Kapitel 16 - 3. Mai 2011

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Mehr als ein Jahrtausend war ich nun schon auf der Suche nach den Mikaelsons. Nur wenige Stunden nachdem Mikael mich getötet hatte, war ich alleine im Wald wieder aufgewacht, neben der Leiche meines Vaters. Ich hatte nicht verstanden, was geschehen war. Meine Wunde am Herzen war verheilt und ich hatte mir eingeredet, dass das alles nur eine Halluzination gewesen war. Als dann jedoch der Hunger eingesetzt hatte und ich meinen ersten Menschen biss, hatte ich schnell verstanden, was mit mir geschehen war. Ich war zu dem geworden, was die Mikaelsons waren. Ein Vampir. Es hatte mich mehrere Jahrzehnte gekostet, bis ich ganz verstanden hatte, wie das möglich war. Erst als es immer mehr Vampire gab, verstand ich, dass Niklaus mich verwandelt hatte, wenn auch unfreiwillig. Um ein Vampir zu werden, musste man zuerst Vampirblut trinken und dann sterben. Ich konnte mich zwar nicht mehr an meine letzte Vollmondnacht als Mensch erinnern, aber ich war an jenem Morgen mit blutverschmiertem Gesicht aufgewacht. Ich vermutete, dass ich in der Nacht einen kleinen Zusammenstoß mit Niklaus hatte, und so sein Blut in meinem Organismus hatte, als Mikael mich umbrachte.

Natürlich wusste ich nichts über diesen Abend mit wirklicher Sicherheit. Ich war nicht zurück ins Dorf gekehrt oder hatte mit den Mikaelsons gesprochen. Ich hatte mich umgedreht und war davongelaufen, so schnell ich konnte, ohne zurückzublicken. Jahrzehntelang war ich auf der Flucht vor Mikael gewesen, immer in der Angst, er könnte bemerken, dass ich nicht tot war, und mich umbringen, wie er den Rest unseres Rudels umgebracht hatte. Erst nach vielen Jahren hatte ich davon gehört, dass auch die Mikaelson-Geschwister nicht mehr bei ihm waren, sondern vor ihrem Vater flohen. Seit ich das erste Mal von diesem Gerücht gehört hatte, war ich auf der Suche nach ihnen. Ich wollte mit ihnen sprechen, ihnen dabei helfen, Mikael zu entkommen, aber vor allem wollte ich Elijah wiedersehen, von dem ich mich nie verabschieden konnte. Das Problem war nur, dass die Geschwister auf der Flucht waren und deshalb alles taten, um nicht gefunden zu werden. Mehrere Jahrhunderte hatte ich damit verbracht, mir ein Netzwerk von Vampiren aufzubauen, die mich sofort kontaktieren sollten, wenn sie etwas über den Aufenthaltsort der Mikaelsons hören sollten. Ich war schon oft kurz davor gewesen, sie zu finden, aber sie waren immer kurz vor meiner Ankunft abgereist. Dieses Mal war ich jedoch zuversichtlicher. Mein alter Freund Marcel, den ich 1920 nach einem meiner Versuche, die Mikaelsons zu finden, kennengelernt hatte, hatte mich kontaktiert, um mir zu sagen, dass Niklaus wieder in New Orleans war. Das war erst einen Tag her und ich war zuversichtlich, ihn heute nach mehr als einem Jahrtausend endlich wieder zu treffen.

"Und du bist dir wirklich sicher, dass er es ist?", vergewisserte ich mich noch einmal bei Marcel, der langsam schon ziemlich genervt von mir war. Zumindest soweit ich es am Handy verstehen können.

"Natürlich bin ich mir sicher. Klaus war fast hundert Jahre lang mein Mentor, es ist nicht so, dass man ihn leicht vergessen kann."

"Okay, okay. Du hast ja recht, ich bin nur aufgeregt. Ich habe schon so oft gedacht, dass ich die Mikaelsons gefunden hätte und wurde doch immer enttäuscht. Ich will nur auf Nummer sicher gehen. Weißt du, wo er wohnt?"

"Schon klar. Nein, ich weiß nicht, wo er wohnt. Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen. Ich vertraue dir zwar, aber ich weiß nicht, wie Klaus zu dir steht. Und ich werde ihn sicher nicht verägern, indem ich jedem erzähle, wo er lebt."

Ich unterdrückte ein Seufzen und zwang mich, das jetzt nicht persönlich zu nehmen. Es war klug von Marcel, nicht jedem zu vertrauen. Besonders nicht wenn es um meinen Halbbruder ging.

"Na gut, ich werde ihn auch so finden. Wenn man jemanden so lange sucht, lernt man das ein oder andere über ihn."

"Ach, Alex? Soweit ich weiß ist sein Bruder auch bei ihm. Elijah. Es sieht so aus, als hätten sie vor, noch eine Weile in der Stadt zu bleiben, ich weiß aber nicht, wieso. Ich hoffe, das ist kein Problem für dich."

Sofort breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen aus und ich musste mich zusammenreißen, um nicht vor Freude aufzuschreien. Das hätte die anderen Gäste in dieser Bar hier nur auf mich aufmerksam gemacht. Ich war schon glücklich gewesen bei der Aussicht, Niklaus wiederzusehen, aber wenn Elijah auch bei ihm sein sollte, wäre das noch besser. Ob er mich auch vermisst hatte? Oder ob sie mich schon seit langem vergessen hatten?

"Nein, das ist kein Problem. Danke, Marcel, ich bin dir was schuldig."

"Nein, bist du nicht. Du hast mir dabei geholfen, die Kontrolle über diese Stadt zu bekommen, dafür werde ich immer in deiner Schuld stehen. Ich wünsche dir viel Glück. Und pass auf dich auf."

"Danke. Ich bin mir sicher, dass ich dieses Mal mein Ziel erreichen werde." Mit diesen Worten steckte ich mein Handy weg und trank schnell mein Glas aus. Wenn Niklaus und Elijah hier waren und wirklich vorhatten, länger in der Stadt zu bleiben, würden sie sich keine kleine Wohnung nehmen. Sie würden sich mit nicht weniger als dem besten Haus der Stadt zufrieden geben. Das schönste Haus war zwar schon von Marcel bewohnt, aber am Rande der Stadt standen einige wunderschöne und vor allem unbewohnte Villen. Da würde ich mit meiner Suche anfangen. Und wenn ich Glück hatte, würde ich in nur wenigen Stunden meinen Halbbruder treffen. Hoffentlich würde er sich ebenso freuen mich zu sehen.

Die Wölfin - The Originals FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt