„Das ist so schön, dass wir dich bei uns haben." Alex strich mir mit ihrer Hand über den Arm, während wir beide nebeneinander auf der Terrasse saßen. Wir beobachteten meinen Papa, der mit Espie und Ben Ball spielte. Und Luca stand daneben, um eingreifen zu können, falls es meinem kleinen Sonnenschein zu viel wurde. Dieses Bild brannte sich genauso in mein Herz wie das vom Geburtstag. Meine Tochter quietschte vor Freude und mein Bruder strahlte auch. Er gab sich auch alle Mühe seiner kleinen Nichte den Ball vorsichtig zuzuspielen. Wahrscheinlich blieb mir wirklich nichts anderes übrig als die Kleine in Tessas Mini-Gruppe zu geben, wenn es Espie mit dem Ball so viel Spaß machte. „Deine kleine Maus hat Jo komplett um den Finger gewickelt. Sie sieht dir aber auch zum Verwechseln ähnlich." Alex - ja so langsam hatte ich mich an den Namen gewöhnt - war wohl meinem Blick gefolgt und beobachtet die drei auch. „Ben hat schon immer seine Schwester kennenlernen wollen. Eigentlich hat er sich auch eine kleine Schwester gewünscht, aber dafür waren dein Papa und ich schon etwas zu alt. Und jetzt hat er nicht nur seine Schwester, sondern ist gleich nochOnkel und kann mit seiner kleinen Nichte anstatt Schwester spielen. Das nenne ich mal perfekt." Ja, momentan sah das alles nach perfekter Familienzusammenführung aus. Trotzdem war ich nach allem, was ich erlebt hatte, lieber nicht zu euphorisch. Manchmal zerbrach vieles sehr schnell wieder und ich wollte mich vor unnötigem Schmerz schützen. „Wie ist das mit euch beiden eigentlich gekommen?" Die Frage brannte mir schon lange auf der Zunge, aber ich hatte sie meinem Vater noch nicht gestellt. Alex Wangen hatten sich leicht gerötet und sie lächelte mich an. „Auch wenn das jetzt vielleicht komisch ist und sich eigentlich nicht gehört...." Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war schon immer, seit ich bei euch angefangen habe zu arbeiten, etwas in deinen Vater verliebt und habe ihn angehimmelt. Er war halt der Mann meiner Träume. Und als es den großen Streit mit deiner Mutter gegeben hat, habe ich versucht ihn zu trösten." „Großen Streit?" Also das konnte ich mir gar nicht vorstellen, denn mein Vater war eher ein Mann der ruhigen Töne und meine Mutter der Typ Planierraupe, der sowieso alles platt walzte, bevor es überhaupt zu Wort kam. „Ja, das war ziemlich heftig. Dein Vater hat sich das erste Mal nicht von ihr den Mund verbieten lassen und ihr klar gemacht, dass er dich zurückholen will." „Okay, da ist sie garantiert ausgerastet." Alex grinste breit. „Das kannst du wohl glauben. Und ich war so stolz auf Jo, dass er sich nicht von ihr hat niederbrüllen lassen, sondern bei seiner Meinung geblieben ist und sie lautstark vertreten hat. Ich glaube, damals habe ich mich gleich noch etwas mehr in ihn verliebt." Ihre Wangen hatten jetzt einen noch intensiveren Rotton. Auch wenn ich es noch nicht wirklich fassen konnte, dass Papa sich meinetwegen mit meiner Mutter gestritten und sich sogar wegen mir getrennt hatte, tat es irgendwie gut das auch noch von einer anderen Person zu hören. „Du glaubst ja nicht, was er alles versucht hat, um dich zu finden." Doch so langsam begann ich es zu glauben und mein Blick wanderte zu meinem Papa, der gerade meine Tochter durch die Luft wirbelte. „Und wie seid ihr nun zusammengekommen?" „Na als dein Vater ausgezogen ist, bin ich mit ihm mitgezogen. Ich konnte ihn doch nicht sich selbst überlassen." Ich musste lachen. „Verstehe, ganz selbstlos." Auch Alex begann zu kichern. „Natürlich, was dachtest du denn. Und dann kam halt eins zum anderen. Du bist deshalb doch nicht böse?" Ich schüttelte sofort den Kopf. So glücklich wie die beiden miteinander aussahen, freute es mich für sie. „Nein, ihr passt perfekt zusammen." Ein bisschen Wehmut schlich sich bei mir ein. Schade, dass ich das nicht live miterlebt hatte. Ich wäre gerne schon früherTeil dieser Familie gewesen. Da wäre mir viel Mist erspart geblieben. „Aber dafür, dass Papa dein Traummann war, hast du ihn ganz schön umgekrempelt." „Ich habe halt gesehen, was für Potential in ihm steckt und ihn etwas modifiziert." Wir mussten beide kichern. Modifiziert, so konnte man es auch nennen. Wobei das Ergebnis mir wirklich gefiel. „Ihr amüsiert euch ja gut, kann ich mitlachen?" Papa war zu und getreten. Okay, Alex und ich mussten noch mehr lachen und mein Vater schüttelte seinen Kopf. „Ihr zwei Lachhühner. Da muss ich mich wohl erst wieder dran gewöhnen." Er setzte sich mir gegenüber und begann seine Hände zu kneten. Warum war er gerade wieder nervös? Ein ungutes Gefühl breitete sich sofort in mir aus, als sein Blick auch noch ernst wurde. „Genia, wir müssen uns noch einmal wegen deiner Mutter unterhalten." Ich schüttelte sofort den Kopf. „Müssen wir nicht." Nein, ich wollte mir diesen schönen Nachmittag hier nicht von dem Drachen kaputt machen lassen. „Doch müssen wir", beharrte mein Vater. „Jo, meinst du nicht, dass das noch etwas Zeit hat?", mischte sich Alex ein. „Genießt doch erst einmal euer Zusammensein." „Ich kann das aber erst wirklich genießen, wenn alles geklärt ist und mir nichts mehr im Rücken drückt." Was sollte es denn da noch zu klären geben? Der Drachen schmorte in der Hölle, wir hatten uns wieder gefunden, alles war tutti. „Als ich den Anruf bekam, dass deine Mutter tot ist...." Okay, Papa ließ sich wohl nicht stoppen. Dann mussten wir da jetzt halt durch. Hauptsache, sie war dann kein Thema mehr zwischen uns und ich konnte sie endlich endgültig aus meinem Gedächtnis streichen. „Wieso hast du den Anruf bekommen?", platzte es dann doch aus mir heraus. Ich dachte, sie waren getrennte Wege gegangen, besonders nachdem sie ihm auch so übel mit seiner Stelle in Düsseldorf mitgespielt hatte. „Ich war scheinbar immer noch als ihr Notfallkontakt hinterlegt." Papa rieb sich das Kinn. „Deine Mutter war eine schwierige Frau." Na, wem sagte er das? „Sie hat selten jemandem wirklich vertraut und nur wenige Personen in ihrem Umfeld gehabt, die überhaupt an ihre persönlichen Unterlagen durften. Nach unserer Scheidung hat sie scheinbar keinen neuen Partner gehabt." Wozu auch, sie hatte ja ihre Firma und ihre Akten. „Jedenfalls habe ich dann alles Notwendige in deinem Namen übernommen." „In meinem Namen? Wieso in meinem Namen?" Was hatte ich denn mit dem Ganzen zu tun? „Es gab kein Testament und deshalb bist du von Gesetzes wegen ihr Alleinerbe als ihr einziges Kind."
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomanceGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...