Kapitel 43

209 42 12
                                    


Ich musste fest schlucken. Das war so süß.....und so romantisch. Mein Blick lag auf Maja, die ganz gerührt ihren Freund Will anschaute, der vor ihr kniete. Wie lange hatte er das wohl mit ihrer kleinen Hündin Susi trainiert, dass sie die Rose im Maul behielt und ruhig neben ihm saß? Das war so ein süßes Bild, das sich garantiert in mein Gedächtnis einfraß. „Hier. Ich habe dir doch gesagt, dass du Taschentücher einpacken sollst." Leokardia hatte mich angestupst und mir ein Taschentuch gereicht. Mir war gar nicht aufgefallen, dass sich wirklich eine Träne aus meinem Augenwinkel gelöst hatte. Ja, so Heiratsanträge machten mich immer etwas melancholisch. Wahrscheinlich lag das daran, dass ich mir früher mit Paula immer ausgesponnen hatte, wie wir irgendwann einmal von unserem zukünftigen Mann gefragt wurden.

„Also ich möchte, dass er auf einem weißen Pferd angeritten kommt und dann aus dem Sattel springt und sich vor mir hinkniet." Paulas Augen hatten zu glänzen begonnen. „So wie der in dem Film. Du weißt schon, wen ich meine, oder?" Ich nickte. Klar, wusste ich, wen sie meint. Schließlich hatten wir den Film ja schon oft genug gesehen. „Und wie stellst du dir das vor?" Ihr neugieriger Blick ruhte auf mir. Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung."   Irgendwie war es mir peinlich ihr das zu sagen. Paula schien mich aber durchschaut zu haben. „So ein Blödsinn. Du weißt garantiert genau, wie du dir deinen Heiratsantrag vorstellst. Das weiß doch jede Frau."  Okay, irgendwie hatte ich da schon eine Vorstellung. Die hatte aber nichts mit einem weißen Pferd zu tun. „Ich stelle mir das eher einfacher vor. Der Mann soll mich einfach fragen. Viel wichtiger ist doch, dass ich weiß, dass er mich liebt und dass das auch für immer so ist." Paula stöhnte auf. „Manno, du bist so romantisch wie die Formelsammlung." Sie deutete auf das Buch, das vor uns auf dem Schreibtisch lag.....

Okay, damals waren wir so zwölf oder dreizehn Jahre alt und weit entfernt davon, dass das Realität wurde. Okay, genaugenommen war ich damals wahrscheinlich sogar dichter dran als heute, denn das Thema war für mich ja durch. Kein Mann würde eine Ex-Prostituierte mit einem Kleinkind heiraten. Nee, die Hoffnung jemals zu heiraten hatte ich schon vor langer Zeit begraben. Ich konzentrierte mich wieder auf Maja, die total gerührt aussah und ganz leicht mit dem Kopf nickte. Scheinbar versagte ihre Stimme wohl. Will zog dem Hund ganz vorsichtig die Rose aus dem Maul und löste den Ring, der an der Blume mit einer Schleife befestigt war, ehe er ihn Maja auf den Finger schob und sie in seine Arme zog. Die beiden küssten sich liebevoll.  Ich freute mich unglaublich für Maja. Sie und Will passten perfekt zusammen, ehrlich gesagt viel besser als sie und Luca damals. Mist, Luca......wie er das Ganze wohl aufnahm. Immerhin verband ihn ja eine langjährige Beziehung mit Maja. Und sagte man nicht immer, die erste Liebe vergaß man nie? Ich ließ meinen Blick durch den Raum wandern und entdeckte ihn an einen Pfeiler gelehnt mit einer Bierflasche in der Hand. Vorsichtig schob ich mich durch die umstehenden Leute, um zu ihm zu gelangen. „Na, alles okay?" Er nickte wortlos und starrte in Richtung Will. „Der macht das richtig. Der hat aber auch einen Job und kann der Frau was bieten." Okay, das war wohl nicht die erste Bierflasche, die er trank, denn seine Zuge schien schon etwas schwer zu sein. „Aber was bin ich schon. Ein nichts. Ich weiß ja nicht einmal, was ich will. Damals wollte ich Maja auch irgendwann heiraten." Er lachte traurig. „Ich hatte so viele Pläne. Und mit den blöden Plänen habe ich alles kaputt gemacht. Also habe ich es ohne Pläne versucht. Ist aber auch nicht besser geworden." Oh oh, da hatte aber jemand gerade einen ziemlich Melancholischen. Luca setzte die Flasche an und trank sie mit einem Schluck leer. Schwungvoll drehte er sich um und lief die paar Meter bis zur Bar. „Magst du auch etwas trinken?" „Ein Wasser, bitte!" Luca schaute mich schockiert an. „Igitt, da treiben es ja die Fische drin." So wie er schaute musste ich echt schmunzeln. In seinem stark angeheiterten Zustand hatte er irgendwie etwas Lausbubenhaftes. „Du solltest auch auf Wasser umsteigen", riet ich ihm. Empört schüttelte er seinen Kopf und aus seinem Zopf lösten sich einige Strähnen. „Ich bin Bayer und Bier ist ein Grundnahrungsmittel. Also eigentlich trinke ich gar nicht, sondern esse. Wasser ist nur zum Waschen da." „Eh, der Erbsenzähler ist ja schon gut bei der Sache." Tessa, eines der sechs Geburtstagskinder des heutigen Tages, hatte sich zu mir gesellt und beobachtete Luca grinsend wie er das Wasser und ein Bier bestellte. „Hallo, Hoh....hicks....Hohlbirne. Alles Gute.....zum Ge...gedingsda." Mit den beiden Flaschen in der Hand umarmte er Tessa, die ihn gleich wieder von sich schob. „Eh, ich wollte keine Bierdusche." „Tschuldigung!" Der Kerl schaute sie belämmert an. Also es war wohl an der Zeit ihn nach Hause zu schaffen, bevor ihn seine Eltern noch so entdeckten. In dem Fall konnten wir nämlich morgen noch vor dem Aufstehen mit der persönlichen Anlieferung eines Katerfrühstücks rechnen. Und wenn ich ehrlich war, würde ich gerne am Samstag ein wenig länger schlafen.  „Passt du einen Moment auf ihn auf?", bat ich Tessa. „Ich fange Espie ein und dann bringe ich ihn nach Hause, ehe er noch Schaden anrichten kann." Sie nickte kurz und wandte sich dann an Luca. „Sach mal , Erbsenzähler...." Ich schob mich schnell durch die ganzen Leute zu der Spielecke in der meine Tochter zusammen mit den anderen Kindern beaufsichtigt spielte. Es war schon von Vorteil, wenn die Gastgeberfamilie selbst eine ganze Horde Kinder hatte und wusste, worauf es ankam. „Komm mein Sonnenschein, wir gehen jetzt nach Hause." Espie nickte mir zu und rieb sich die Augen. „Ja, bin müde!" Ich hob die Kleine auf meinen Arm und machte mich auf den Rückweg zur Bar. Luca textete Tessa gerade wieder voll und ich erntete einen dankbaren Blick als sie mich kommen sah. „Sieh bloß zu, dass du den hier weg bekommst. Der ist ja voll wie eine Haubitze." Ich nickte und umarmte sie kurz zum Abschied. „Komm, wir gehen nach Hause." Luca schüttelte empört seinen Kopf. „Na, i moag no a Bia!" Oh oh, er schaltete schon auf bayrisch um. Das war gar nicht gut. „Das gibt es zu Hause. Schau mal Espie schläft schon fast." Sein Blick wanderte zu meiner Tochter, die sich an meine Schulter kuschelte. „Okay" Ehe ich mich versah, hatte er sich das Kind geschnappt und auf seinen Arm genommen. „Is fui zu schwar für di." Das war eigentlich nett, aber angesichts seines Zustands....sicherheitshalber hakte ich mich bei ihm unter und dirigierte ihn aus dem Saal zur Garderobe und dann zum Auto. „Ich fahre!" Auffordernd hielt ich ihm meine Hand hin. „Schlüssel san im Hosabeutel." Wie jetzt?Er erwartete doch wohl nicht, dass ich in seiner engen Jeans nach dem Schlüssel suchte. So wie es aussah wohl schon, denn er grinste mich breit an, während er beide Arme um eine Tochter geschlungen hatte. Ich atmete einmal tief durch und warf ihm einen Blick zu, der verdeutlichte, was ich davon hielt, ehe ich mit spitzen Fingern nach dem Schlüssel angelte. Wie zur Bestätigung bekam ich ein Kichern zu hören. Na das konnte ja noch ein klasse Abend werden.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt