Kapitel 141 - 23. März 2014

290 13 0
                                    

Schweigend lief ich mit Davina durch die leeren Straßen von New Orleans. Wir kamen gerade vom Mikaelson-Anwesen zurück, in dem Cami ihre letzten Stunden verbracht hatte, aber wir waren zu spät gewesen. Als wir angekommen waren, war sie bereits tot gewesen. Wir hatten uns nicht einmal von ihr verabschieden können.

"Ich kann es immer noch nicht glauben", flüsterte Davina irgendwann in die Stille. Unsere Tränen waren längst getrocknet und in mir blieb nur ein merkwürdiges Gefühl der Leere. "Ich kann nicht einmal angemessen um sie trauern, weil ich nur an all die Probleme denke, vor denen wir noch stehen."

"Ich weiß", antwortete ich leise, während ich die Tür zu der Bar öffnete, in der Kol auf uns wartete. "Ich schätze, wir müssen uns erst einmal darum kümmern, dass Kol dich umbringen will, bevor wir Camis Tod verarbeiten können."

"Ich will was tun?", begrüßte uns Kol schockiert und sah von mir zu Davina. Ach ja, er wusste ja noch gar nichts davon, dass er früher oder später Davina ermorden würde, wenn wir keine Lösung fanden.

"Du wirst mich umbringen", antwortete Davina tonlos und seufzte leise auf. "Lucien hat es uns erzählt und ich glaube nicht, dass er lügt. Dieser Fluch, den die Ahnen dir auferlegt haben, wird dich dazu bringen, mich komplett auszusaugen."

"Nein. Das darf nicht passieren, wir müssen das verhindern! Egal, was es kostet, ich werde dich nicht umbringen!"

"Wir haben uns gedacht, dass du so etwas sagst", meinte ich und holte eine kleine Schachtel aus meiner Tasche. "Deswegen haben wir dir etwas aus dem Anwesen mitgebracht. Etwas, das uns zumindest einen Aufschub gibt, um in Ruhe nach einem Gegenfluch zu suchen."

Verwirrt sah Kol mich an und ich holte den schmalen Silberdolch aus der Schachtel. Ich hatte mitbekommen, wie sehr Kol diese Dolche verabscheute, mit denen Klaus ihn und seine Geschwister schon so oft in Särge gesperrt hatte. Aber er wich keinen Zentimeter zurück und nickte nur. "Okay."

"Bist du dir sicher?", fragte Davina noch einmal nach. "Das ist unser letzter Ausweg, aber es wird dich nicht heilen, sondern uns nur Zeit verschaffen. Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir brauchen werden."

"Ich bin lieber von diesem Horror-Dolch außer Gefecht gesetzt, als dich umzubringen, Davina. Tu es einfach."

Wortlos reichte ich Davina den Dolch und lächelte sie schwach an. Ich war ein Vampir und konnte ihn nicht gegen Kol benutzen, das konnte nur sie tun. Aber sie zögerte nicht und stieß Kol den Dolch direkt ins Herz. Sofort lief er grau an und ich fing ihn auf, bevor er auf den Boden fallen konnte. Vorsichtig legte ich ihn ab und strich dann sanft eine Träne von Davinas Gesicht.

"Tun wir hier wirklich das Richtige?", flüsterte sie leise und ich legte vorsichtig einen Arm um sie.

"Ja, das tun wir. Wir haben gar keine andere Wahl."

"Ich meine nicht nur das mit Kol. Auch unser anderer... Plan. Wenn das Erdolchen nicht funktioniert, werden wir New Orleans heimlich verlassen müssen. Wir werden all unsere Freunde verlieren."

Nachdenklich sah ich zu Kol und seufzte leise. "Ich weiß. Aber manchmal frage ich mich, ob wir das nicht schon längst haben. Alle, die ich je zu meinen Freunden gezählt habe, sind nicht mehr Teil von meinem Leben. Elijah hat sich gegen mich entschieden, die Mikaelsons wollen mich nicht, es sei denn, ich verschaffe ihnen einen Vorteil, und Cami ist..." Ich brach meinen Satz ab. Wenn ich das beenden würde, würde ich nur wieder anfangen zu weinen. "Selbst Kol können wir nicht vertrauen. Er kann vielleicht nichts dafür, aber er ist eine Gefahr. Und ich bin mir nicht sicher, wie er sich entscheiden würde, wenn er sich zwischen uns und seinen Geschwistern entscheiden müsste. Er sagt immer, dass er nicht mit ihnen klarkommt, aber letztendlich will er doch nur dazugehören. Wie ich früher. Ich weiß, dass es nicht einfach ist, das abzulegen. Der einzige, dem ich gerne von allem erzählen würde, ist Josh."

"Ja, ich auch", stimmte Davina mir leise zu. "Aber damit würden wir ihn nur in Gefahr bringen, nicht wahr?"

"Ja, das würden wir. Vielleicht irgendwann, wenn sich hier alles ein wenig beruhigt hat."

"Das wäre schön. Ich würde ihn vermiss-"

Sie verstummte, als ich ihre Hand drückte und auf Kol deutete. Der Dolch in seiner Brust wurde langsam wie von einer unsichtbaren Hand aus ihm gezogen. Die Ahnen hatten es geschafft, selbst an diesem eigentlich magielosen Ort die Kontrolle zu bekommen.

"Es hat nicht funktioniert", stellte Davina mit zitternder Stimme fest, während der Dolch in der Luft schwebte. "Wir haben keine Zeit, um Kol zu retten. Er wird sich nicht kontrollieren können."

"Ich liebe dich, Davina", flüsterte ich und blickte tief in ihre Augen. "Ich liebe dich mehr, als ich je zuvor jemanden geliebt habe." Hinter mir hörte ich, wie der Dolch klappernd zu Boden fiel und Kol sich aufrichtete, aber ich drehte mich nicht zu ihm um. Noch nicht. "Es wird alles gut."

Ich beugte mich zu ihr, um sie zu küssen, noch ein letztes Mal, aber bevor meine Lippen ihre berühren konnten, wurde ich von ihr fortgerissen. Sofort drehte ich mich zu Kol um und griff ihn an, um ihn von Davina fernzuhalten, aber er war darauf vorbereitet. Er zertrümmerte einen der Barhocker und stieß ein Stück Holz direkt in meine Brust. Ich schaffte es, ihm genug auszuweichen, damit er mein Herz verfehlte, aber das Holz nagelte mich am Boden fest. Unfähig, aufzustehen oder mich zu bewegen, drehte ich meinen Kopf zu Davina, die mit erhobenen Händen vor Kol zurückwich. All ihre Zauber prallten von ihm ab und auch ihre Worte schienen nicht zu ihm durchzudringen. Ich konnte nur hilflos dabei zusehen, wie sich Kols Zähne in ihren Hals bohrten und er trank, immer mehr und immer weiter. Ich schrie und flehte ihn an, aufzuhören, aber es war, als könnte er mich nicht einmal hören. Erst als Davinas Herzschlag immer leiser wurde und schlussendlich verstummte, löste er sich von ihr. Langsam drehte er sich zu mir um. Als ich in seine Augen sah, erkannte ich, dass er wieder zu sich kam und realisierte, was er getan hatte, aber dafür war es bereits zu spät. Davinas Körper fiel leblos zu Boden, ihre leeren Augen blickten in meine Richtung.

"Renn", flüsterte ich Kol hasserfüllt zu und er zögerte keine Sekunde, diesem Befehl zu folgen. Mir war klar, dass er sich selbst auch dafür hassen würde, aber ich hatte kein Mitleid mit ihm. Die Stille zerriss mich innerlich. Die Stille, die eigentlich von Davinas schlagendem Herzen hätte erfüllt sein müssen, von ihrem leisen Atem und ihrem Lachen. Ich sah von der Tür, aus der Kol verschwunden war, zurück zu Davina, in ihre leeren Augen, die vor einigen Sekunden noch so voller Leben gewesen waren, und verlor das Bewusstsein.

Die Wölfin - The Originals FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt