Ich hatte mein Versprechen gehalten und war erst gegangen, als ich gehört hatte, dass Marcel die Kirche betrat. Ich dachte, ich würde erst mal nichts mehr von Davina hören, aber da hatte ich mich geirrt. Ich war nach dieser langen Nacht gerade erst wieder aufgestanden, als Marcel mich anrief.
"Hey, Alex, interessierst du dich zufällig für Musik?"
Verwirrt fuhr ich durch meine Haare und verdrehte leicht die Augen. Ich hasste es, wenn er nicht einfach sofort sagte, was er von mir wollte.
"Wer tut das nicht?", antwortete ich mit einer Gegenfrage. "Wieso fragst du? Brauchst du Gesangsunterricht von mir?"
Am anderen Ende der Leitung hörte ich, wie Marcel leise lachte. "Nein, vielen Dank. Aber heute Abend ist das alljährliche Dauphine Street Music Festival und ich habe mich gefragt, ob du dort hingehen möchtest."
"Mit dir sicher nicht", meinte ich ohne nachzudenken und schlug mir gedanklich vor die Stirn. Ich sollte mir angewöhnen, erst zu denken und dann zu reden. Männer waren doch immer gleich so sensibel, wenn man sie abwies. Zu meinem Glück war Marcel jedoch nicht wie andere Männer, denn er lachte nur wieder.
"Das stand auch nicht zur Auswahl." Erleichtert atmete ich auf. Ich hasste es, wenn meine männlichen Freunde plötzlich anfingen, mehr zu wollen. Das war immer anstrengend. "Und wie sieht es mit Davina aus? Sie will unbedingt dorthin und hat mich überzeugt, dass ich sie gehen lassen sollte."
Sofort musste ich ein wenig grinsen. Also hatte Davina doch verstanden, dass Marcel sie nicht ewig einsperren konnte. "Und ich soll mitgehen, um den Babysitter zu spielen", riet ich.
"Ja, so könnte man es sagen. Eine Frau, mit der ich mich schon ein paar Mal getroffen habe, begleitet sie, aber sie ist nur ein Mensch. Ich würde mich wohler fühlen, wenn du auch in ihrer Nähe wärst. Du hast es schließlich schon einmal geschafft, sie sicher wieder zurückzubringen."
"Okay."
"Okay?", wiederholte Marcel überrascht. Er hatte wohl damit gerechnet, dass er mehr tun müsste, um mich zu überzeugen.
"Ja, okay. Ich kann mir Schlimmeres vorstellen, als den ganzen Abend mit Davina und deiner Vielleicht-bald-Freundin zu verbringen und Spaß zu haben. Ich würde auch mitgehen wollen, wenn Davina keinen Schutz bräuchte."
Einige Sekunden schwieg Marcel erstaunt, dann hörte man aber sein Grinsen aus seinen Worten heraus. Vielleicht hatte ich doch ein wenig zu euphorisch geklungen. "Na dann. Wir treffen uns heute Abend im Rousseaus. Und sei ja pünktlich."
Leicht grinsend verdrehte ich meine Augen, als er das sagte und dann auflegte. Als ob ich jemals unpünktlich gewesen wäre. Höchstens ein- oder zweihundert mal. Aber heute würde ich definitiv nicht zu spät kommen. Denn heute würde ein wunderbarer Abend werden.
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Die Wölfin - The Originals FF
Fanfiction• Beendet • Eigentlich war ich ein ganz normales Kind in unserem Dorf. Jeden Monat bei Vollmond verwandelte ich mich in ein gefährliches Raubtier, einen Wolf, aber das war bei uns nichts Außergewöhnliches. Die Verwandlungen waren schmerzhaft, aber m...