Ein paar Tage später war von Dühring auf seinem Weg zurück zum Gut. Es war Sonntag und er hatte sich mit Lienhard und einem von Wilhelms Männern nach dem Gottesdienst vor der St. Anna Kapelle getroffen, um Neuigkeiten auszutauschen.
Wie sie es allwöchentlich taten, wenn nichts dazwischenkam.
Und es kam seit Wochen nichts dazwischen, denn es gab auch seit Wochen so gut wie nichts Neues. Weder von Wilhelm, noch aus der Burg. Und auch Wichard hatte nichts zu berichten.
Sie traten seit Wochen auf der Stelle, dachte er verdrossen.
Nach wie vor, hielten Wilhelm und seine Männer das Lehen von Treptows, warben Mitstreiter an und bildeten sie nach Kräften an der Waffe aus. Doch auch dort war die Ernte einzubringen und so sah Wilhelms Alltag im wesentlichen so aus wie sein eigener.
In der Stadt verschanzten sich die Besatzer weiterhin in der Burg und ritten nur in größerem Verband in die nähere Umgebung, um Abgaben einzutreiben und Präsenz zu zeigen. Die Stadtbevölkerung wurde drangsaliert und dort fürchtete man inzwischen jedes Öffnen der Tore.
Auch blieben nach dem Strafmassaker auf dem Marktplatz auswärtige Händler wieder der Stadt fern, sodass keinerlei Nachrichten aus den Nachbarmarken ins Land gelangten. Geschweige denn, vom Kreuzzug.
Wichard seufzte. Er würde Gertraud erneut enttäuschen müssen.
Jeden Sonntag kam sie ihm entgegen gelaufen, immer zwischen Hoffen und Bangen. Gab es Neuigkeiten? Und waren es gute?
So auch heute. Wichard sah sie aus der Tür treten, kaum dass er in Sichtweite war. Er trieb Samson zu raschem Trab, um sie zumindest nicht noch länger warten zu lassen.
„Nichts!", rief er ihr entgegen.
Er bemerkte ihre Enttäuschung. Doch auch ein Stück weit Erleichterung. Denn schlechte Nachrichten wären schlimmer gewesen.
Sie blieb im Hof stehen und blickte ihm entgegen. Und bis er heran war, hatte sie sich bereits wieder gefangen.
Gut sah er aus, stellte sie wieder einmal fest. Wie er so auf dem wunderschönen Tier näher kam, mit halboffenem Hemd und aufgekrempelten Ärmeln. Das von der Sonne ausgebleichte, hellbraune Haar trug er inzwischen wieder gut schulterlang. Es wehte um sein Gesicht. Er bemerkte, dass sie ihn betrachtete und warf sich mit einem gespielt überheblichen Grinsen in Pose. Sie rollte die Augen, lachte dann aber hell auf.
Er freute sich, ihr ein Lachen entlockt zu haben und rief noch:
„Ja, da muss man schon hingucken. Bei solcher Schönheit..."
Gertraud schmunzelte und erwiderte:
„Solch sündige Eitelkeiten solltest Du Dir gleich für die Beichte nächste Woche vormerken, mein lieber Schwager."
„Und der Pfarrer wird sagen: „Nun, mein Sohn, das ist keine Sünde. Bloß ein Irrtum.""
Sie lachten.
Er kam direkt vor ihr zum Halten und schwang sich aus dem Sattel. Samson war auf dem kurzen Ritt kaum richtig warm geworden und sie streichelte dem noch immer vor Tatkraft unruhigen Tier die weiche Nase. Wichard klopfte ihm zufrieden den Hals.
„Gut gemacht, Junge. Ruhig! Komm. Ruhig jetzt."
Josef kam gelaufen und Wichard übergab ihm die Zügel, dann ging er mit Gertraud hinüber zum Haus.
Melisande stand in der offenen Tür. Die Markgräfin sah sie lächeln, doch spürte sie den Blick ihrer Freundin forschend und fast ein wenig unangenehm prüfend auf sich ruhen.
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Die Tochter des Brauers
Romance"Ihr glaubt wirklich, Eure Küche hätte Zugang zum Baum der Erkenntnis?" "Gut pariert, Frau!", lachte er. Sie bewarf ihn mit dem Apfel, er fing ihn auf, zögerte noch einen Moment und biss hinein. Ein mittelalterlicher Roman. Um? Nun ja. Die Tochte...