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Den ganzen April und weit bis in den Mai hinein war Wichard danach oft tagelang mit Wilhelm und dessen zehn Leuten im Land unterwegs und wieder verging Melisande fast vor Sorge um ihn.

Ihr Mann tarnte sich erneut mit einer Maske und ließ sich mit Falkon ansprechen, denn zur Sicherheit seiner Familie sollte sein Name vorerst nicht mit den Aufständischen in Verbindung gebracht werden.

Die Männer hatten auf Gertrauds Wunsch hin gleich zu Beginn das Lehen von Beverns aufgesucht und den Landsitz geplündert und verwaist vorgefunden. Nachdem sie sich zwei Tage lang unauffällig umgehört hatten, erfuhren sie schließlich, dass die Bewohner und das Gesinde erschlagen oder vertrieben worden waren.

Melissa von Bevern war tagelang allein und verwirrt herumgeirrt, bis sich jemand ein Herz genommen und sie ins Marienstift zu Salin gebracht hatte. Dort hätten sich die Nonnen ihrer angenommen, hieß es.

Mehrere Männer und auch junge Burschen, mit denen sie sprachen, ließen sich für ihre Sache gewinnen. Doch jetzt im Frühjahr wurde jede Hand auf den Feldern gebraucht und bevor nicht ein Plan für einen wirklich handfesten Vorstoß gegen die Besatzer stand, würden sie weiter ihrer Arbeit nachgehen und auf Nachricht warten.

Als nächstes waren sie ganz in den Süden ins Lehen von der Weiles geritten und waren dort auf die schlimmsten Verwüstungen gestoßen. Die Kumanen hatten auf ihrem Einmarsch und beim Verlassen der Mark alles mitgehen lassen, was sich tragen ließ und Männer, Frauen und Kinder niedergemacht. Das Städtchen, die Dörfer und Höfe waren so gut wie menschenleer. Die Felder lagen brach und sie fanden etliche Leichen unbestattet am Wegesrand liegen.

In Dalmin bei von Walows Schwester und Schwager und auch in Salin im Lehen von Echterns waren zunächst noch Dänen stationiert gewesen, erfuhren sie. Allerdings nur solange die Kumanen im Land waren. Nach deren Abzug hatte de Allinge seine Leute dort abberufen und in der Stadt zusammengezogen.

In Dalmin hatten sie alles von Wert mitgehen lassen, aber auch wenn Ludiwika, ihr Mann und die Kinder nun kaum noch mehr als Rüben und Sauerkohl zu essen hatten, waren sie froh und dankbar, ein Dach über dem Kopf zu haben und als Familie vereint und am Leben zu sein.

Frau von Echtern, deren Lehen vom einarmigen Bruder ihres Mannes geführt wurde, hatte die anrückenden Besatzer mit einem üppigen Bankett willkommen geheißen und war ihnen in allen Belangen entgegen gekommen. Ihnen war es von allen Lehnsleuten des Ritters am besten ergangen. Das Anwesen war nicht ausgeraubt worden und alles schien weiterhin in geordneten Bahnen zu verlaufen. Die Feldarbeit war überall in vollem Gange und im Wirtshaus, wo die Männer mittags aßen, schien es an nichts zu fehlen.

Es ließ sich nicht sagen, ob dies lediglich ein kluger Schachzug gewesen war, um Hab und Gut zu schützen und keine Menschenleben in Gefahr zu bringen oder ob sich Familie von Echtern bewusst und willens auf Seiten der Dänen geschlagen hatte.

Wichard und Wilhelm hielten es daher für geboten, sich bedeckt zu halten, und warben hier nicht offen um Unterstützer.

Nun blieb nur noch das Lehen Gottlieb von Treptows zu überprüfen, das westlich der Hauptstadt lag und das, wie es überall hieß, an Hinrik Nylars gefallen war, den ersten Mann de Allinges.

Doch von Dühring war nun über zehn Tage lang unterwegs gewesen und wollte zunächst auf dem Gut nach dem Rechten sehen. So verabredete man, sich in einer Woche wieder zu treffen, um gemeinsam nach Westen zu reiten und Wichard kehrte vorerst nach Hause zurück .

Die Eisheiligen waren mittlerweile bereits ein paar Tage vorüber und es wurde immer offenkundiger, dass die Markgräfin ein Kind erwartete. Die deutliche Rundung ihres Bauches war reinweg kaum mehr zu übersehen.

Die Tochter des BrauersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt