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Gisli:
Ich stellte Liv den anderen vor, die sie alle freundlich begrüßten. Ich weiß, dass sie etwas verwirrt sind, weil zwischen uns doch ein kleiner Altersunterschied liegt. „Dann lasst und mal reingehen", verkündete mein Vater und hielt für alle die Tür zum Restaurant auf. Ich ließ Livs Hand nicht los, ich wollte, dass sie sich sicher fühlt. Der Kellner führte uns zu einem Tisch ins Nebenzimmer und ich konnte nicht gelaufen wer da steht. „Mama", schrie ich und fiel ihr um den Hals. „Na, mein Großer, tut mir leid, dass ich es nicht eher geschafft habe", entschuldigte sie sich. „So ist die Überraschung noch noch größer", strahlte ich über das ganze Gesicht. Erst jetzt merkte ich das Liv etwas unbeholfen in der Landschaft herumstand. Auf einmal sprang Aron unter dem Tisch hervor und ging schnurstracks an mir vorbei und lief wedelten auf Liv zu. Sie bekam sofort große Augen und kniete sich zu ihm herunter. Während er sich genüsslich von ihr streicheln ließ. Sie strahlte richtig. „Darf ich vorstellen das ist Aron", lächelte ich. Erst jetzt merkte Liv, dass es unhöflich ist, erst den Hund zu begrüßen und stand auf um meiner Mutter die Hand zu reichen. „Darf ich vorstellen, meine Freundin Liv", machte ich sie bekannt. Meine Mutter lächelte zaghaft und an ihrem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass sie nicht gerade erfreut darüber ist. Wir nahmen Platz und laßen die Speisekarten durch. Jorid bestand darauf sich neben Liv setzten zu dürfen. Liv schien nichts dagegen zu haben. Auf meiner anderen Seite nahm Larus Platz. Immer wieder wollte Jorid wissen, was bestimmte Sachen auf der Speisekarte bedeuten und Liv übersetzte ihr alles vorbildlich ins Englische. „Wann hast du dein ersten Spiel?", fragte mich nun meine Mutter um ein Gespräch anzufangen. Da ich es unhöflich Liv gegenüber fand, dass sie auf Isländisch redet, antwortete ich eben auf Englisch. „Morgen", antwortete ich knapp. Meine Mutter hob die Augenbrauen nach oben. Aron schien Liv richtig zu mögen und hatte seinen schweren Kopf auf Livs Fuß gelegt. „Wenn es dich stört, musst du es nur sagen", meinte mein Vater höflich. „Nene, des passt schon", antwortete Liv schnell und verkniff sich ein Grinsen. Ich weiß noch wie ihre Augen geleuchtet haben, als ich ihr zum ersten Mal von Aron erzählt hatte. Die Kellnerin nahm die Bestellung entgegen. „Ich geh kurz auf die Toilette", meinte meine Mutter, nachdem die Kellnerin verschwunden war. Sie machte mit ihrer Hand ein Zeichen, dass ich mitkommen sollte. Ich kann Liv hier doch nicht alleine lassen. Sie unterhielt sich mit Liv gerade über die Schule. „Du ich geh auch mal schnell auf die Toilette", entschuldigte ich mich und strich ihr kurz mit meiner Hand über den Oberschenkel. Sie nickte nur. Ich stand auf. Aron hob kurz den Kopf legte sich dann aber wieder hin. Ich folgte der Anschrift zur Toilette in den Keller. Unten im Flur wartete meine Mutter ungeduldig auf mich. „Willst du mich eigentlich verarschen?", war das erste was sie zu mir sagte. Als ich sie nur verwirrt anschaute fuhr sie fort. „Wieso ausgerechnet sie? Sie mag zwar nett sein, aber sie ist doch noch ein Kind sie ist kaum älter als Jorid", meinte meine Mutter. „Liv ist garantiert kein Kind mehr", entgegnete ich eiskalt. „Auf mich macht sie aber sie den Eindruck", seufzte sie. „Dann täuscht dich dein Eindruck eben, du kennst sie gerade mal seit zehn Minuten", sagte ich scharf. „Gisli ich will dich nur, dass es dir gut geht. Wieso hast du es nicht nochmal mit Krístin versucht?", hackte meine Mutter nach. Genervt verdrehte ich die Augen. War ja klar, dass sie hinter ihrem plötzlichen Auftauchen steckt. Die beiden haben sich von Anfang an gut verstanden. „Wenn du willst, dass es mit gut geht, dann ist Liv, die die mich glücklich macht", schrie ich fast und verschwand auf der Männertoilette. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, verließ ich die Toilette wieder und kehrte an unseren Tisch zurück. Meine Mutter saß bereits da, während Liv sich mit meinem Vater unterhielt. „Also gehst du jetzt in die elfte Klasse?", fragte er nach und Liv antwortete mit ein Ja. Ich setzte mich wieder neben sie. Sie lächelte mich dankbar an. Ich wusste, dass es ihr unangenehm war über sich zu sprechen. "Und was machen deine Eltern?", kam dann nach einer Weile die Frage, die sehr unangepasst ist. Ich schätze es, dass sich meine Mutter Mühe gibt, aber das war leider die falsche Frage, aber woher soll sie es wissen. Liv neben mir schluckte schwer. "Meine Mutter ist tot und mein Vater liegt seit vier Jahren im Koma", sagte sie knapp und stocherte gedankenverloren in ihrem Essen rum. "Das tut uns leid", meinte mein Vater mitfühlend, während ich nach ihrer Hand griff. Sie lächelte zaghaft. Ich merkte wie meine Mutter die Frage bereute. "Und wie habt ihr euch kennengelernt?", wollte nun Gunnar wissen. Dies Mal übernahm ich das Reden. "Über ihren Bruder und ihren Cousin, die beide bei mir in der Mannschaft spielen", erklärte ich. Da wurde mein Vater sofort hellhörig. "Wer denn?", fragt er neugierig. "Disse und Lukas", antwortete ich. "Der Dissinger, der sich vor kurzem als Schwul geoutet hat", warf Larus ein. Ich nickte. Jetzt ging die Diskussion erst richtig los. "Bei dir spielt ein Schwuler in der Mannschaft?", kam es von meiner Mutter. "Ja", antwortete ich. Und das nicht nur einer schluckte ich lieber hinunter. "Was ist denn das Problem, solange sie Leistungen zeigen ist doch alles gut", meinte mein Bruder. War klar, dass mein Bruder ihn verteidigt. Wenn unsere Eltern von dem kleinen Geheimnis wüssten. Vor allem meine Mutter. Dann würde der Kessel echt überkochen, wenn sie wüsste, dass er bi ist. Mein Vater ignorierte das Thema einfach und fuhr fort. "Lukas ist ein überragender Spieler, Disse hat viel Potenzial, aber ist eben leider zu oft angeschlagen", zeigte er seine Fachkenntnisse. Liv schien gar nicht mehr zu zu hören und sich hier verdammt unwohl zu fühlen. Ich fühlte mich schlecht. Aber war das nicht immer so, wenn man zum ersten Mal die Eltern des anderen trifft. Bei ihren Eltern geht das ja leider schlecht. "Und du wohnst jetzt also bei deinen Brüdern?", wollte Jorid wissen. "Ja, seit den Sommerferien", antwortete Liv. "Cool, ich will auch bei Gisli wohnen", richtete sie sich an Mama und Papa. Ich schüttelte nur lachend den Kopf und Liv huschte auch wieder ein Lächeln über die Lippen. Jorid sei Dank. "Spielst du dann auch Handball?", wollte mein Vater wissen. "Ja, sie war mit uns im Trainingslager", erklärte ich stolz. "Und wo spielst du sonst?", wollte er wissen. "Ich hab nach Altenholz gewechselt", erklärte Liv. "B oder A-Jugend?", erkundigte er sich. "Zweites Jahr B-Jugend", erklärte Liv. Er nickte anmerkend. "Wann hast du dein erstes Spiel?", wollte er wissen. "Ich war noch nicht bei denen im Training, ich schätze Anfang Oktober", meinte Liv ahnungslos. Mein Vater nickte. Dann wollte er noch die Position wissen. Nachdem Liv das auch beantwortet hatte, sorgte meine Mutter dafür, das Handball vom Tisch kommt, weil es schließlich mein nachgeholter Geburtstag sei. Nach dem Essen verabschiedeten wir uns von meinen Eltern he. stiegen in meinen Wagen ein. "Ich bin fertig", stöhnte ich. "Ist das am Anfang immer so?", wollte Liv wissen. Ich nickte. "Ich hoffe, das wird besser", seufzte sie. Dann starteten wir den Motor und ich fuhr sie nach Hause.

Spiel um Spiel, Lüge um Lüge und wann sieht er es ein?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt