„Ich bin dann mal weg, die Kleine abholen." Luca beugte sich zu mir herunter und gab mir einen liebevollen Abschiedskuss. Wie jedes Mal, wenn er mich küsste, begann mein Herz ein Ticken schneller zu schlagen. „Warte, ich komme mit!" Schnell klappte ich den Laptop zu und sprang auf. Heute war so schönes Wetter da draußen, da hatte ich keine Lust länger hier drinnen zu hocken. Außerdem war meine Arbeit sowieso schon fertig. „Wir können ja auf dem Rückweg noch etwas auf den Spielplatz gehen", schlug ich vor, während ich in meine Schuhe schlüpfte. „Können ist die falsche Form, müssen trifft es besser", grinste Luca mich an. „Ich habe es dem Spatzl heute morgen versprochen als ich sie in der Kita abgegeben habe. Und du kennst das Gedächtnis deiner Tochter, wenn es um so etwas geht." Oh ja, das kannte ich. Da war Espie wie ein Elefant. Im Gegensatz zu der Ansage, sie solle ihr Spielzeug in den Schrank räumen. Da litt sie manchmal an kurzzeitigen Hörstörungen oder an Amnesie. Aber das war bei Kindern ja normal. Es waren eben keine kleinen Erwachsenen. Zum Glück! Ja, wirklich zum Glück, denn Espie hatte sich sehr schnell mit der neuen Situation arrangiert. Ein Lächeln schlich sich in mein Gesicht....„Mama, Aua?" Espie stand mit besorgtem Blick vor Lucas Bett. Nach unserer Diskussion am gestrigen Abend waren wir dann doch wieder in sein Bett umgezogen. Ja, ich hatte eingesehen, dass ich das mit Luca auf keinen Fall aufgeben wollte und konnte. Dummerweise waren wir heute Morgen nur zu unvorsichtig gewesen, so dass uns meine Kleine hier im Bett erwischte. Manno, was sollten wir denn jetzt machen. Mir schlug das Herz bis zum Hals und irgendwie kam ich mir vor wie ein Teenager, der von seinen Eltern mit seinem Freund im Bett erwischt wurde. Sie war doch noch viel zu klein, um zu verstehen, was hier ablief. Mir musste eine altersgerechte und einfache Erklärung einfallen, damit sie verstand, dass Luca und ich jetzt zusammengehörten. Aber wie bitte erklärte man das einem nicht einmal dreijährigem Kind? Ich spürte, wie sie der Kerl neben mir bewegte und aufsetzte. Während ich noch überlegte, wie ich meiner Tochter die Sorgen um mich nehmen konnte, klopfte er locker mit seiner Hand auf die Matratze. Im Gesicht meiner Tochter erschien sofort ein Lächeln und sie kletterte auf das Bett. „Spatzl, die Mama hat kein Aua. Mama und ich haben uns lieb. Deshalb schläft die Mama in meinem Bett." Espie nickte nachdenklich. „Is dis au lieb. Is au Luda Bett slafen." Okay, meine Tochter war scheinbar ziemlich intelligent, wenn sie gleich solche Schlussfolgerungen ziehen konnte. Oder sie war einfach pfiffig und wusste Situationen schon für sich zu nutzen, denn natürlich war mir bewusst, dass sie wie jedes kleine Kind gerne bei den Eltern schlafen würde. Oft genug hatte ich ihr das ja auch erlaubt, bei mir im Bett zu schlafen. Sie nutzte ihre Chance sofort und krabbelte in die Mitte von uns beiden, ehe sie sich einkuschelte. Luca grinste mich über ihren Kopf hinweg an und zwinkerte mir zu. Er ließ sich wieder zurück in die Kissen gleiten und legte seinen Arm über uns beide. Das fühlte sich unglaublich schön an.....so wie eine richtige Familie. Nein, das würde ich mir auf keinen Fall wieder nehmen lassen!
Ja, Familie. Das war so eine Sache, denn Lucas Familie schien nicht so flexibel wie meine Tochter zu sein. Seit Ostern - und das war schon fast drei Wochen her - herrschte dort dicke Luft. Wenn ich ehrlich war, gefiel mir das überhaupt nicht. Aber was sollte man machen...
Ich filmte mit meinem Handy wie Luca Espie mit der Schaukel anschubste. Meine Kleine quietschte vor Begeisterung bei jedem Zentimeter, den sie höher flog. So wie es aussah, konnte es ihr gar nicht hoch genug sein. Im Gegensatz zu mir! In meinem Kopf tauchten sofort die ersten Bilder auf, wie sie aus diesem Schaukelsitz herausflog, weil die Schaukel sich überschlug. Scheiß Amygdala! Scheinbar war sie bei uns Frauen doch mehr ausgeprägt als bei Männern, auch wenn die Wissenschaft das Gegenteil behauptete, denn Luca schien nicht weniger Spaß daran zu haben, meine Tochter immer weiter in den Himmel fliegen zu lassen, als die Kleine selbst. Ich schluckte meine Angst schnell herunter. Nein, Luca war der verantwortungsbewussteste Mensch, den ich kannte. Er würde aufpassen, dass meinem kleinen Sonnenschein nichts passierte. Da war ich mir sicher. „So, jetzt ist Schluss. Du kannst noch ein paarmal rutschen und dann geht es nach Hause." Espie ließ sich nach meiner Ansage ohne Protest aus der Schaukel heben und sauste durch den Sand Richtung Rutsche. Luca schaute ihr kopfschüttelnd hinterher und legte seinen Arm um meine Schulter. „Deine Tochter ist genauso ein Energiebündel wie du." Er beugte sich zu mir und drückte mir einen kurzen sanften Kuss auf meine Lippen. Sofort begann mein Herz wieder einige Frequenzen schneller zu schlagen. Ja, ich genoss es, dass wir unsere Gefühle seit Ostern nicht mehr verstecken mussten. Wir konnten einfach Händchenhaltend durch die Gegend laufen oder wie jetzt auf dem Spielplatz uns kurz küssen. Das fühlte sich einfach gut an. Wir liefen weiter zu der Rutsche auf der noch zwei weitere Kinder rutschten und von ihren Müttern beaufsichtigt wurden. „Das ist ja furchtbar. Der ist doch höchstens halb so alt wie sie", hörte ich die eine wettern. „Und dann diese Knutscherei hier. Die muss es ja echt nötig haben", kam es von der anderen. „Mama, Luda!" Espie stand oben auf der Rutsche und winkte uns fröhlich zu. Ich winkte zurück, während die Worte, die ich aufgeschnappt hatte in meinem Hirn erst richtig ankamen. Die beiden hatten über Luca und mich gelästert. Ja, definitiv, so wie sie mich gerade anschauten. Scheinbar hatte Luca das Gespräch auch mitbekommen. „Spatzl, lass die dummen Weiber doch reden. Die können dir doch nicht einmal das Wasser reichen." Er hatte seine Lautstärke so gewählt, dass es auch für die beiden gut verständlich war und legte wieder seine Lippen auf meine. Als ich wieder aufschaute, sah ich in die empörten Gesichter der beiden Frauen. Wieso kam ich mir bei diesen Blicken gerade wie eine pädophile Triebtäterin vor?
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Schuss und Treffer - zum Comeback ✔️ Teil 12
RomanceGenia hat in ihrem Leben schon viele Höhen, aber noch viel mehr Tiefen gesehen. Und wer in seinem Leben schon auf dem Tiefpunkt war, der will nur noch in eine Richtung - nach oben - aber nicht mehr um jeden Preis, denn da gibt es auch noch ein klein...