„Alle Gute zum Geburtstag." Auch Leokardia umarmte mich. Mein Blick schweifte weiter. Hinter ihr standen schon Lisa und Leon. „Viel Glück in deinem neuen Lebensjahr." „ Musst du sie daran erinnern, dass sie schon wieder älter wird? Das willst du doch auch nicht hören." Auch wenn sich Leons Spruch im Grunde nicht wirklich nett anhörte, war er nicht böse gemeint. Das zeigte mir sein freundliches Zwinkern. Okay, scheinbar hatte er sich wirklich mit mir abgefunden. „Nee, aber nicht älter werden ist auch keine Lösung, dann musst du ja jung sterben", frotzelte ich zurück. „Da haste auch wieder recht." Er umarmte mich kurz. „Glück brauche ich dir ja nicht wünschen, du hast ja unseren Sohn." „Papa!" Lucy schüttelte ihren Kopf und verzog das Gesicht. „Wieso? Er hat doch recht", bremste ich sie, ehe sie noch irgendeine überflüssige Diskussion in Gang setzte. „Luca ist mein ganzes Glück zusammen mit Espie. Mehr brauche ich wirklich nicht." Und das meinte ich auch wirklich so. So lange ich meine beiden Lieblingsmenschen um mich hatte, brauchte ich nichts anderes. Kein Geld oder Ruhm dieser Welt würde jemals an das Glücksgefühl herankommen, das die beiden mir bescherten, wenn sie mich alleine nur morgens weckten. „Och, ist das süß." Maja umarmte mich als nächste. „Pass auf, sonst verwurstet sie euch noch in einem Liedtext", grätschte Tessa grinsend ihrer Zwillingsschwester ins Wort und machte einen langen Hals zu der Schüssel, die ich auf dem Tisch neben mir abgestellt hatte. „Was ist denn da drin? Ist dat was zum Futtern?" Aha, da kam gerade wieder Tessas ständiger Appetit zum Vorschein. Ich fragte mich immer noch, wo sie das alles hin aß, was sie über den ganzen Tag verteilt verdrückte. Mein Blick ging zur Schüssel und erst jetzt kam ein mulmiges Gefühl in mir auf. Mist, diese eine Schüssel würde garantiert nicht reichen, um alle Gäste abzufüttern. Verflucht, was war Luca da nur eingefallen hinter meinem Rücken Gäste einzuladen, aber nur eine Schüssel Salat - ich nahm jedenfalls an, das sich in der Schüssel Salat befand- einzuplanen. Unsere Gäste mussten uns ja für knauserig halten. Da blieb nur eins, wir mussten einen Pizzadienst beauftragen. Im Geiste ging ich noch einmal unsere Getränkevorräte durch......und einen Getränkelieferservice....und das pronto. Mist. Das riss ein mächtiges Loch ins Budget, gerade jetzt, wo ich doch Rücklagen für Lucas Studium bilden wollte. Egal! „In der Schüssel ist bayrischer Kartoffelsalat nach dem Rezept meiner Oma. Den haben Espie und ich..." „Ja, is snitten" Meine Tochter war scheinbar unbemerkt aufgewacht und wieder fit. „Dat is ja Kinderarbeit", grinste Tessa. „Ob ich dat gut heißen kann, wenn mein Patenkind hier ausgenutzt wird, muss ich mir erst einmal überlegen. Hat hier jemand einen Löffel?" Sie schaute sich suchend um, während sie die Schüssel öffnete. „Stop, die kommt in die Küche zum Rest des Buffets." Lisa entzog Tessa die Schüssel. „Buffet?" Ich schaute sie erstaunt an. „Ja, klar! Meinst du ich lade Besuch ein und wir haben dann nichts hier, um ihn zu verköstigen?" Lucas Blick konnte man durchaus als vorwurfsvoll bezeichnen. Okay, ehrlicherweise hatte ich das vermutete und kam mir gerade ziemlich dumm vor. Natürlich plante Luca eine Überraschungsparty richtig durch. „Du fährst dazu aber nicht die ollen blassen Schlabberwürstchen auf, Erbsenzähler?" Tessa schaute ihn angewidert an. „Nein, das wäre ja wie Perlen vor die Säue werfen, Dumpfbirne. Außerdem sind das keine blassen Schlabberwürste sondern guate boarische Weißwuascht." Ich musste schmunzeln. Irgendwie fand ich es immer total süß, wenn Luca ins Bayrische fiel. „Na Gott sei Dank, das Zeug ist ja zum Würgen. Da is doch so eine richtige Currywurst mit Pommes Schranke wat ganz anderes." Leon grinste breit und hielt Tessa die Hand zum Einschlagen hin. „Du bist wenigstens ein richtiges Kind aus dem Pott." „Joa, aber von den Gedanken allein wird ja auch keiner satt. Wie wäre es, wenn unser Geburtstagskind lieber mal das Buffet eröffnet", schwenkte Tessa sofort wieder ab. „Wenn ich wüsste, wo es ist, würde ich es glatt tun." „In der Küche", zischelte mir Lisa zu. Okay, dann wusste ich ja wenigstens, wer Luca unterstützt hatte. Da war nachher noch ein ausgiebiges Dankeschön fällig. Ich schnappte mir die Schüssel vom Tisch und lief in die Küche. Wow, wer bitte hatte das ganze Essen vorbereitet? Dort standen diverse Salate, Frikadellen, Würstchen und jede Menge Fingerfood. Ich war fast sprachlos....aber nur fast. „Danke an die fleißigen Elfen." Ja, so konnte ich das wenigstens nicht vergessen. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll!" „Wie wäre es mit das Buffet ist eröffnet?", schlug Tessa ganz pragmatisch vor und wartete den Satz gar nicht mehr ab, sondern schnappte sich bereits einen Teller. „Sorry, aber sie war die Vorlage für die Raupe nimmersatt", grinste Max hinter seiner Schwester, die ihn sofort mit einem finsteren Blick abstrafte. Nach und nach belud sich jeder einen Teller und verschwand wieder ins Wohnzimmer. Gerade als ich mir auch etwas auf den Teller packen wollte, klingelte es an der Haustür. „Lass mal, ich mache schon auf. Nimm du dir lieber etwas zu essen." Luca hinkte auf seinen Gehhilfen zur Wohnungstür und betätigte den Türöffner. Ja, meine Neugier hatte mich ihm hinterher getrieben. Wer kam denn jetzt noch? Ich ging in meinem Kopf unseren Besuch durch. Das konnten dann ja eigentlich nur noch Franzi und Marco mit ihren Kindern sein. Oh oh, dann würde es in unserer Wohnung gleich ziemlich voll werden. „Hallo, wo ist denn das Geburtstagskind?", ertönte Linus Stimme und ehe ich mich versah, wurde ich auch schon in eine herzliche Umarmung gezogen. Mit ihm hatte ich ja nun wirklich nicht gerechnet. Also nicht, dass ich ihn nicht wirklich mochte. Das traf absolut nicht zu, denn ich fand ihn wirklich richtig nett, aber eigentlich war er ja Lucas Freund. „Ich dachte mir, wenn ihr schon gemeinsam intrigiert, gehört er hier auch auf die Feier." Scheinbar hatte Luca meine Gedanken erraten, so wie er mir zuzwinkerte als mich Linus aus seiner Umarmung entließ und seinem Freund auf die Schulter klopfte. „Das ist nicht intrigant sondern nur in guter Absicht." Hinter ihm tauchte Ina auf „Herzlichen Glückwunsch", kam es weitaus kühler und weniger herzlich von ihr. Sie reichte mir auch nur majestätisch einen Blumenstrauß. Bei seinem Anblick bekam ich fast Schüttelfrost. Weiße Lilien! Solche Sträuße hatte der Drachen auch immer verschenkt. „Dankeschön!" Ich bemühte mich mir meine Abneigung gegen diese Blumen nicht anmerken zu lassen. „Is jemand gestorben? Oder warum hältst du das Totengemüse da in den Händen?" Okay, Tessa schien wohl genau wie ich von diesen Blumen zu denken. Mich erinnerten sie auch immer an ein Grabgesteck. „So alt biste ja nun auch noch nich." Ina gab nur ein empörtes Schnauben von sich, während Tessa mit ihrem leeren Teller an ihr vorbei in die Küche marschierte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass hier heute das Potential für die ein oder andere Spannung in der Luft lag. Aber ehrlich gesagt war mir das egal. Ich würde meinen Geburtstag nach all den Jahren mal wieder genießen. Da konnte auch ein gefrostetes verklemmtes Essiggürkchen nichts dran ändern.
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomanceGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...