„So, können wir dann? Sonst ist der Osterhase nachher schon weg." Luca stand an der Tür und balancierte auf seiner Hand die Kuchenplatte mit dem Kuchen, den wir gestern zusammen mit Espie gebacken hatten. „Nein, Osterhase nis weg!" Meine Tochter, die auch abmarschbereit neben ihm stand, schaute mich verzweifelt an. „Mama eilen." „Mist, ich habe den Tortenheber vergessen." Schnell lief ich noch einmal in die Küche zurück. „Lucy hat mehr als einen Tortenheber", rief Luca hinter mir her. „Und auch Kuchengabeln hat sie." Das war ja gut und schön, aber bei so einer Party konnte man nie genug haben. Aber so etwas war einem Mann natürlich nicht klar. Mit dem Tortenheber und einigen Kuchengabeln in der Hand tauchte ich wieder im Flur auf. „Soll ich noch...." „Nein sollst du nicht. Wenn du jetzt noch Servietten einpacken willst, schmeiße ich dich über meine Schulter und trage dich hier raus." „Servietten. Meinst du wirklich?" Die Idee war gar nicht so verkehrt. Ich müsste auch noch einen ganzen Stapel da haben. „Nein, meine ich nicht. Und jetzt komm! Du musst hier nicht wie ein nervöses Küken herumrennen. Da gibt es überhaupt keinen Grund für." Luca hatte gut reden. Wahrscheinlich würde mir jeder meine Verliebtheit an der Nasenspitze ansehen. Ich musste daran denken, wie ich heute morgen in seinen Armen aufgewacht war und sofort hoben sich meine Mundwinkel. „So, los geht's Spatzl!" „Mama no nis fertid." Espies vorwurfsvoller Blick landete bei mir und ich musste grinsen, denn diesmal war ich mit Sicherheit mit dem Spatzl gemeint, aber meine Tochter fühlte sich angesprochen. Das war halt die Sache, wenn zwei Leute den gleichen Kosenamen hatten. Vielleicht musste Luca sich da bei Gelegenheit doch einen neuen für eine von uns einfallen lassen. Obwohl, eigentlich gefiel mir das Spatzl.
„Da seid ihr ja endlich!" Lucy umarmte als erstes ihr Patenkind und hob es auf ihren Arm. „Na, mein Schatz, hat der Luca wieder so getrödelt? Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr. Es sind nämlich alle schon da." Espie schüttelte bestimmt den Kopf. „Luda nis trödelt, Mama trödelt." Lucys verwunderter Blick wanderte zu mir und ich hob entschuldigend die Schultern, während ich auf den Umhängebeutel auf meiner Schulter tippte. „Ich dachte, du kannst vielleicht noch einen Tortenheber und ein paar Kuchengabeln gebrauchen." Lucy fing an zu grinsen. „Endlich mal jemand, der mitdenkt. Das ist super, die anderen haben alle nur Kuchen mitgebracht, sich aber gedacht der Kuchen hüpft alleine in den Mund. So, jetzt aber ab in den Garten zu den anderen. Ich muss euch ja glücklicherweise nicht erst noch vorstellen." Ja, das musste sie nicht. In meinen Erinnerungen tauchte unser erstes Zusammentreffen damals auf Ibiza auf.....Ich stand am Arm von Andreas. Vor mir stand Carmen und ich sah über ihre Schulter einen riesigen Tisch mit jeder Menge Leuten, die uns scheinbar schon erwarteten. Die Kleine sah in dem Kleid, das ich für sie gekauft hatte wirklich bezaubernd aus. Momentan war sie sehr zurückhaltend mir gegenüber, aber das war ja auch ganz normal, schließlich kannte sie mich ja noch nicht. Das würde sich schon noch ändern.
„Eh, Alter. Warum hast du euch denn heute verkleidet? Karneval ist doch schon durch. Und was ist das da für ein Klammeraffe an deinem Arm?", wurde Andreas von einem älteren dunkelhaarigen Lockenkopf begrüßt und ein rotblonder Typ grinste uns breit an. Was meinten die denn? Karneval? Andreas war doch in seiner dunklen Hose und seinem weißen Hemd angemessen angezogen. Und von was für einem Klammeraffen an Andreas Arm redete der? Erst jetzt klickerte es in meinem Kopf. Der meinte mich! „Ähm, ja also...", begann Andreas stotternd. So wie sich seine Wangen verfärbt hatten, war ihm das wohl peinlich. Natürlich! So feinfühlig wie er immer war, war ihm das Verhalten seines Bekannten mir gegenüber unangenehm. „Ich bin Marlen Guenduzzi. Und ich bin kein Klammeraffe", übernahm ich meine Vorstellung selbst und schickte diesem großmäuligen Typ einen entsprechenden Blick mit. „Ich bin Andreas Freundin und ein viel gefeiertes Model", setzte ich gleich noch nach, damit er gleich Bescheid wusste und sich in seinem unverschämten Umgang vielleicht mal ein wenig überdachte. „Ich muss auf Toilette, Lucy." Die kleine Carmen unterbrach einen weiteren Schlagabtausch und wandte sich an ein junges Mädchen am Tisch. Dann musste das ja.... „Ach, dein Kindermädchen ist auch da, das ist gut, dann haben wir mehr Zeit für uns." Ich schenkte Andreas ein begeistertes Lächeln für seine Weitsichtigkeit. Schließlich war das ja unsere erste gemeinsame Party und die wollte ich mit ihm genießen und auch ein wenig seine Freunde kennenlernen. Das wäre ja schwierig, wenn wir uns um das Kind kümmern müssten. Als das Kindermädchen aufstand, traute ich meinen Augen nicht. Sie trug das gleiche Kleid, das ich anhatte. Ein Designerkleid von dem Label für das ich bei unserem Kennenlernen geshootet hatte. Wie konnte sich das bitte ein Teenie leisten? „Also auf alle Fälle zahlst du ihm viel zu viel, wenn es sich dieses Kleid kaufen kann." Ich deutete mit meiner Hand auf die Kleine. „Mädchen, das gehst du aber gleich ausziehen, denn ich möchte hier nicht das doppelte Lottchen spielen." Das war ja wohl das Mindeste, dass das Personal nicht das gleiche Kleid trug wie ich. Die Ansage musste wohl sein, denn ich bezweifelte, dass sie von alleine auf die Idee kam. „Na dann würde ich mich an Ihrer Stelle ganz schnell umziehen gehen. Denn meine Tochter kann sich das Kleid wenigstens leisten und muss es nicht vom Shooting mitgehen lassen." Wie bitte? Ich schaute in das Gesicht einer Frau, die nur etwas älter als ich war. Woher wusste sie, dass mit dem Kleid? Außerdem was hieß hier mitgehen lassen? Ich hatte es als Erweiterung meiner Gage mitgenommen, die sowieso viel zu niedrig ausgefallen war. Und das Label hätte es sowieso nur entsorgt, während ich es wunderbar gebrauchen konnte und damit sozusagen unbezahlte Werbung machte, in dem ich es trug. Das nannte man Win-Win-Situation. Ich schaute mir die Frau noch einmal genauer an. Das war ja die Fotografin aus Andreas Agentur. Okay, sie war nur die Fotografin, beruhigte ich mich. Das hieß sie hatte dort nicht wirklich etwas zu melden. „Außerdem sieht sie darin auch viel hübscher aus." Dieser vorlaute Lockenkopf ging mir so langsam echt auf die Nerven. Konnte der nicht einfach mal seine Klappe halten? Und wie schaute der mich überhaupt an? Was sollte dieser abwertende Blick? Hatte er vorhin nicht zugehört, wer ich war? „Und sie ist wenigstens noch nicht zu alt für den Fummel." Hinter dem Mädel war noch so ein Jungspund aufgetaucht. So ein typischer Schuljunge mit gegelten Haaren, der garantiert nur auf Papis Kosten lebte und das Krokodil auf seiner Brust mit Sicherheit nicht von seinem eigenen Taschengeld bezahlte. Jetzt reichte es aber wirklich. Das musste ich mir ja nun wirklich nicht bieten lassen. „Das .....das", Ich drehte mich zu Andreas um. „Das ist eine Unverschämtheit. Hier bleibe ich keine Sekunde länger." Ich hatte mich wirklich drauf gefreut seine Freunde und Bekannten kennenzulernen, aber bei den negativen Wellen, die mir hier entgegenschlugen, war diese Freude wohl einseitig. Nein, das würde ich mir mit Sicherheit nicht geben. Sauer drehte ich mich um und lief los.....Ja, mein erstes Zusammentreffen mit der gesamten Familie Goretzka war damals alles andere als gut gelaufen. Aber es hatte sich ja eine Menge geändert. Der gegelte Schuljunge war jetzt mein Freund. Und das Kindermädchen genau wie die Fotografin waren Freundinnen von mir. Okay, Leon und ich standen immer noch etwas auf Kriegsfuß, was aber nicht von mir ausging. Die Frage war nur, wie Lucas Familie reagieren würde, wenn sie von uns beiden erfuhren. Alleine schon bei dem Gedanken wurde mir mulmig zumute. Aber das würde nicht heute passieren, beruhigte ich mich schnell wieder. Nein, heute wurde nur Ostern gefeiert.
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomantizmGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...