukas. Er fuhr nach Russee. Hätte ich mir gleich denken können, dass er zu Disse will. Vor Disses Einfahrt hielt er dann. Im Scheinwerferlicht konnte ich zwei Gestalten erkennen. Lukas stürmte aus seinem Auto und rannte auf die beiden zu. Jetzt erkannte ich sie. Das sind Markos und seine Frau.Ich stellte meinen Wagen an den Straßenrand und stieg aus. „Disse", schrie Lukas verzweifelt. „Was ist denn hier passiert?", fragte ich. „Disse kam panisch aus dem Haus gerannt hat irgendwas geschrien von jetzt hat er mich und dann ist er weggefahren", berichtete Marko. „Was macht ihr hier?", fragte er. „Disse hat uns angerufen und dann haben wir uns Sorgen gemacht und sich hergefahren", erklärte ich. Lukas trat wütend gegen die Mülltonne. „Ich versteh nur Bahnhof", mischte sich Markos Frau ein. Bahnhof. „Vielleicht zum Bahnhof?", dachte ich laut. Lukas war ruckzuck in seinen Wagen gesprungen. Ich gelangte gerade noch auf den Beifahrersitz bevor er davonbrauste. Er ist mindestens über zwei Rote Ampeln gefahren und mindesten 10 km/h über dem Tempolimit, wenn das nicht noch teuer wird. In der Nähe vom Bahnhof fanden wir Disses Wagen. Also doch! Wir eilten hoch zu den Gleisen. Durch seine Größe war er allein schon nicht zu übersehen, außerdem war nichts los auf dem Bahnsteig. Lukas rannte los. Wir könnten nur noch zu sehen wie er in sich zusammensackte. „Disse", schrie Lukas panisch. Zu zweit trugen wir ihn zu Disses Wagen. Er war einfach eingeschlafen. Seltsam! Lukas fuhr wieder nach Russee. Zu zweit trugen wir Disse dann in seine Wohnung. „Er ist total unterkühlt", bemerkte ich. Wir legten ihn in sein Bett und deckten ihn zu.  „Er sieht echt fertig aus", meinte Marko, der wieder aufgetaucht war. „Er hat wahrscheinlich kein Auge zu gemacht, dann ist er immer noch geschwächt von seinem Unfall und dann noch die ganze Sache mit seinem Ex", redete Lukas drauf los. „Ex? Vorhin hast du noch alter bekannter gesagt?", ich war verwirrt. „Heißt das Disse ist schwul?", fragte Marko. Lukas nickte, „aber bitte sagt es niemand weiter." „Krass, das war sein Ex", staunte ich. „Gar nicht sein Typ", meinte Marko. „Ich weiß auch nicht mehr, als dass er sein Ex ist, einen ordentlichen Gehirnschaden hat und Disse mit irgendwas bedroht und ihm irgendwas angetan hat", fasste Lukas zusammen. „Du denkst er hat ihn..", fragte ich. Ich wollte nicht vergewaltigt sagen. Er nickte. „Um Himmels Willen", mischte sich Tijana ein. „Wir gehen dann mal wieder rüber, wenn ihr irgendwas braucht, sagt Bescheid", meinte Marko. Wir nickten dankbar und hörten nur noch wie sie hinter sich die Tür schlossen. Gerade sah Disse so friedlich aus. Lukas hatte die ganze Zeit Disses Hand gehalten. „Was ist das jetzt eigentlich mit euch ? Seit ihr jetzt zusammen? Bist du jetzt auch schwul?", fragte ich nach. Lukas antwortete nicht. Ich setzte mich neben ihn aufs Bett. „Ich weiß es auch nicht", murmelte er. „Liebst du ihn?", fragte ich. Er nickte stumm. Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Ich wusste es", freute ich mich. „Bis gestern war noch alles in Butter. Ich dachte echt zwischen Disse und mir könnte was werden, obwohl Alfred nicht gerade erfreut war als wir geküsst haben", begann Lukas zu erzählen. Langsam rollten ihm Tränen übers Gesicht. „Alfred weiß davon?", fragte ich. Also erzählte er mir die ganze Geschichte. Als er fertig war konnte ich nicht anders als lachen. „Ich hätte so gerne Alfreds Gesicht gesehen", ärgerte ich mich. Plötzlich bewegte sich Disse. Er öffnete die Augen und schaute uns verwirrt an. „Was macht ihr den hier?", stammelte er. „Du bist zufälliger weise auf dem Bahngleis zusammengebrochen und wir haben dich gerettet", erklärte ich. „Ich bin was?", fragte er verwirrt. Er kann sich an nichts erinnern. Vielleicht war es gut so! „Ich lass euch dann mal alleine! Wenn noch irgendwas ist, sagt Bescheid", verabschiedete ich mich. Dann verließ ich Disses Wohnung und fuhr wieder nach Hause. War das eine anstrengende Nacht.
Lukas:
Ich schaute in Disses wunderschönen Augen. Gerade wirkten sie fast durchsichtig. Er war wieder er selbst. Ich war erleichtert. Ich legte mich einfach neben ihn hin und kuschelte mich an ihn. Sofort strömte sein Duft in meine Nase. „Ich bin bei dir", flüsterte ich. Disse sagte nichts, sondern zog mich einfach nur näher an sich. Dann schloss ich die Augen und wurde erst wieder wach, als ich meinte irgendwas gehört zu haben. Ich öffnete die Augen. Ich lag immer noch in Disses Armen, der tief und fest schlief. Da klopfte es erneut? Klopfte da jemand gegen die Tür. Wozu gibt es eine Klingel? Es kann nur Andi sein, der ist der einzige der zu dumm ist eine Klingel zu benutzen. Ich befreite mich vorsichtig aus Disses Umarmung und lief zur Tür. Ich hätte beinahe die Tür vor Schreck wieder zu geknallt. Vor mir stand Alfred. Es ist allein schon seltsam, wenn du die Tür aufmachst und dein Trainer davor steht. Wenn du aber gerade aufwachst und es nicht mal deine eigene Wohnungstür ist, ist es noch seltsamer. „Guten Morgen Lukas", grüßte er mich. „Morgen, sie wollen bestimmt zu Disse?", fragte ich. Wow Lukas! Die perfekte Frage! Wen wollte er wohl sprechen, wenn er vor Disses Wohnung steht. Den heiligen Geist? Sicher nicht! Und wieso hab ich ihn mit Sie angeredet? Peinlich! „Ich wollte nach Disse schauen. Er sah gestern sehr mitgenommen nach der ganzen Sache aus", erklärte Alfred. Ja, dass war er! „Er schläft. Ich glaub wir sollten ihn auch schlafen lassen, nachdem was heut Nacht passiert ist", redete ich drauf los. „Heut Nacht?", fragte Alfred. Also erzählte ich ihm die Geschichte. Die Sache mit seinen Zweifeln in unserer Beziehung ließ ich weg. „Oh je! Dann ging es ihm anscheinend doch schlechter als ich erwartet habe", meinte Alfred. Ich nickte stumm. „Du weißt auch nicht mehr über diesen Typ und was er von Disse wollte, oder?", fragte er. Sollte ich es ihm sagen? Ich meine Disse wird nicht gerade erfreut sein, dass es mir schon bei Andi und Marko rausgerutscht ist. Ich will nicht wissen wie wütend er sein wird, wenn er erfährt, dass Alfred bescheid weiß. Aber ich mein, Alfred weiß eh schon, dass wir sicher nicht hetero sind. „Lukas, ich weiß, dass du ihn nicht verraten willst, aber jeder Hinweis kann ihm helfen. Also wenn du irgendetwas weißt dann sag es mir bitte", bat Alfred. Kann er Gedanken lesen? Oder bin ich einfach nur leicht durchschaubar? „Ich weiß nur, dass es Disses Exfreund ist und er irgendwas gegen Disse in der Hand hat und ihn damit bedroht. Ach und, dass er Disse irgendwas schlimmes angetan haben muss, weil er total eingeschüchtert von ihm war", berichtete ich. „Du meinst sowas wie Vergewaltigung?", fragte Alfred. „Ich weiß es nicht. Aber möglich wäre es", erklärte ich. „Disse ist auch immer so ein Pechvogel. Manchmal bewundere ich ihn dafür, dass er trotzdem immer noch so positiv und kämpferisch ist", meinte Alfred. Ich könnte ihm nur zu stimmen. Disse ist und bleibt eine Sache für sich. Das ist auch das was ihn so interessant macht. Seine verschiedene Fassetten. „Gut ich glaub ich geh dann wieder. Wir sehen uns nachher ja im Training. Wenn es Disse nicht gut geht, dann kannst du ihn auch einfach hier lassen. Es wäre aber schön, wenn wir nach dem Training alle drei noch mal miteinander reden könnten", erklärte er. Ich nickte. Dann war er weg. Ich kehrte zurück ins Schalfzimmer, doch Disse war weg. Dann hörte ich einen Geräusch, als würde man gegen eine Fensterscheibe schlagen aus Richtung Bad. Ich eilte dorthin. Die Tür war abgeschlossen. „Disse?", fragte ich vorsichtig. „Geh weg", sage er wie so ein bockiger Teenager. „Disse mach bitte die Tür auf", flehte ich. „Lass mich in Ruhe", schluchzte er. Ich fühlte mich echt wie bei so einem Vater Kind Streit. „Disse", versuchte ich es nochmal. „Lass mich in Ruhe ich will alleine sein", wiederholte er sich. „Ich will dir doch nur helfen", versuchte ich es erneut. „Ich brauch keine Hilfe", kam es zurück. Vom normalen Disse, zum panischen, zum friedlichen und zum bockigen Disse! Ich lern gerade alle seine möglichen Seiten kennen. Was kommt als nächstes? Ängstlich? Fröhlich? Normal wäre mir gerade eigentlich am liebsten. Ich entschied mich mal in der Mannschaftsgruppe nach Tipps zu fragen, wie man ein bockiges Kind dazu bringt, die Tür zu öffnen.
Lukas: wie bekommt man ein bockiges Kind dazu, die Tür zu öffnen?
Niklas: ????
Toft: seit wann hast du ein Kind? Haben wir was verpasst?
Raul: ich wusste es. Er ist schwanger
Lukas: @Raul nein bin ich nicht
Niklas: wieso brauchst du dann Erziehungsratschläge?
Dule: müssen wir uns Sorgen machen?
Lukas: ich hab meine Cousine zu besuch wir haben gestritten und jetzt ist sie bockig
Ich weiß es ist gelogen, aber wie soll ich ihnen erklären, dass sich Disse im Bad eingeschlossen hat und bockt wie ein Kind.
Dule: du hast eine Cousine?
Lukas: Ja hab ich🙄 würde mir mal jemand helfen?
Bambam: warten Geduld
Lukas: heißt dass jetzt ich soll warten
Niklas: manchmal ist Geduld das O und A
Raul: 😂😂😂😂
Niklas: was ist denn?
Bambam: es heißt A und O
Niklas: hab ich doch geschrieben
Andi: nein du hast O und A geschrieben
Niklas: ist doch dasselbe
Wow, sie sind echt hilfreich. „Disse", versuchte ich es nochmal. „Was?", kam es zurück. „Machst du die Tür auf?", fragte ich vorsichtig. Es dauerte eine paar Sekunden, da hörte ich den Schlüssel im Schlüsselloch. Ich drückte vorsichtig die Türklinke nach unten und öffnete die Türe einen Spalt. „Darf ich?", fragte ich nochmal nach. „Du bist ja eh schon drin", meinte er. Ich betrat das Bad. Disse saß auf dem Boden mit einer geschwollen Hand. Der Spiegel hatte ein paar Risse. Er hat nicht wirklich mit der Hand versucht den Spiegel einzuschlagen. Ich holte einen Eisbeutel aus der Küche und setzt mich neben ihn. Vorsichtig legte ich den Eisbeutel auf seine Hand. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter. Und so saßen wir da und schwiegen. In der Hoffnung auf bessere Zeiten.
Hoffe es hat euch gefallen😊.

Spiel um Spiel, Lüge um Lüge und wann sieht er es ein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt