Schockiert keuchte ich auf, als sich der Schmerz in meiner Brust langsam ausbreitete. Von weitem hörte ich Davina aufschreien und keine Sekunde später war der Schmerz wieder verschwunden, zusammen mit dem Pfahl und Mikael. Irgendwie hatte sie es wohl geschafft, wieder an den Armreif zu kommen und hatte den Urvampir mitsamt des Weißeichenpfahls wieder fortgeschickt. Erleichtert sank ich auf die Knie und atmete tief durch. Das war knapp gewesen. Nur eine Sekunde später und Mikael hätte mein Herz durchbohrt.
Kurz darauf kniete Davina vor mir und sah mich besorgt an. "Geht es dir gut? Ist dir etwas passiert?", fragte sie panisch und ich zwang mich, sie leicht anzulächeln.
"Es ist alles in Ordnung. Er hat mein Herz verfehlt, mir geht es gut."
"Das war wirklich knapp", seufzte meine Freundin erleichtert auf, doch noch bevor ich etwas sagen konnte, stand Elijah neben uns und sah Davina bedrohlich an.
"Das kann man wohl sagen. Seit wann ist Mikael wieder da?", knurrte er leise. Stimmt ja, das hatte ich für einen Moment ganz vergessen.
Davina stand sofort auf und wich ein wenig vor dem Urvampir zurück. Ich konnte ihr das nicht verübeln, mein bester Freund sah wirklich angsteinflößend aus. Auch wenn Davina sich Mühe gab, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen, hörte ich doch, wie ihr Herz schneller schlug.
"Vergiss nicht, was du mir versprochen hast", flüsterte ich Elijah leise zu, der sich sofort zu mir umwandte und dann seufzend ein wenig von Davina zurücktrat. Es fiel ihm schwer, seine Wut zu kontrollieren, gerade weil es um seinen Vater ging, aber ich wusste, dass ihm sein Versprechen wichtiger war. Kurz sah ich zu Davina und bemühte mich, dabei möglichst selbstbewusst auszusehen. "Geh ruhig schon nach Hause, ich komme später nach."
Diese ließ sich das nicht zwei Mal sagen und war kurz darauf verschwunden und auch Marcel ließ sich irgendeine Ausrede einfallen, um Elijah und mich allein zu lassen.
"Du wusstest davon."
Ich nickte, auch wenn er mir streng genommen gar keine Frage gestellt hatte. "Ja, ich wusste es."
"Seit wann?"
"Davina hat ihn zurückgeholt, während Niklaus' Kind geboren wurde", antwortete ich ehrlich. "In dieser Nacht hat er mich angegriffen und Davina hat mich gerettet. Seitdem wusste ich, dass er lebt und dass sie ihn kontrolliert."
"Niklaus hat mir erzählt, dass du zugegeben hast, uns etwas zu verheimlichen. Aber ich dachte, es geht nur um den Pfahl. Nie hätte ich daran gedacht, dass es um Mikael gehen könnte. Wie konntest du uns das verschweigen? Gerade du. Früher hatten wir nie Geheimnisse voreinander", flüsterte Elijah und klang dabei fast schon enttäuscht von mir. In dem Moment beschloss ich, mich nicht dafür zu entschuldigen, so wie ich es ursprünglich vorgehabt hatte. Er hatte kein Recht, enttäuscht von mir zu sein. Nicht wenn er sich selbst nicht anders verhielt.
"Das Gleiche könnte ich auch dich fragen", antwortete ich also fest und verschränkte meine Arme. "Oder glaubst du, dass ich es nicht mitbekomme, wenn du und Niklaus mir etwas verheimlicht?"
"Das ist etwas vollkommen Anderes!", widersprach er sofort, doch ich schüttelte nur den Kopf.
"Ach, tatsächlich? Ist es das? Denn ich würde sagen, ihr habt ein Geheimnis vor mir, das mit eurer Familie zusammenhängt und deswegen so wichtig ist, dass ich es nicht wissen darf. Ich weiß nicht, worum es geht, aber ich denke, ihr wollt irgendetwas oder irgendjemanden beschützen. Genauso wie ich Davina beschützen wollte. Was hättet ihr denn getan, wenn ich euch von Mikael erzählt hätte? Ihr hättet versucht, Davina anzugreifen. Das werdet ihr doch jetzt auch versuchen. Als ich hergekommen bin, dachte ich, dass ihr meine neue Familie werden könntet, aber darin habe ich mich getäuscht. Ich werde nie zu euch dazugehören, und das ist okay. Aber Davina ist das, was für mich einer Familie am nächsten kommt und ich werde alles tun, um sie zu beschützen. Weil ich sie liebe. Und wenn du tatsächlich noch so viel Anstand hast wie früher, dann wirst du das verstehen."
Elijah schwieg nur, doch das war mir Antwort genug. Er sagte nichts, weil ich mit meiner Vermutung recht hatte, und er Angst hatte, sich mit etwas Weiterem zu verraten. Was auch immer ihr Geheimnis war, es war ihm wichtig, es auch weiter geheim zu halten. Also drehte ich mich nur wortlos um und lief Davina hinterher. Wir konnten nicht mehr hier bleiben. Wir mussten aus der Stadt verschwinden und das am besten sofort. Denn auch wenn Elijah sich noch unsicher war, ob er sich wirklich gegen mich stellen sollte, war Niklaus das nicht. Sobald er erfuhr, dass Mikael wieder da war, würde er uns jagen und dann würde es ihm herzlichst egal sein, dass wir zufällig den gleichen Vater hatten. Er würde über Leichen gehen, um Mikael zu töten, und das mussten wir unbedingt verhindern.
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Die Wölfin - The Originals FF
Fanfiction• Beendet • Eigentlich war ich ein ganz normales Kind in unserem Dorf. Jeden Monat bei Vollmond verwandelte ich mich in ein gefährliches Raubtier, einen Wolf, aber das war bei uns nichts Außergewöhnliches. Die Verwandlungen waren schmerzhaft, aber m...