26. Der Tag der Tage

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Ich hatte nicht sonderlich gut geschlafen. Meine Gedanken kreisten immer wieder um das Gespräch mit Marius und mein Vorhaben für heute. So kam es das ich erst am Morgen wirklich einschlief und darauf meinen Wecker zwei Mal verschob. Als ich mich aus dem Bett quälte stellte ich mit entsetzten fest, dass ich viel zu spät dran war.

>Super Start in den Tag<

Mehr als eine Katzenwäsche war nicht drin und auch die Sachen von gestern würde heute noch mal gehen. Ich steckte eine Wasserflasche in meine Tasche und etwas Geld, damit ich mir am Kiosk etwas zu essen kaufen konnte. Der Blick auf mein Handy verriet mir das ich sicher die erste Stunde verpassen würde.

>Scheiße<

Kate hatte mir bereits drei Mal geschrieben und auch von Anna hatte ich zwei Nachrichten. Da ich keine Zeit zum Antworten hatte, steckte ich mein Handy im gehen in meine Tasche und verließ fluchtartig meine Wohnung. Draußen fing ich direkt an zu joggen und behielt mein Tempo bei, bis ich in der Schule angekommen war. Mehrfach atmete ich tief durch und ging schnellen Schrittes zum Klassenraum. Ich hasste es, wenn alle Blicke auf mich gerichtete waren und genau so kam es als ich an die Tür klopfte und das „Herein." Von Fr. Clerx hörte und die Klasse betrat. Ich entschuldigte mich und huschte so schnell wie möglich auf meinen Platz zwischen Anna und Astrid. Fr.Clerx erklärte mir, als ich meine Sachen auspackte, womit sie sich beschäftigten und ich nickte verlegen als ich mein Buch aufschlug. Ich spürte den Blick von Anna immer wieder, ignorierte ihn aber so lang es ging. Als wir in Stillarbeit einige Aufgaben lösen sollten und Fr. Clerx abgelenkt wirkte lehnt sie sich zu mir rüber und flüsterte besorgt. „Ist was passiert?" „Passiert?" Fragte ich ebenso leise und leicht irritiert zurück. Anna verzog das Gesicht. „Du siehst völlig fertig aus. Hast du geweint?" Ich schluckte trocken, na super sah ich wirklich so schlimm aus.

>Gar nicht mal schlecht<

Schoss es mir plötzlich durch den Kopf und ich senkte den Blick und atmete leise aus. „Können wir gleich reden?" Flüsterte ich ihr zu, worauf sie nickte und sich wieder ihren Aufgaben zu wendete. Fr.Clerx ging durch die Reihen und blieb vor meinem Tisch stehen. Unsicher hob ich den Blick, aber sie nickte nur wohlwollend und sah dann etwas zweifelnder zu Anna rüber. Als sie vorn an ihrem Pult angekommen war und es unruhig in der Klasse wurde, beendete sie die Stillarbeit. „Rebecca. Sie haben ja etwas nachzuholen." Meinte sie mit einem leichten lächeln. „Schreiben sie ihre Lösungen bitte an die Tafel." „Wie fies." Nuschelte Astrid, aber ich erhob mich, nahm meinen Block und ging zur Tafel.

>Fürs zu spät kommen musste ich da wohl durch<

Fr.Clerx reichte mir die Kreide und ich fing an zu schreiben. Nach der ersten Aufgabe sah ich unsicher zu ihr rüber. „Alle?" „So viele sie geschafft haben." Meinte sie nickend und setzte sich an ihr Pult. Ich schrieb meine kompletten Lösungen an die Tafel, legte die Kreide wieder auf ihr Pult und setzte mich. Fr. Clerx stand auf, sah zur Tafel und dann zu mir. „Sehr schön. Erklären sie uns ihre Lösungswege dazu." So viel Aufmerksamkeit brauchte ich nun wirklich nicht, aber es half ja nichts. Unsicher fing ich mit meinen Erklärungen an und achtete immer wieder auf das zustimmende Lächeln von Fr. Clerx. Als ich geendet hatte lächelte sie mich zufrieden an. „Trotz das sie in der ersten Stunde nicht da waren, ist alles korrekt. Sehr gut!"

>Zu dem was mir bevorstand, war das ein Kinderspiel<

Ich lächelte dankbar und Julia zwei Plätze weiter flüsterte halblaut. „Kleiner Streber!" Und schenkte mir ein Lächeln. „Ich hoffe sie haben sich die Lösungen notiert. Der Rest ist Hausaufgabe." Schaffte Fr. Clerx grade noch vor dem Gong zu sagen und schon entstand Gemurmel und alle packten ihre Sachen zusammen. Mir wurde flau im Magen und meine Hände waren schwitzig.

>Jetzt musste es also raus<

Kaum hatten wir den Raum verlassen und waren auf dem Weg ins Atrium,
war Anna auch schon an meiner Seite. „Du wolltest mir erzählen was los ist." Forderte sie mich auf. Ich nickte und presste die Lippen zusammen. „Na ja war ein langer anstrengender Abend und eine harte Nacht, darum hab ich verpennt." Begann ich angespannt, als wir uns in eine ruhige Ecke setzten. Julia und Astrid waren zum Kiosk gegangen und so saß nur noch Meike bei uns. „Aber nicht im positiven Sinne so wie du aussiehst?" Fragte Anna zerknirscht. Ich blies die Wangen auf und entließ die Luft langsam wieder.

>Kurz und knapp<

„Marius und ich haben uns getrennt." Gab ich flüsternd von mir und knetete meine Hände in meinem Schoss.

>Es war raus<

„Scheiße!" Rief Anna etwas lauter aus und auch Meike riss die Augen auf und sah mich fragend an. Ich zuckte unsicher mit den Schultern. „Aber...aber Gestern war doch noch alles okay oder nicht. Wirklich endgültig?" Stotterte Anna vor sich hin. Ich nickte. „Wir hatten Gestern ein Gespräch und ja es ist aus." Ließ ich den Satz unvollendete. Meike drückte kurz meine Schulter. „Alles gut. Das musst du erst mal selbst verarbeiten." Ich nickte zustimmend und wagte es nicht zu einer der beiden aufzusehen.

>Was für eine Show<

„Tut mir echt leid." Nuschelte Anna und sah mich mitfühlend an. Astrid und Julia kamen zurück und sahen uns unsicher an. „Was ist denn mit euch los, Volkstrauertag?" Polterte Julia drauf los und erntete einen bösen Blick von Anna, den ich nur im Augenwinkel wahrnahm. „Becca und ihr Freund haben sich getrennt." Erklärte Meike für mich. „Moment. Wer eigentlich von wem?" Fragte Anna unsicher. „Upps. Sorry, Becca. Das wollte ich nicht." Entschuldigte Julia sich sofort. Ich winkte ab und atmete tief durch. „Na ja er von mir oder wir uns. Schwer zu sagen." „Scheiße ist es so oder so!" Mischte Astrid sich nun in das Gespräch. Zum Glück beendete der Gong in diesem Moment die Pause.

>Das schlechte Gewissen schnürte mir den Magen zu<

In den nächsten beiden Stunden Datenverarbeitung bekam ich kaum etwas zustanden. Es war raus und eigentlich ja auch nicht wirklich gelogen, aber es fühlte sich nicht gut an. Überraschenderweise brachten sie in der nächsten Pause das Thema nicht noch mal auf, aber ich spürte immer wieder die Mitleidigen Blicke und das Anna etwas sagen wollte, aber scheinbar nicht wusste wie.

In Englisch grübelte ich, ob sie es ohne eine Erklärung hinnehmen würden, aber eigentlich müsste ich es erklären. Was würde passieren, wenn sie Marius und Dean zusammen sahen. Dann stand ich vielleicht in ein paar Wochen oder Monaten ganz dumm da. Dein Ex Freund ist Schwul, was los sein würde, wenn es raus käme mochte ich mir gar nicht erst vorstellen. Der Unterricht zog an mir vorbei und Hr. Padberg bekam von meiner Geistigen Abwesenheit zum Glück nichts mit. Als der Gong die Stunde beendete schreckte ich leicht zusammen und war mit Anna die letzte die den Raum verließ. Die Mädels warteten auf dem Flur und ich folgte ihnen tief in Gedanken nach draußen. Würde jetzt noch jemand genauer nachfragen und sollte ich es dann sagen. Grade als ich den Entschluss gefasst hatte, verabschiedeten sich Julia, Meike und Astrid. Anna stieß mich leicht an und nickte zur Gasse.

>Dann eben nicht heute<

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