Kapitel 99

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„Hat dein Vater schon immer in Bochum an der Uni gelehrt?" Ich schaute Luca überrascht an. „In Bochum?" Er nickte. „Ja, in Bochum an der Ruhr Universität. Ich habe ihn dort getroffen, um ihn für heute einzuladen." Okay, das erklärte auch, warum Papa hier aufgetaucht war. Wenn Luca ihn in der Uni gesprochen hatte, dann war er nicht zu Hause gewesen und der Drache hatte keine Chance etwas davon mitzubekommen. Auch wenn ich innerlich darüber schmunzeln musste, dass das alles an meiner Mutter vorbei lief und sie es nicht hatte verhindern können, legte sich doch ein kleiner Schatten über mein Gemüt. Es bedeutete nämlich gleichzeitig auch, dass sie sobald sie davon erfuhr, alle Hebel in Bewegung setzen würde, um es wieder zu unterbinden. Sofort fühlte ich eine gewisse Unzufriedenheit, denn dieser Umstand bedeutete auch, dass mein Vater sich irgendwann wieder entscheiden müsste. Und ich war mir sicher, dass er keine andere Entscheidung als beim letzten Mal treffen und mich wieder im Stich lassen würde. Warum sollte er sich auf einmal anders entscheiden? Wegen Espie? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Mein Vater war noch nie wirklich gegen meine Mutter aufgestanden. Weder damals bei Carmen, noch als sie mich aus dem Haus gejagt hatte.  Und das konnte ich irgendwie nicht verdrängen. „Nein, früher war er in Düsseldorf an der Uni. Wir haben ja in Oberkassel gewohnt." Ich schüttelte überrascht meinen Kopf. Luca musste sich irren.

„Hier in Düsseldorf haben wir einfach die beste Universität." Papa schaute mich mit einer Überzeugung an, die keinen Zweifel daran ließ, dass das so zutraf. Ich war mir da nicht ganz so sicher. „Und irgendwann werde ich der Fakultät hier vorstehen. Du wirst schon sehen. Und du wirst dann als Professorin auch in meine Fussstapfen treten. Papa war so überzeugt davon, dass ich mich nicht traute diese Hoffnung zu zerstören, denn ich hatte absolut nicht die Absicht an einer Uni zu versauern. Das Leben hatte so viel mehr zu bieten als verstaubte Vorlesungssäle. Außerdem musste ich viel mehr Geld zusammenbekommen als ein Professor, wenn ich meine kleine Carmen irgendwann finden wollte. Und Mathematik ödete mich schon lange an. Nein, mein Leben würde garantiert nicht aus irgendwelchen Formeln, Ableitungen und blöden Studenten bestehen.

Abrupt sprang ich aus dem Bett und lief zu meiner Jeans. Dort in meiner hinteren Hosentasche steckte die Visitenkarte, die mir mein Vater zum Abschied in die Hand gedrückt hatte, damit ich mit ihm Kontakt aufnehmen konnte. Tatsache, dort stand Dekan für Mathematik an der Ruhr Universität Bochum. Was bitte war passiert, dass er seiner geliebten Uni in Düsseldorf den Rücken gekehrt hatte? Zusammen mit der Karte lief ich zurück zum Bett und legte sie auf dem Nachttisch dort ab, ehe ich mich wieder an Luca kuschelte. „Wieso hast du überhaupt versucht, meinen Vater zu finden?" Diese Frage war mir schon ein paarmal durch den Kopf geschossen. „Ich habe doch gesehen, wie du ihn jedes Mal vermisst hast, wenn mein Dad sich mit Espie beschäftigt hat. Und irgendwie dachte ich, es wäre an der Zeit, da mal etwas zu unternehmen. Bist du deshalb sauer?" Ich schüttelte sofort den Kopf. Auch wenn ich widerstreitende Gefühle hatte und dem Ganzen noch nicht traute, hatte ich mich doch sehr gefreut meinen Vater endlich einmal wiederzusehen. Alleine das Bild von ihm mit Espie auf seinem Schoß hatte sich ganz fest in mein Gehirn gebrannt. „Danke, dass du das alles für mich gemacht hast. Du hast dir so viel Mühe mit der ganzen Planung und allem gegeben. Ich weiß gar nicht, wie ich mich da bedanken soll." Ich reckte mich wieder etwas und küsste ihn zärtlich. Meine Hand lag auf seiner Brust. „Ach, ich hätte da schon so ein, zwei Ideen." Er wackelte grinsend mit seinen Augenbrauen und seine Hand fuhr zärtlich über meinen Rippenbogen. Eine ziemlich deutliche Anspielung, worauf er hinaus wollte. Auch, wenn ich wusste, dass er es nicht ernst meinte.....

„Ich habe es geschafft die Fotos meinem Redakteur zu verkaufen. Sie werden in der nächsten Ausgabe erscheinen." Der Kerl mir gegenüber schaute mich lobheichend an. Die Fotos von denen er sprach, waren einige Modeaufnahmen, die ich selbstbezahlt mit einem Agenturfotografen gemacht hatte. Leider schlummerten sie nur im Stock und keiner interessierte sich wirklich dafür. Und mein sogenannter Manager bekam ja auch nichts gebacken und sorgte nicht dafür, dass sie irgendwo auftauchten. Bis jetzt hatte ich nicht einmal einen Cent dafür hereinbekommen und die Klamotten, die ich mir extra für das Shooting zugelegt hatte, waren noch nicht einmal bezahlt. Mein Manager war sowieso eine Flasche erster Güte. Er schaffte es nicht einmal einfache Aufträge an Land zu ziehen. Jedenfalls keine die nicht der Jobbeschreibung einer Hostess entsprachen. Das war aber nicht das, was ich machen wollte. Nein, ich wollte wieder ernstzunehmende Modelaufträge. Glücklicherweise hatte mir der Zufall diesen Knilch von der Zeitung bei einer Veranstaltung vor die Füße gespült. Klar, war er nur eine kleine Nummer, aber  manchmal reichte ja auch eine kleine Nummer, um den Fuß überhaupt erst einmal in die Tür zu bekommen. Wenn meine Fotos dort in seiner Zeitschrift erst einmal abgedruckt wurden, weckten sie garantiert auch bei anderen Zeitschriften das Interesse. Die waren doch alle irgendwie verbandelt. Und dann ..... dann wollten sie vielleicht nicht mehr nur Stockfotos sondern ein richtiges Shooting mit mir. Ja, es war ziemlich schlau von mir, dass ich den Kerl nicht so einfach wieder aus meinen Klauen gelassen hatte. Ich hatte gleich geahnt, dass er mir mit seinen Verbindungen behilflich sein konnte. Vielleicht war da ja bei ihm auch noch mehr herauszuholen. Zum Beispiel ein Bericht oder eine Homestory über mich. Um ihn weiter zu motivieren, musste ich mich aber erst einmal für seinen Einsatz erkenntlich zeigen. Langsam ließ ich die Träger meines Kleids an meiner Schulter herunterrutschen. Wie gut, dass ich heute keinen BH trug und meinen sexy roten String anhatte.....

„Vielleicht machst du ja morgen Lasagne und dazu Karamellpudding für mich", setzte Luca nach einer kleinen Pause zwinkernd nach. Ich musste lachen. So ein Spinner! Früher wäre ich sofort auf seine Anspielung angesprungen und hätte mich mit Sex bedankt oder für einen Gefallen bezahlt. Das war heute nicht mehr so. Nein, bei Luca war das etwas ganz anderes. Da war es auch nicht einfach nur Sex, sondern viel mehr. Es war die Liebe, die uns einfach verband und die wir körperlich ausdrückten. Ja, wir hatten keinen Sex, sondern machten Liebe. Deshalb begann ich auch sanft mit meiner Hand über seine Bauchmuskeln zu streicheln. Nicht, weil ich es musste, sondern weil ich es wollte. Und weil ich das ganz dringende Bedürfnis hatte meinem Freund so nah wie möglich zu sein.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt