Kapitel 111 - 15. Februar 2013

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Einige Minuten später war nicht nur Marcel bei uns, sondern auch Freya, Elijah und Niklaus. Freya hatte mir erklärt, dass sie versuchen würde, Marcel und Vincent in Evas Kopf zu bringen, um Rebekah zu befreien. Ich hatte keine Ahnung, was genau das bedeutete, weil ich nur die Hälfte verstanden hatte, aber was auch immer Freya da getan hatte, es funktionierte.

Langsam wachte Davina wieder auf und ich war sofort an ihrer Seite, als sie die Augen aufschlug. Statt mich jedoch erleichtert anzulächeln, weiteten sich ihre Augen leicht und sie wich vor mir zurück. Erst jetzt fiel mir auf, dass man noch immer die Adern unter meinen Augen sehen konnte. Ich hatte seit zwei Wochen kein Blut mehr getrunken und es war nicht gerade hilfreich, dass ihr Blut und das der ganzen Kinder überall zu riechen war. Obwohl ich mir Mühe gab, nicht zu tief einzuatmen, roch Davinas Blut dennoch unfassbar verlockend. Sofort wandte ich meinen Blick von mir ab, damit sie mich so nicht sehen musste. Es brach mir das Herz, dass sie so eindeutig Angst vor mir zeigte, aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Dann würde ich mir nur Fragen stellen, deren Antwort ich nicht wissen wollte.

"Entschuldigung", flüsterte ich also leise und versuchte verzweifelt, mein Gesicht wieder in den Griff zu kriegen. "Ich habe mich unter Kontrolle, ich tue dir nichts. Versprochen."

Als Davina nichts antwortete, wagte ich einen vorsichtigen Blick zu ihr, aber sie musterte mich nur besorgt und seufzte dann leise auf. "Du siehst furchtbar aus, Alex. Wie lange sind wir schon hier?"

"Zwei Wochen", murmelte ich und zwang mich, nicht auf die Wunde an ihrem Kopf zu sehen. Jetzt wo sie vor mir stand, mit mir sprach und ich mich daran erinnerte, wie sehr ich sie liebte, war es noch schwieriger, diesen Geruch zu ignorieren.

"Du musst etwas trinken", stellte Davina fest und streckte zu meinem Erschrecken ihr Handgelenk in meine Richtung. "Hier, trink. Ich vertraue dir."

"Was? Nein, das kann ich nicht", widersprach ich sofort und wich ein wenig vor Davina zurück. "Ich hatte schon so lange nichts mehr, ein paar Tropfen werden da nicht ausreichen. Und ich will dich auf keinen Fall verletzen."

"Das wirst du auch nicht. Mach dir keine Sorgen, ich habe Elijah schon mal von mir trinken lassen, als ich ihn kennengelernt habe. Damals habe ich mein Blut verzaubert, sodass ein einziger Tropfen gereicht hat, um ihm seine Kraft zurückzugeben." Leise murmelte sie einen Spruch und sah auffordernd in meine Augen. "So, jetzt wirst du auch nicht mehr als einen Tropfen brauchen. Das wird mir nicht wehtun, aber dir helfen. Also trink endlich."

"Davina, du verstehst das nicht. Elijah hat eine unfassbar starke Selbstbeherrschung. Normalerweise habe ich mich auch immer unter Kontrolle, aber ich weiß nicht, wie das bei dir ist. Es ist... schwieriger, sich zu beherrschen, wenn man etwas für die Person empfindet, von der man trinkt. Es heißt, dass das Blut dieser Person umso besser schmeckt, je tiefer diese Gefühle sind. Und ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt wie dich, Davina. Was bedeutet, dass genau das dich in Gefahr bringen könnte."

Einige Sekunden sah Davina mich nachdenklich an, als würde sie überlegen, was sie mit dieser Information anfangen sollte. Ich hatte ihr gerade gesagt, dass ich sie mehr als alles andere liebte, aber ich hatte auch gesagt, dass ich mir nicht sicher war, ob ich sie nicht vielleicht umbringen würde, wenn ich ihr Blut trank. Das waren zwei auf den ersten Blick sehr widersprüchliche Informationen und ich konnte mir vorstellen, wie sehr sie das verwirrte.

"Okay. Aber ich vertraue dir, Alex. Du bist nicht wie andere Vampire. Du wirst mir nichts antun, gerade weil du mich liebst. Und ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Also bitte, trink. Nur einen Schluck, dann wird es dir besser gehen."

Leise seufzte ich auf und nickte dann ein wenig. Sie konnte wirklich stur sein, wenn sie wollte, und ich fand keine Gründe mehr, es nicht zu versuchen. Nur ein Schluck und dann wieder aufhören. Das hatte ich schon so oft getan, das sollte ich hinkriegen. Vorsichtig nahm ich Davinas Handgelenk, das sie mir noch immer entgegenhielt und sah noch einmal fragend zu ihr auf. Noch könnte sie es sich immer noch anders überlegen. Doch sie nickte nur bestätigend und ich biss langsam in ihre zarte Haut.

Der Geschmack war überwältigend, noch intensiver als ich es mir je hätte vorstellen können. Ich war fest entschlossen, nur einen einzigen Schluck zu nehmen und dann sofort wieder von ihr abzulassen. Zumindest war ich das, bis ich ihr Blut schmeckte. Auf den ersten Schluck folgte ein zweiter, dann ein dritter.

Wie durch einen Schleier spürte ich, wie sich eine Hand an meine Wange legte und von weiter Ferne drang Davinas Stimme zu mir hindurch. "Das ist genug, Alex. Du kannst aufhören." Ein vierter Schluck. "Ich weiß, dass du es kannst." Ein fünfter. "Ich liebe dich, Alex."

Bei diesen Worten hörte ich auf, von ihr zu trinken. Sofort ließ ich ihr Handgelenk los und trat einen Schritt zurück. Sie hatte diese Worte bisher noch nie ausgesprochen und mein Herz schlug unwillkürlich schneller. Aber ich konnte mich nicht darüber freuen, dass sie das endlich gesagt hatte. Zu sehr schämte ich mich, dass ich für einen kurzen Moment tatsächlich die Kontrolle verloren hatte. Fünf Schlucke. Das würde sie nicht wirklich verletzen, aber das war definitiv zu viel. Ich hatte mich nicht zusammenreißen können. So etwas durfte nie wieder passieren.

"Es tut mir so leid", flüsterte ich und wagte es kaum, in Davinas Augen zu schauen. "Ich habe versucht, mich zu beherrschen, aber... Habe ich dich verletzt? Geht es dir gut?"

"Mir geht es wunderbar." Mit ihrer Hand, die noch immer an meiner Wange lag, zwang sie mich sanft dazu, zu ihr aufzusehen. "Du hast aufgehört, das ist das Wichtigste. Du hast mir nicht wehgetan."

"Aber ich hätte es beinahe getan. Es hätte nicht viel gefehlt und ich-"

"Shh, mach dir keine Vorwürfe. Ich habe doch darauf bestanden, dass du von mir trinkst. Und ich bereue es nicht. Genauso wie ich keines meiner Worte bereue. Ich vertraue dir, voll und ganz. Weil ich dich liebe, Alex. Ich liebe alles an dir."

Die Wölfin - The Originals FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt