Kapitel 21 - 3. Mai 2011

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"Okay, der Zauber ist gesprochen", meinte Davina wenige Minuten später und drehte sich zu mir um. Ich konnte sie nur ungläubig anstarren und schüttelte leicht meinen Kopf, um mich wieder zu fangen.

"Das ist wirklich unfassbar beeindruckend." Sie hatte nicht einmal zwei Sekunden dafür gebraucht. Und es handelte sich hierbei immerhin um einen Zauber, der den Urhybriden bis zum Sonnenaufgang in sein eigenes Haus sperren würde. Aber sie hatte nicht einmal den Spruch aufsagen müssen. Ein Blick und ein Gedanke von ihr hatten genügt, um eine ganze Villa abzusperren. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen.

"Danke", grinste Davina verlegen und sah dann sehnsüchtig in Richtung Stadt. Sie wollte mit Sicherheit am liebsten noch etwas machen und ihre Freiheit auskosten, bevor sie wieder zurück in den Dachboden musste.

"Also gut, was machen wir jetzt? Du hast mir immerhin wirklich geholfen, dafür würde ich mich gerne bei dir revanchieren."

Sofort drehte sich Davina wieder aufgeregt zu mir, dann verblasste ihr Lächeln aber. "Wir sollten wieder zurückgehen. Marcel wird sich Sorgen machen, wenn ich zu lange weg bin. Und er hat ja auch recht. Die Hexen sind auf der Suche nach mir. Wenn sie mich finden, werden sie versuchen, mich umzubringen, um das Ritual zu vollenden. Und ich würde gerne noch ein bisschen leben."

Nachdenklich sah ich sie an, nickte dann aber. Wahrscheinlich stimmte es, was sie sagte. Es war zu gefährlich für sie dort draußen. Aber wenn ich daran dachte, wie stark sie war, bezweifelte ich, dass ihr irgendjemand wirklich gefährlich werden könnte. Langsam bekam ich das Gefühl, dass Marcel sie nur in diesem Dachboden behalten wollte, weil sie ihm dort am nützlichsten war. Das sprach ich jedoch selbstverständlich nicht aus. Stattdessen begleitete ich sie nur zurück in die kleine Kirche, wo Davina mich wieder ansah.

"Marcel wird wollen, dass ich dir die Erinnerungen nehme. An diesen Ort und an mich. Er will nicht, dass irgendjemand von meiner Existenz weiß", fing sie leise an.

Aus irgendeinem Grund machte mich das sofort traurig, ich zwang mich aber, mir das nicht anmerken zu lassen. "Und wieso sagst du mir das statt es einfach zu machen?" Eigentlich sollte ich mich wohl wundern, dass sie zu so etwas überhaupt in der Lage war, aber bei ihr wunderte mich mittlerweile gar nichts mehr.

"Weil ich es eigentlich gar nicht will", antwortete sie ehrlich. "Das gerade war die schönste Stunde, die ich seit langem hatte. Auch wenn wir nicht wirklich etwas unternommen haben, war es schön, mal wieder nach draußen zu kommen. Du hättest das nicht für mich tun müssen und doch hast du es getan. Ich fände es schade, wenn du das vergisst."

Unwillkürlich musste ich ein wenig lächeln, als sie das sagte. Ich hatte auf so eine Antwort gehofft. "Dann nimm mir die Erinnerungen nicht. Ich werde niemandem von diesem Ort erzählen, das verspreche ich dir. Und im Gegenzug werde ich dich regelmäßig besuchen. Ich meine, seien wir mal ehrlich. Ich mag Marcel, aber wenn du wirklich immer nur zu ihm Kontakt hast, dann muss das irgendwann wirklich langweilig werden."

Davina musste leise lachen und versuchte, das irgendwie hinter einem Husten zu verstecken. Gelang ihr nicht besonders gut. "Okay, das klingt nach einem fairen Deal. Ich denke, ich kann es einfach mal vergessen, dass du mich nicht kennen solltest. Schließlich vertraut Marcel dir, das hat er selbst gesagt. Also dann, wir sehen uns."

Mit diesen Worten ging sie zurück in ihren Dachboden und ließ mich leicht lächelnd zurück. Der Gedanke, dass ich sie jetzt öfter treffen könnte, gefiel mir irgendwie. Mein Lächeln verblasste jedoch, als ich daran dachte, dass ich jetzt mit Niklaus sprechen müsste. Er würde sicher furchtbar wütend sein, wenn er merkte, dass ich ihn eingesperrt hatte. Aber so würde er mir zuhören müssen und ich könnte endlich alles erklären.

Die Wölfin - The Originals FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt