Kapitel 25

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„Puh, jetzt bin ich aber pappsatt." Linus, der mir gegenüber saß, lehnte sich zufrieden in seinem Stuhl zurück. Ihm schien es gut geschmeckt zu haben, denn er hatte sein Pfännchen immer wieder mit neuen Kreationen beladen. „Du hast ja auch zugeschlagen wie ein Bagger." Seine Freundin schüttelte missbilligend den Kopf. Also irgendwie nervte mich diese spaßbefreite Trude echt. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass Luca und sie......nee, das passte ja in tausend Jahren nicht. „Du weißt doch, dass es nicht wirklich gesund für den Körper ist noch so viel zu essen. Und alleine das viele Cholesterin, das in dem Käse drin ist. Ich will nicht, dass du auch einen Herzinfarkt wie mein Papa bekommst." Ihre letzten Worte klangen fast kläglich. Leises Mitleid kam in mir auf. Sie hatte ja vorhin erzählt, dass ihr Vater im Pflegeheim war und sie sich deshalb um die kleine Schwester und die Firma kümmern musste. Vielleicht musste man da einfach etwas mehr Verständnis für ihre Situation aufbringen. „Ach, nu mach dir mal keinen Kopf. Wir finden schon einen Weg das später wieder abzubauen und mich fit zu halten." Er wackelte mit seinen Augenbrauen und jedem außer den beiden kleinen Mäusen war wohl klar, was er damit meinte. Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen, als ich das zarte Erröten seiner Freundin sah und wie sie ihm leicht grummelnd gegen den Oberarm boxte. So viel Temperament hätte ich ihr gar nicht zugetraut. „Heh, Pepincito!", kicherte er und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, was sie noch mehr erröten ließ. Oh man, die war ja echt total verklemmt. „Wie hast du sie eben genannt?", platzte es lachend aus mir heraus und auch Luca grinste breit. „Kleines Gürkchen ist irgendwie niedlich." Wow, noch ein Gefühlsausbruch von ihr. Und wenn sie so weitermachte, war ihr Kopf die einzige Blutansammlung in ihrem Körper. Ob sie wohl immer noch strahlen würde, wenn sie wüsste, dass es sich nicht um ein kleines Gürkchen sondern um eine Essiggurke handelte? Obwohl irgendwie passte das für mein Empfinden ziemlich treffend zu ihr, so wie ich sie bis jetzt kennengelernt hatte. „Du sprichst Spanisch?" Ich nickte ihr zu. „Ja, und Italienisch, Französisch. Und natürlich Englisch. Wäre ja als Übersetzerin sonst ziemlich schlecht." Scheinbar schien sie beeindruckt, so wie sie mich anschaute. „Und sie ist so ein Naturwissenschaftsgenie mit Master in Mathe", setzte Luca noch nach. „Wow!" Also Linus schien definitiv beeindruckt. „Dann bist du also auch eine von den Frauen auf der Karrierespur." Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin einfach nur Übersetzerin in einem mittelständischen Unternehmen. Meine Karriere sitz hier." Ich deutet mit meinem Kopf zu Espie, die schon ziemlich ruhig in ihrem Essstühlchen saß. „Was willst du jetzt eigentlich machen?" Linus schaute Luca fragend an. „Hast du schon irgendwelche Pläne?" Luca schüttelte nur wortlos den Kopf und machte auch nicht den Eindruck noch etwas dazu sagen zu wollen. „Du könntest jederzeit wieder in der Firma anfangen. Wir würden bestimmt wieder ein gutes Trio abgeben", schlug Linus vor und sein Essiggürkchen nickte dazu. „Ja, wir wollen nämlich immer noch Papas Plan mit der Expansion im Immobilienbereich vorantreiben. Momentan ist gerade in diesem Sektor eine unglaubliche Rendite drin." Sofort lebte sie auf. Ich war mir gerade nicht sicher, ob ich das bewundernswert oder eher erschreckend finden sollte. Mein Blick ging zu Luca, dessen Gesicht sich verschlossen hatte. „Was haltet ihr davon, wenn wir den Tisch abräumen und dann ein schönes Gesellschaftsspiel spielen", schlug ich schnell vor, denn ich hatte das Gefühl, ein Themenwechsel könnte nicht schaden, damit die Stimmung nicht litt. „Auja, pielen!" Okay, die Lebensgeister meiner Tochter waren wieder erwacht. „Wir haben früher mit Papa immer Monopoly gespielt. Habt ihr das?" Auch Natascha schien wieder zugeschaltet zu haben.  Bei dem Wort Monopoly bekam ich leichte Gänsehaut. Das war auch das Lieblingsspiel meiner Mutter, wenn sie sich denn überhaupt einmal dazu herabgelassen hatte, überhaupt ein Spiel in Betracht zu ziehen. Natürlich nur wegen der wirtschaftlichen Früherziehung. „Müsste eigentlich irgendwo hier herumschwirren, Dodo hat mir eins zum Studienbeginn geschenkt."  „Dodo?" Natascha schaute ihn wissbegierig an. „Ja, meine Schwester Lucy nenne ich immer so. Du kennst sie doch." Sofort nickte die Kleine begeistert. „Die Mama von Carmen." „Genau die." Luca stand auf und lief in sein Zimmer, während ich begann den Tisch abzuräumen. Linus unterstützte mich tatkräftig. „Sag mal, weißt du, was in Costa Rica vorgefallen ist?", nutzte ich meine Chance sofort, um vielleicht an ein paar Informationen zu kommen. Linus schüttelte den Kopf. „Ich hatte gehofft, du könntest es mir sagen." Sein Blick ging nachdenklich zur Tür. „Ich werde ihm nachher noch einmal auf den Zahn fühlen." Er machte eine kurze Pause und grinste mich dann frech an. „Und ihr beide?" Wieder wackelte er wie schon vorhin bei seiner Freundin mit den Augenbrauen. Ich tat ihm aber nicht den Gefallen wie sie zu erröten, sondern fing lauthals an zu lachen. „Das glaubst du doch selbst nicht. Luca ist doch kein Mumienschänder." „Was bin ich nicht?" Der dunkelhaarige Lockenkopf tauchte im Türspalt auf. „Ein Mumienschänder", klärte ich ihn auf und erntete einen verwirrten Blick. „Die Spaßnase da dachte, wir haben was miteinander. Nee nee, er hat hier nur vorübergehenden Unterschlupf und muss dann warten, bis mein Mietvertrag ausgelaufen ist, ehe er hier einziehen kann." „Und hast du schon Pläne?" Luca zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht. „Na bei meinen Eltern ins alte Zimmer ziehen. Ist zwar irgendwie echt demütigend, aber was soll's." Okay Lisa, seine Mutter war echt okay und sein Vater Leon auch irgendwie, wenn er mir denn endlich mal nicht meinen früheren Lebenswandel nachtragen würde, aber irgendwie konnte ich auch verstehen, wenn man absolut nicht mehr in dem Alter bei seinen Eltern wohnen wollte. „Wieso macht ihr nicht eine WG aus dem Ganzen? So wie es aussieht, läuft es doch ganz gut. Und ich kann für ihn bürgen. Er ist absolut WG-tauglich, wenn du abwäschst, putzt und kochst." Linus zwinkerte mir zu. „Also kochen kann er mittlerweile echt gut", wechselte ich in den Verteidigungsmodus. „Und ordentlich ist er auch." Linus  griff mit ernstem Blick nach Lucas Schultern. „Wer bist du und was hast du mit meinem Kumpel gemacht?" Ich musste lachen. Die Idee mit der WG war gar nicht einmal so dumm, schoss es mir durch den Kopf. Erstens würde es mir noch etwas Geld sparen für anstehende Anschaffungen, wenn ich dann doch ausziehen musste und zum anderen wäre da dann doch noch eine Vertrauensperson ziemlich greifbar für Espie, wenn wirklich einmal etwas mit mir war. Meine Krankheit hatte mir was das anging nämlich einen ziemlichen Schreck eingejagt. Vielleicht sollten wir uns wirklich einmal zusammensetzten und darüber nachdenken. Es könnte echt eine Win-Win-Situation für uns beide sein.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt