„Na, mein Spatzl." Luca beugte sich zu mir herunter und küsste mich zärtlich zur Begrüßung. Es war gerade einmal vierzehn Tage her, dass wir uns das erste Mal geküsst hatten. Und schlicht und ergreifend zusammengefasst und auf einen Nenner gebracht, waren es die schönsten zwei Wochen meines Lebens, auch wenn wir unsere Beziehung noch vor der ganzen Welt geheim hielten. Aber vielleicht machte das ja auch gerade den besonderen Reiz aus. Bis jetzt war es uns auch gelungen alles vor Espie geheim zu halten. Abends, wenn sie schlief, nutzen wir die Zeit für unsere Zweisamkeit. Mittlerweile schliefen wir auch jede Nacht gemeinsam in Lucas Bett. Das war einfach viel bequemer als das Schlafsofa. Ich musste in mich hinein grinsen. Okay, wir schliefen dort in dem Bett auch nicht nur. Das mit dem langsam angehen war so eine Sache. Geschwindigkeit war ja irgendwie relativ......und vielleicht waren Luca und ich ja auch kleine Geschwindigkeitsjunkies. Wie auch immer, es war nicht nur der Geschwindigkeitsrausch, der mich so glücklich machte. Nein, irgendwie schüttelte ich manchmal selbst den Kopf über mich, denn ich kam mir wie ein verliebter Teenager vor und das war ein Gefühl, das ich so noch nie hatte.....„Ibiza ist einfach wunderbar mit dir." Andreas hatte unsere Finger miteinander verschränkt und strich sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken, während wir gemütlich über den Hippie Markt schlenderten und und die Ware an den Ständen begutachteten. Wir waren bereits seit fast zwei Wochen hier und hatten fast jeden Tag und jeden Abend zusammen verbracht. Natürlich hatte er auch immer etwas Zeit für seine Tochter reserviert. Aber glücklicherweise nicht so viel, dass ich mich vernachlässigt fühlte. Nein, das Verhältnis passte genau. Ja, ich brauchte ja auch einige Zeit für mich, so wie heute Abend. Schließlich bezahlte sich das Luxushotel, das ich gebucht hatte, nicht von alleine. Trotz des relativ kurzen Vorlaufs nachdem Andreas mich gefragt hatte, ob ich ihn nach Ibiza begleitete, hatte ich ein paar Aufträge klar machen können. Okay, es waren keine Modelaufträge, sondern ich fungierte eher als Hostess. Es gab ja schlimmere Wege sein Geld zu verdienen. Außerdem war ich ja sicher, dass Andreas nicht dahinter kam, weil er sich in der Zeit um seine Tochter kümmerte. Also war alles im grünen Bereich. Heute hatte ich sogar gleich zwei lukrative Aufträge. Erst im Café Mambo und dann in Pacha. Damit war auch die nächste Woche hier finanziell abgesichert. Und wenn ich........naja bei speziellen Zusatzleistungen gab es auch noch einen nicht zu verachtenden Extrabonus....Das war aber eine Sache, die für mich sowieso bald Geschichte war. Nein, das käme nicht mehr in Frage, wenn Andreas und ich erst einmal ganz offiziell ein Paar waren. Dann würde ich alles daran setzen, um ganz schnell eine glückliche kleine Familie mit seiner Tochter zu sein. „Wann lerne ich eigentlich endlich deine kleine Tochter kennen?" Irgendwie wurde es ja langsam Zeit, denn der Urlaub dauerte ja auch nicht ewig und ich hätte hier schon noch gerne etwas Zeit mit ihr in der angenehmen Umgebung verbracht, um sie besser kennenzulernen und vielleicht......ja, ich würde gerne mit ihr Sandburgen am Strand bauen, so wie ich es mir immer mit meiner kleinen Carmen erträumt hatte.....und mit ihr im Wasser plantschen. Ich sah in meinem Kopfkino schon, wie sie kichernd auf der Luftmatratze lag und wir gemeinsam ihren Papa voll spritzten. „Ich dachte, dass ich dich Carmen und den anderen bei der großen Strandparty vorstelle." Strandparty! Carmen und den anderen!Meine Ohren waren hochgeschlagen. Das hieß ja, dass Andreas uns wirklich endlich so richtig offiziell machen wollte, wenn er mich allen seinen Freunden vorstellte. In meinem Kopf begann es zu rattern. Was sollte ich da anziehen? Was war angemessen? Musste ich mir noch etwas kaufen? Schnell ging ich meinen Kofferinhalt durch. Da war dieses wunderbare Designerkleid, das perfekt war für eine Party. Außerdem hatte es eine besondere Bedeutung für mich, denn ich hatte es genau bei dem Shooting getragen, bei dem ich Andreas kennengelernt hatte. Mir schoss ein Gedanke durch meinen Kopf und ich zog Andreas mit mir. „Wo willst du denn so schnell hin?" Er schaute mich ganz verwirrt an. „Na du hast gesagt, dass wir zu einer Party gehen und dass ich dort deine Tochter kennenlerne." Er nickte, schien aber immer noch nicht zu ahnen, was ich vor hatte. Typisch Mann! Ich zog ihn weiter in Richtung eines ganz bestimmten Standes, der mir schon vorhin ins Auge gefallen war. Als wir an meinem Ziel ankamen, dämmerte so langsam in seinem Gesicht die Erkenntnis. „Du willst etwas für dich zum Anziehen shoppen." Ich schüttelte den Kopf. „Doch nicht für mich, sondern für Carmen." Was schaute er denn so nachdenklich, ehe er grinsend nickte? „Schau mal da das weiße Tüllkleid." Ich deutete mit meinem Finger darauf. „Das ist doch perfekt." Genau so ein Kleid hatte ich immer für meine kleine Carmen kaufen wollen. Andreas wiegte seinen Kopf nachdenklich hin und her. „Meinst du wirklich?" „Natürlich!" Da gab es keine andere Antwort. Kein kleines Mädchen würde das Kleid nicht lieben. „Das schenke ich ihr." Ich winkte den Verkäufer heran.....wenn nötig würde ich eben heute Abend einen Zusatzservice anbieten, um das Kleid zu finanzieren, aber die kleine Carmen sollte zu der Party wie eine Prinzessin aussehen.....
Aus heutiger Sicht musste ich mir eingestehen, dass ich in Andreas zwar verliebt war, aber das Gefühl bei weitem nicht an das herankam, was Luca in den letzten zwei Wochen in mir ausgelöst hatte. Nein, das war damals nur der Griff nach einem Rettungsanker, weil ich, wenn ich ehrlich zu mir gewesen wäre, selbst gewusst hätte, dass das so nicht weitergehen konnte. Damals hatte ich nur noch nicht begriffen, dass ich es aus eigener Kraft schaffen konnte und auch alleine schaffen musste, ganz ohne Rettungsanker.
„Ich komme gerade von Lucy und...." Ehe Luca seinen Satz beenden konnte unterbrach uns das Klingeln meines Handys. „Geh erst einmal ran." Ich nickte und nahm das Gespräch an. „Hallo, Genia", ertönte die Stimme von genau der Person, von der Luca gerade erzählen wollte. „Lucy, was gibt es?" „Ja, also, ich wollte dich zu unserer großen Osterfeier einladen. Du kommst doch mit Espie?" Was sollte ich denn da antworten? Ich war schon bei der ein oder anderen Feier dabei gewesen, aber jetzt.....es wusste doch keiner, dass Luca und ich....und ich war mir nicht sicher, dass man mir das nicht gleich an der Nasenspitze ansehen würde.....also ging nur ein Nein, auch wenn es mir leid tat, denn Espie hätte dort garantiert mit den anderen Kindern ihren Spaß. „Also, ich weiß nicht....ich..." Mein Blick ging zu Luca, der scheinbar wusste, um was es ging und mir zunickte. „Ein Nein lasse ich nicht gelten. Kommt gar nicht in Frage, dass du und die Kleine alleine zu Hause sitzen", protestierte auch Lucy schon. „Okay", gab ich mich also geschlagen. „Wie stellst du dir das vor?", wandte ich mich an Luca, nachdem ich das Gespräch beendet hatte. Er zuckte nur grinsend mit den Schultern. „Wir reißen uns einfach zusammen. Das bekommt schon keiner mit, wenn wir es nicht wollen. Und dann treffen wir uns eben immer mal kurz heimlich hinter dem Gartenstrauch zum Knutschen." Ich schüttelte lachend den Kopf. „Du bist unmöglich." Auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass das mit uns beiden passte, wollte ich doch noch etwas warten, ehe wir Espie und die anderen einweihten. Ja, meine Tochter wäre auf alle Fälle die erste, die es erfahren sollte. Auch wenn sie Luca abgöttisch liebte, ging mir doch mächtig der Stift. Ich hatte nämlich noch keinen Plan, wie ich das einer nicht einmal Dreijährigen erklären sollte.
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
Roman d'amourGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...