Kapitel 128

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„Alter Falter, für so einen Knauser hätte ich dich echt nicht gehalten, Erbsenzähler." Tessa schaute auf den zierlichen Verlobungsring an meinem rechten Ringfinger. „Du wolltest wohl nicht unnötig viel Kohle raushauen, falls sie doch genug Geist hat und dich nicht nimmt", kicherte meine Freundin. „Falsch gedacht, Dumpfbirne. Das war eher eine spontane Idee und den Ring bekommt mein Spatzl noch in echt. Den lasse ich sofort anfertigen, wenn wir wieder zu Hause sind." „Seit wann sind Erbsenzähler spontan?" „Seit sie den Traumheiratsantrag ihrer Liebsten kennen und durch Zufall über einen Kaugummiautomaten stolpern", unterbrach Andreas den kleinen spaßigen Clinch zwischen Tessa und Luca. „Ja, von knauserig kannst du da auch nicht reden." Marco schüttelte seinen Kopf. „Die Dinger schlucken einen Euro nach dem anderen und hauen immer die falsche Kugel heraus. Also da drüben auf dem Markt wäre er mit Sicherheit billiger weggekommen." Er deutete auf die paar Stände im Hippieflair, die gegenüber von dem Restaurant standen und über Strandkleidchen, Seidentüchern und Traumfängern auch handgefertigten Silberschmuck feilboten. „Das hatten wir ja schon", lachte Lisa und zwinkerte Andreas zu. „Scheinbar ist das hier langsam ein Traditionsort für Heiratsanträge in unserer Familie." „Na ja, erst einmal sind wir dann ja durch. Aber ich muss echt sagen, dieses Mal hat es mich noch mehr Nerven gekostet als beim letzten Mal", lachte Leon und wischte sich theatralisch imaginären Schweiß von der Stirn. „Ich dachte schon unser Kleingeld reicht nicht für den blöden Automaten und ich muss erst noch zum Wechseln irgendwo hinfahren." „Du hast echt den Kaugummiautomaten für mich geplündert?" Luca nickte grinsend. „Klar, du hast mir ja vorhin einen guten Tipp gegeben. Ich habe mir nämlich schon eine ganze Weile den Kopf zerbrochen, wie ich das angehen kann. Mir hat bis heute nur die zündende Idee gefehlt." Ich schaute ihn erstaunt an. „Dann war das also keine spontane Idee?" Er schüttelte seinen Kopf. „Nein, das war durchaus durchdacht. Mir war schon länger klar, dass ich nie mehr ohne dich sein will." Ging es noch romantischer? Nein für mich nicht. Sofort spürte ich wieder dieses unglaubliche Gefühl, das meinen Körper seit dem Heiratsantrag immer wieder überschwemmte. „Ha, wusste ich doch, Erbsenzähler, dass du nicht so spontan bist." Tessa schaute uns zufrieden an. „Und du hast echt den Automaten geplündert bis du den Ring hast?" Ich schaute auf den Tisch, wo die Kinder eine Kugel nach der anderen öffneten und Spaß an dem Spielzeug hatten. „Das Mistding ist echt als letztes raus gekrochen gekommen." Leonard schüttelte seinen Kopf. „Ein Glück haben uns ein paar Kerle noch Münzen zugesteckt." Ich schaute ihn überrascht an. „Dann haben die da gar nicht Fußball geschaut? Ich dachte die haben gejubelt, weil gerade eine Mannschaft ein Tor geschossen hat." Die Männer fingen an zu lachen. „Nee, die haben gejubelt, weil endlich der Ring rausgekommen ist. Einer hat uns schon angeboten seinen Werkzeugkoffer aus dem Auto zu holen und das Ding zu knacken." So wie Marco schaute, hätte er den Vorschlag wohl präferiert. „Und kann man gratulieren?" Ein Mann in meinem Alter lief mit seiner Familie an unserem Tisch vorbei. Er war wohl einer der Helfer. „Ja, kann man", kam es voller stolz von Luca. „Na dann noch eine schöne Feier." In dem Moment realisierte ich erst, dass das hier gerade meine Verlobungsfeier war. Das verlangte aber nach mehr. „Ihre Getränke zum Anstoßen." Wie auf Befehl erschienen zwei Kellner mit Tabletts mit Sektgläsern darauf. „Wer hat die denn bestellt?" „Ich, das ist doch mein Job als zukünftiger Schwiegervater", zwinkerte Leon mir zu. Die Gläser wurden verteilt und erhoben. Jeder am Tisch rief uns seinen ganz persönlichen Wunsch zu und dann klimperten die Gläser aneinander. „Ich kann dat immer noch nicht glauben, dat ihr beide heiraten wollt." Tessa schüttelte ihren Kopf. „Der Erbsenzähler und die Brunftkachel." „Brunzkachel", korrigierte Lucy sofort. Ja, so hatten sie mich damals wenig schmeichelhaft genannt, bevor wir uns angefreundet hatten. Übel nehmen konnte ich es ihnen nicht. Tessa winkte lässig ab. „Euer bayrisches Blabla kann doch sowieso keiner außer den Schweinen im Stall verstehen. Trotzdem dat mit den beiden hätte ich in tausend Jahren nicht für möglich gehalten." Wenn ich ehrlich war, musste ich ihr da recht geben. Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, dass ich mich heute verloben würde, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt. Und hätte mir jemand dazu noch gesagt, dass ich mich mit Luca verlobte, der viel jünger als ich war, hätte ich ihm wohl nahe gelegt, sich mal in psychischer Hinsicht untersuchen zu lassen. Tja, wie sagte man immer so schön? Unverhofft kommt oft. „Habt ihr denn schon eine Idee, für ein Datum?" Paula sah mich neugierig an und ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie im Geiste schon mit der Planungsunterstützung begann. Wahrscheinlich hatte sie schon ein paar Ideen entwickelt. Mein Blick fiel zu Lucy, die mich auch erwartungsvoll anschaute. „Heiratet ihr auch in Bayern?" Tessa gab nur ein Stöhnen von sich. „Och nö. Ich habe echt keinen Bock wieder diese dämliche Lederhose anzuziehen." Ja, ich konnte mich gut daran erinnern, wie sie protestiert hatte, in einem Dirndl zu Lucys bayrischer Hochzeit zu gehen. Da hatte sie sich lieber eine Krachledernde besorgt.  So wie Luca seine Heimat liebte, würde er bestimmt gerne dort heiraten. Ob er eine große Feier wollte? Bestimmt. Und was wollte ich? Ehrlicherweise hatte ich mir darüber nie Gedanken gemacht, denn das Thema war für mich soweit weg gewesen. Ich hörte kurz in mich hinein. Ich wollte meine Freunde um mich haben, so wie jetzt und.....und meine Familie. Ja, mein Vater, Alex und Ben mussten auch dabei sein. Alles andere war mir egal. Ich schaute zu Luca und unsere Blicke trafen sich. „Wie wäre es mit übernächster Woche?", hörte ich mich sagen. Wozu sollten wir noch lange warten? Ich wurde ja auch nicht mehr jünger. Und ich war mir sicher, dass ich diesen Kerl dort so schnell wie möglich heiraten wollte. „Da bin ich dabei!", kam es prompt von Luca und er zeigte dieses unglaubliche Lächeln, dass ich schon immer an ihm geliebt hatte. „Wäre ja auch blöd, wenn nicht. Ohne Bräutigam funktioniert so eine Hochzeit ja nicht." Konnte Tessa nicht einfach mal ihre Klappe halten? „Dann heiraten wir heute in zwei Wochen hier auf Ibiza!" Luca beugte sich zu mir und küsste mich. Ja, das klang wirklich gut.

Schuss und Treffer - zum Comeback    ✔️    Teil 12Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt