Die letzten drei Tage hatte ich fast nur geschlafen. Diese dämliche Erkältung hatte mich mit dem Fieber total Schach matt gesetzt. Heute fühlte sich mein Kopf aber nicht mehr nach Zuckerwatte an und meine Glieder gaben mir auch nicht mehr das Gefühl aus Pudding zu bestehen. Ich setzte mich auf und fuhr mir mit meinen Händen durch meine Haare. Oh prima, das sparte die Handcreme, so fettig wie sie waren. Bäh! Ich brauchte dringend eine Dusche, bevor ich mich noch mehr vor mir selbst ekelte. Außerdem musste ich unbedingt das Bettzeug waschen und beziehen. Ja, das war dringend nötig und ich würde wieder mit Luca die Bettstätten tauschen. Er hatte nämlich darauf bestanden, dass ich während ich krank war nicht auf dem Schlafsofa im Wohnzimmer schlief, sondern in sein Zimmer zog, und im bequemeren Bett dahin vegetierte. Auch wenn das ein freiwilliges Angebot von ihm gewesen war, gegen das ich mich zu erst heftig gesträubt hatte, musste ich zugeben, dass es schon ziemlich nett von ihm war. Bei seiner Größe war das Schlafsofa bestimmt nicht annähernd so bequem wie für mich. Ein leises Klopfen an der Tür ertönte, ehe sie schwungvoll geöffnet wurde und Espie herein gehüpft kam. Auf ihrem Kopf thronte ein kleines Krönchen mit einem roten Kreuz darauf und um ihren Hals hing ein Spielstethoskop. „Mama muss Mezin nehmen." Ich begann bei dem ernsthaften Blick meiner Tochter zu schmunzeln. Sie würde wirklich eine strenge Krankenschwester abgeben. „Na, da sieht ja jemand schon viel munterer aus." Luca war hinter ihr aufgetaucht und lächelte mich an. „Und wie geht es dir?" „Als wäre nie etwas gewesen." Ich schmiss meine Decke zurück und sprang aus dem Bett. Okay, das war vielleicht doch etwas schnell. Luca hatte mich reaktionsschnell am Arm gepackt und davor bewahrt einen Abgang zu machen. „Na mal nicht so schnell mit den jungen Pferden", grinste er mich an und schob mich wieder zurück auf die Bettkante. Man, kam ich mir hier gerade blöd vor. „Mama lansam mit Pferd!", quietschte auch Espie. „Ich glaube du brauchst erst einmal noch eine Stärkung und dann nimmst du einen neuen Anlauf",zwinkerte mir Luca zu. „Espie, du gibst der Mama den Hustensaft und ich hole noch einen Teller von der Goretzka Gesundheitsbrühe. Dann ist die Mama bald wieder fit." „Jaaaa, Mama fit!" Die Begeisterung war meiner Tochter nicht nur ein wenig anzusehen. Trotzdem reichte sie mir vorsichtig den Löffel und die Flasche mit dem Hustensaft.......„Endlich geht es dir wieder besser, Mädel." Meine Gastmutter Demi schaute mich zufrieden an als ich aus dem Bad zurück in mein Zimmer kam, in dem sie auf mich wartete. „Jean und ich haben uns echt Sorgen um dich gemacht." Ich hatte die ganze letzte Woche nur im Bett gelegen, weil ich Fieber gehabt hatte und die letzten zwei Tage, war ich dann so schlapp und deprimiert gewesen, dass ich mich geweigert hatte aufzustehen. Ich fühlte mich hier so alleine, auch wenn das eigentlich ungerecht gegenüber Demi und Jean war, die mich wirklich liebevoll versorgten. Wenigstens hatte der Hausarzt, der immer vorbeikam, mir die Sorgen nehmen können, dass mein Baby in Mitleidenschaft gezogen wurde. Er hatte mir versichert, dass es ihm gut ging. Wie zur Bestätigung spürte ich ein leichtes Kribbeln im Bauch. Es fühlte sich fast an wie sanfte Schmetterlingsflügel. Ich musste an das Denken, was in meiner Zeitschrift stand. Das war ein Zeichen von meinem Kleinen. „So, dann komm mal schnell runter. Im Esszimmer wartet eine Überraschung auf dich." Demis Augen blitzten spitzbübisch auf und ich spürte eine gewisse Neugier in mir erwachen. Schnell schlüpfte ich aus dem Bademantel in meine Klamotten, die ich vor der Dusche schon auf dem Bett bereitgelegt hatte und folgte meiner Gastmutter die Treppe hinunter. Aus dem Esszimmer hörte ich zwei Männerstimmen. Eine davon war eindeutig Jean und die andere...... „Papa!" Ich riss die Tür auf und stürzte in den Raum. Mein Papa saß am Tisch gegenüber von Jean und sprang bei meinem Anblick sofort auf, so dass sogar sein Stuhl umkippte. „Genia!" Er kam auf mich zu und zog mich in eine warme Umarmung. Das fühlte sich so gut an..... so geborgen. Man, hatte ich das vermisst. „Eh, du Gurke! Und mich begrüßt du gar nicht?" Ich drehte mich erschrocken um. „Pauli!" Ich löste mich schlagartig von meinem Papa und rannte zu meiner besten Freundin, die mich sofort wild umarmte. Wir hüpften gemeinsam über den Teppich. „Na die Überraschung ist uns ja wohl geglückt!", lachte Papa. „Ihr wolltet doch erst nächste Woche kommen." Ich konnte es immer noch nicht glauben. „Wir dachten, du könntest uns vielleicht schon ein bisschen früher verkraften", gackerte Paula los. Und wie ich das konnte. Sofort ging es mir unglaublich gut. Ich hörte ein Räuspern und drehte mich um. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. „Hat hier jemand vielleicht Appetit auf Pfannkuchen mit Blaubeeren?" „Frau Kowalski!" Ich rannte zu unserer Haushälterin, die alle Hände voll zu tun hatte, den Teller mit den Pfannkuchen festzuhalten, weil ich sie so schwungvoll umarmte. „Das heißt dann wohl ja", lächelte sie mich liebevoll an. „Na dann lasst uns essen!" Wir liefen zusammen zum Tisch und setzten uns. Ich ließ meinen Blick immer noch ungläubig über meine Überraschungsgäste gleiten. „Ich dachte mir, ich nehme Frau Kowalski mit, damit Paula auch eine weibliche Bezugsperson in der Pension hat. Das war wohl ein weiser Entschluss!" Ja, mein Papa war ein absoluter weiser und toller Mann. Im Moment könnte ich gerade nicht glücklicher sein. Ich schaute zu meiner besten Freundin, die sich gerade ein Stück Pfannkuchen in den Mund schob. Ich hatte die beste Freundin der Welt. So etwas war mit nichts auf der Welt zu bezahlen....
Ja, gute Freunde waren wichtig. Das hatten mir auch gerade die letzten Tage gezeigt, in denen Luca mich versorgt und sich um Espie gekümmert hatte. Sofort traf mich mein schlechtes Gewissen. Ich musste mir unbedingt ein Dankeschön dafür einfallen lassen. Mein Blick viel zu dem Kalender an der Wand. „Heute ist ja Silvester", platzte es aus mir heraus als er mit einer Schale dampfender Nudelsuppe vor mir auftauchte. „Ja, und? Dann schießen heute wohl wieder genügend Deppen jede Menge Kohle in die Luft, anstatt vernünftige Dinge damit anzustellen. Ganz zu schweigen von der Umweltbelastung." Verwundert schaute ich ihn an. „Es gibt wirklich wichtigeres auf der Welt. Außerdem beginnt da doch auch nur wieder ein neuer Monat und du musst dir eine neue Jahreszahl einprägen. Was soll also der ganze Hype?" „Na ja, als ich in deinem Alter war, hat man schon mit seinen Freunden groß gefeiert. Gehst du denn nicht mit deinen Freunden feiern?" Er schüttelte den Kopf. „Nö, ich dachte ich mache es mir mit Espie etwas gemütlich und wir spielen etwas." Das ging ja gar nicht. „Du hast dich schon die letzten Tage um sie gekümmert. Du hast heute frei. Mir geht es wieder gut. Warum verabredest du dich nicht mit Phil und gehst zu der großen Silvesterparty?" Luca verzog sauer sein Gesicht. „Hast du mir eben nicht zugehört? Ich lege keinen Wert auf so einen Blödsinn." Seine Abwehr verwunderte mich. „Aber man will doch was mit seinen Freunden unternehmen. Freundschaften wollen gepflegt werden. Du musst dich Espie und mir nicht verpflichtet fühlen." Mich traf sein wütender Blick. „Ist das wieder eine freundliche Umschreibung dafür, dass du mich heute los werden willst? Dann kannst du es mir auch direkt sagen." Ich schüttelte schnell den Kopf. „Nein, aber in deinem Alter ist man doch lieber mit Gleichaltrigen zusammen und nicht mit einer alten Frau und einem Kleinkind." Luca stöhnte auf. „Das nenne ich Fishing vor Compliments. Erstens bist du keine alte Frau und zweitens mag ich Espie durch Zufall. Außerdem ist Phil nur ein loser Kumpel und der Bruder meiner Ex. Von Freunden kann da keine Rede sein. Oder meinst du ich hatte im letzten Jahr irgendwelchen Kontakt mit ihm? Ich habe da nur einen wirklichen Freund und der heißt Linus." Okay, das war mir neu. Mir kam aber ganz spontan eine Idee und die gefiel mir ausnehmend gut, denn sie bedeutet auch gleichzeitig, dass ich etwas gefunden hatte, mit dem ich mich bei Luca für seine Pflege und Unterstützung bedanken konnte.
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomansaGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...