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Es wurde Abend. Der geschäftige Lärm der Straßen und Märkte rund um den Hammam verebbte und Hardrich lag noch immer da, einen Arm quer über dem Gesicht. Erdrückende Hoffnungslosigkeit sog alle Kraft aus seinen Gliedern und seine Gedanken hinab in lähmende Schwermut.

Er wollte, dass es hier endete.

Seit er das erste Mal vom Kreuzzug hatte reden hören, war er tief in seinem Innern davon überzeugt gewesen, auf dem Schlachtfeld im Heiligen Land zu sterben. Als Strafe für das, was er im Zorn getan hatte. Allein Gertraud gegenüber hatte er diese Gedanken auch ausgesprochen und obwohl sie immer wieder versucht hatte, es ihm auszureden, war er im Grunde seines Herzens doch davon überzeugt, dass solch ein Ende für ihn verdient und richtig war.

Aber das hier? Dies war ärger als der Tod dachte er, zunehmend verzweifelt. Wieso nur hatte er nicht ehrenvoll im Kampf sterben dürfen wie seine Kameraden? Wie war er bloß auf diesem gottverdammten Floß gelandet?

All die Schmerzen. Der Hunger. Und Erniedrigungen, die er niemals für möglich gehalten hätte. All das, um letztendlich hier zu liegen? Hilflos und zerfressen vor Sorge um die geliebte Frau. Und um das Kind, das er nun nie im Arm halten würde.

Er bat Gott um seine Erlösung und war fast überzeugt, sein bloßer Wille müsste genügen, sein Herz zum Stillstand zu zwingen und nicht weiter zu atmen.

Natürlich misslang das.

Weder ließ sich sein Atem anhalten, noch gehorchte ihm sein Herz. Unaufhaltsam fühlte er es druckvoll in seiner Brust schlagen. So einfach starb es sich nicht.

Und während er noch mit sich haderte und überlegte, ob der Verzicht auf Nahrung seine einzige Option war, drang ein Duft an seine Nase, der ihn aus seiner Lethargie weckte. Überrascht hob er den Arm von seinem Gesicht.

Nubia stand vor dem Wagen. In Händen hielt sie einen Becher und einen großen Teller, von dem ganz offensichtlich die verlockenden Gerüche ausgingen. Der Ritter meinte Fisch zu riechen und sofort lief ihm das Wasser im Mund zusammen, ob er nun wollte oder nicht. Sein Leib verlangte unmissverständlich nach Nahrung.

Er schluckte. Und zögerte. Wenn er wirklich hungers sterben wollte, war es dumm, jetzt etwas zu essen. Er würde sich umso länger quälen.

Seine Unentschlossenheit irritierte die Sklavin. Stirnrunzelnd hob sie den Teller und sah ihn fragend an. Und Hardrich entschied sich.

Er nickte knapp.

Sie hatte eine Schüssel Waschwasser dabei und nachdem sie ihm zum Sitzen aufgeholfen hatte, wusch sie ihm zunächst die Hände und stellte ihm dann den Teller zurecht. Darauf war tatsächlich Fisch angerichtet. Goldbraun gebratenen Stücke Fisch, die sehr appetitlich aussahen. Auf einer großen Portion körnig zubereitetem, ölig glänzendem Getreidebrei mit apart duftenden Kräutern und gegartem Gemüse. Dazu drei Brotfladen.

Das fehlende Geschick mit seiner Linken zwang ihn, langsam zu essen. Doch auf diese Weise genoss er die erste wirkliche Mahlzeit seit Tagen in vollen Zügen. Er aß, bis der Teller leer und er so satt war wie schon lange nicht mehr.

Anschließend half sie ihm noch einmal zum Abtritt und dann in die Kammer, in der er bislang geschlafen hatte. Wie sich herausstellte, war dort bereits alles fortgeräumt worden und der Ritter war gezwungen, einen Moment lang auf einer der Truhen sitzend zu warten, bis Nubia Matte und Decke wieder zusammengesucht hatte. Zu guter Letzt lag er im Dunkeln auf seinem Lager, wohlig-gesättigt und gähnend. Und mit dem gefüllten Bauch kehrte auch ein Stück weit seine Zuversicht zurück.

„Wieder und wieder und wieder...", waren seine letzten Gedanken, während er in den Schlaf driftete.

Im Traum kehrte er zurück in die Mark. Es war der Tag des Herbstturniers und er beobachtete sich selber, wie er durch das Loch in der Zeltbahn lugte und den Schwertkampf zweier Männer verfolgte. Jemand kämpfte in seiner Rüstung. Bejubelt vom Publikum. Er wusste, es war Wichard. Souverän und schneidig gewann dieser den Zweikampf. Er sah Gertraud. Wie sie dem Mann in der Rüstung entgegen lief und wollte sie zu sich rufen.

Die Tochter des BrauersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt